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Stille Wasser sind toedlich

Stille Wasser sind toedlich

Titel: Stille Wasser sind toedlich Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Charlie Higson
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der Dry Bobs und Held des Ruderteams. Stets sah man ihn unermüdlich den Fluss hinauf- und hinabrudern. Er war ein kraftvoller, athletischer Schüler und hatte das Zeug zum Alleskönner. Aber er hatte sich dazu entschlossen, nur auf eine Sportart zu setzen. Sein Vater war in seiner Jugend Mannschaftskapitän der Ruderer gewesen und hatte viele Rennen in Cambridge gewonnen, daher wurden von dem jungen Andrew selbstverständlich ebenfalls nur Höchstleistungen erwartet.
    »Viel Glück, Carlton«, sagte James, als der ältere Junge an ihm vorbeiging.
    »Danke«, sagte Carlton freundlich lächelnd. »Das werde ich brauchen. Ich wollte eigentlich gar nicht mitmachen. Habe mich erst in allerletzter Minute angemeldet. Dachte, es könnte ein Spaß werden. Ach übrigens, ich habe dich am Schießstand beobachtet. Nicht schlecht für einen Grünschnabel.«
    Carlton ergriff sein Gewehr und nahm seine Position ein.
    Nach den ersten Schüssen war klar, dass er ein exzellenter Schütze war.
    Schweigen senkte sich über Schüler und Lehrer. Irgendjemand schien George Hellebore informiert zu haben, denn er kam herbei, drängte sich durch die Zuschauer bis ganz nach vorn und stand dann mit ausdruckslosem Gesicht da.
    Gerade gab Carlton seinen letzten Schuss ab. Captain Johns eilte zur Zielscheibe hin. Er betrachtete sie eine Zeit lang und rief dann einige Lehrer herbei, um sie zu Rate zu ziehen. Schließlich nickten alle einvernehmlich und Captain Johns trat vor, um die Platzierungen vorzulesen.
    James hatte es nicht bis unter die ersten Fünf geschafft, belegte jedoch immerhin einen respektablen siebten Platz. Da er in den vergangenen drei Jahren kein Gewehr mehr in der Hand gehalten hatte, konnte er mit dem Resultat wahrhaftig zufrieden sein. Doch die größte Überraschung war, dass Hellebore und Carlton punktgleich bewertet worden waren und beide den ersten Platz belegten.
    Als die Ergebnisse verkündet wurden, sah James hinüber zu Lord Hellebore, doch dessen Gesicht blieb ausdruckslos.
    Seinem Sohn gelang das allerdings nicht so gut. »Beim Schwimmen krieg ich dich!«, rief er Carlton zu. Er versuchte, es wie einen Spaß klingen zu lassen, aber James kannte ihn inzwischen gut genug, um zu wissen, dass George in seiner Verzweiflung alles daran setzen würde, Carlton zu schlagen.
    James sah, wie Lord Hellebore seinen Sohn zu sich winkte und von den anderen wegführte. Neugierig geworden, folgte er ihnen, achtete jedoch darauf, genug Abstand zu halten. Die ganze Zeit über redete Hellebore aufgeregt auf George ein, der immer nur mit dem Kopf nickte. Zuletzt packte Hellebore George am Kinn und beugte sich ganz nah zu ihm herab. Sein Gesichtsausdruck war so unerbittlich, dass George ganz verängstigt wirkte.
    James erinnerte sich daran, wie er Randolph Hellebores Atem in seinem Gesicht gespürt hatte, und fühlte beinahe Mitleid mit George. Dann geschah etwas sehr Seltsames. Hellebore zog ein kleines Glasfläschchen aus der Jackentasche, schaute sich rasch vorsichtig um, ob jemand ihn beobachtete, und ließ einige Pillen in seine Handfläche fallen. George protestierte und wollte weggehen, aber Randolph Hellebore schüttelte ihn kurz und drückte ihm dann die Pillen in die Hand. Gehorsam schluckte sie George und kehrte dann zu seinen Freunden zurück.
    James hatte keine Zeit, über das, was er gerade gesehen hatte, nachzudenken, denn nun wurden alle gebeten den Schießstand zu verlassen und sich für den zweiten Wettkampf des Tages – das Schwimmen – durch die Stadt hinunter zum Fluss zu begeben.
    Unterwegs fand James sich Seite an Seite mit Carlton wieder.
    »Das war ziemlich gut«, sagte er und Carlton grinste.
    »Ich war im Sommer in einem Camp, das von der Armee geführt wurde«, sagte er. »Wir machten dort auch Schießübungen. Aber ich bin selbst überrascht, wie gut ich heute abgeschnitten habe.«
    »Ich glaube, du hast Hellebore einen gehörigen Schrecken eingejagt.«
    »Ach, ich weiß nicht, er ist ein ausgezeichneter Schwimmer.«
    Später, als sie sich in der Umkleidehütte umzogen und Carlton bereits ohne Hemd dastand, sah James, wie muskulös er war. Alle Ruderer waren auch gute Schwimmer – man durfte ohnehin nur mitmachen, wenn man eine Schwimmprüfung bestanden hatte –, aber wie gut Carlton tatsächlich war, wusste niemand so genau.
    An einer ruhigen Stelle des Flusses hatte man Flöße festgemacht, die als Startblöcke dienten. Die Teilnehmer mussten zuerst flussabwärts schwimmen, eine Markierung umrunden und

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