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Stille Wasser sind toedlich

Stille Wasser sind toedlich

Titel: Stille Wasser sind toedlich Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Charlie Higson
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noch genau, wie sie am Wembley Park aus dem Zug gestiegen waren und er sich an die Hand seines Onkels geklammert und sich einen Weg durch die vielen Menschen gebahnt hatte. Er erinnerte sich an die riesige Holzkonstruktion der Achterbahn und daran, wie sicher und geborgen er sich bei Max gefühlt hatte.
    Der Mann, der nun vor ihm stand, gebückt und schwach, schien eine völlig andere Person zu sein.
    »James«, keuchte er und packte seinen Neffen an den Armen. »Wie wunderbar, dich wieder zu sehen, mein Junge. Willkommen in meinem kleinen Reich …«
    Er war sehr kurzatmig und seine Worte gingen in einen blechern klingenden Husten über, der tief aus seiner Brust kam.
    James wartete, bis der Anfall abgeklungen war. Max wischte sich mit einem Taschentuch über den Mund. »Tut mir Leid«, sagte er. »Ich fürchte, du wirst dich an dieses Bellen gewöhnen müssen. Komm, lass mich deinen Koffer tragen.«
    »Unsinn«, fuhr Tante Charmian dazwischen. »Du wirst nichts dergleichen tun.«
    »Du brauchst mich nicht gleich wie ein Baby zu behandeln, Schwesterherz«, sagte Max mit einem Anflug von Humor.
    »Das tue ich nur dann, wenn du dich wie ein Baby benimmst«, entgegnete Charmian. Sie öffnete den Kofferraum und wuchtete den Koffer heraus. »Ich nehme das Gepäck. Geh du nur und zeig James die Umgebung.«
    Das Cottage war viel größer, als es zunächst den Anschein hatte. Ursprünglich waren es sogar zwei kleine Häuser und ein Kuhstall gewesen, aber Max hatte ein paar Wände eingerissen und daraus ein einziges Gebäude gemacht. James’ Zimmer war der einstige Heuboden unter den Dachsparren des alten Kuhstalls.
    »Gib Acht, wo du gehst, sonst schlägst du dir andauernd den Kopf an«, sagte Max und klopfte gegen einen der dicken, schrägen Holzbalken.
    »Daran bin ich gewöhnt«, erwiderte James. »Mein Zimmer in Eton ist nur halb so groß.«
    Er sah sich um. Die Tapete an den Wänden zierten Rosen, die so aussahen wie die draußen vor dem Haus. Es gab ein hübsch zurechtgemachtes kleines Bett mit Eisengestell und auf den blanken Holzdielen lag ein bunter Webteppich. Neben der leuchtend blauen Tür befanden sich eine Schubladenkommode, auf der eine Vase mit frischen Wildblumen stand, und eine Öllampe.
    »Hier liegen leider noch viele meiner alten Sachen rum«, sagte Max und zeigte James einen Stoß zerfledderter Bücher. Unter ihnen entdeckte James einige ihm wohl vertraute Titel – Die Schatzinsel, Die Abenteuer des Sherlock Holmes, Das Dschungelbuch, König Salomons Schatzkammer. Auf einem zweiten Regal standen bemalte Gipsfiguren: zwei Hunde, eine Katze, ein Affe und ein Drache.
    »Die habe ich beim Schießen gewonnen«, erklärte Max. »Auf dem Jahrmarkt. Damals war ich etwa in deinem Alter. Und das hier …«, er zeigte James ein kleines Gemälde, auf dem ein Hirsch abgebildet war, »das hab ich gemacht.«
    »Du hast das gemalt?«, fragte James ungläubig lächelnd.
    »Ich hielt mich für einen Künstler. Habe vor dem Krieg sogar in Deutschland studiert … ist aber nichts dabei rausgekommen.«
    James trat ans Fenster und schaute hinaus. Sein Blick glitt über den breiten, seichten Fluss und die Bäume.
    »Wie wär’s mit einer kleinen Angelrunde?«, schlug Max vor und gesellte sich zu ihm. »Mal sehn, vielleicht fangen wir ein paar Meerforellen fürs Mittagessen.«
    »Meerforellen?«
    »Silberlachse. Frisch aus dem Atlantik. Zurzeit wimmelt es nur so von ihnen. Vor einigen Tagen hat es kräftig geregnet, daher führt der Fluss sehr hohes Wasser, aber das wird sich bald wieder geben.«
    »Ich verstehe nicht sehr viel vom Angeln«, sagte James entschuldigend. »Du könntest genauso gut Chinesisch mit mir sprechen.«
    »Keine Sorge, mein Junge, wir werden schon noch einen richtigen Angler aus dir machen. Ist der Fluss nicht herrlich?«
    »Ja, das ist er.«
    »Weißt du, James, man kann einen Fluss betrachten, man kann an ihm entlangspazieren, man kann ihn malen, Steine hineinwerfen, aber wenn man wirklich ein Teil von ihm werden will, muss man darin angeln. Wenn du im Wasser stehst und mit einer Fliege fischst, bist du Teil der Natur. Du bist ein Reiher, du bist ein Eisvogel, und du lernst den Fluss kennen wie einen Freund. Manchmal verlierst du dich darin. Du stehst da und vergisst völlig, was du gerade tust, und dann – zack! – hast du einen Fisch an der Angel. Die Leine wird immer schwerer, sie bewegt sich unter deinen Händen, schüttelt sich wie ein Hund, und dann heißt es Mann gegen Fisch …«
    In den

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