Stiller Tod: Thriller (German Edition)
Stich einer messerscharfen Klinge zu spüren.
KAPITEL 24
Das ist Dawns schlimmster Alptraum. Okay, nicht der schlimmste – in dem tut irgendein Dreckschwein Brittany das an, was Dawn vor langer Zeit angetan wurde –, aber trotzdem, es ist übel. Echt übel.
Dawn, die sowieso schon spät dran ist, hat Brittany über den nach Kohl stinkenden Flur zur Wohnung der alten Portugiesin gebracht. Hat so laut und lange angeklopft, dass ein anderer Nachbar – ein fetter Loser, der bloß seine Unterhose anhatte – stöhnend an seiner Tür erschien. Dawn zeigte ihm mit der linken Hand den Stinkefinger und hämmerte mit rechts ungerührt weiter.
Er nuschelte irgendwas wie »Buschmann-Schlampe« und kehrte dann zurück zu seinen Pornos und Kleenex. Endlich, nachdem zahlreiche Schlösser und Riegel geräuschvoll geöffnet worden waren, ging die Tür auf und brachte Mrs. de Pontes zum Vorschein, klein wie ein Kind und wie immer in schwarzer Witwenkleidung.
»Ich krank«, sagte die Alte.
»Was soll das heißen?«
»Ich krank.« Zum Beweis ließ sie einen Hustenanfall vom Stapel, der sich anhörte, als würde sich eine Motorsäge in Metall fressen, wobei Brittany furchtsam zu ihr hochstarrte.
»Meine Güte, Mrs. de Pontes, Sie können mich doch jetzt nicht hängen lassen. Ich muss zur Arbeit.«
Der Anfall endete damit, dass die Alte in ein Taschentuch röchelte und Dawn die Tür vor der Nase zuknallte. Schlösser wurden verschlossen und Riegel vorgeschoben.
Dawn geht mit ihrem Kind runter auf die Voortrekker Road – das vertraute Aroma aus Abgasen und Junkfood und Staub und Armut –und wartet eine Lücke im Abendverkehr ab. Als sie beide sicher die andere Seite erreichen, haucht ihnen die Neonreklame vom Lips Küsse zu.
Die schielende Türsteherin mit dem Schnurrbart beäugt Brittany, als wäre sie Abfall. »Ja? Und was ist das?«
Dawn verkneift sich eine Verwünschung und nimmt Brittany mit rein. Zum Glück ist die Bühne leer, nichts, wofür Dawn dem Kind die Augen zuhalten müsste. Sie winkt Cliffie, der kurz nickt, während er Flaschen auf die Theke stellt. Dawn geht nach hinten, führt Britt eine kurze Treppe hinauf, die mit kaugummiverklebtem Teppichboden ausgelegt ist. Eine fleischfarben gestrichene Stahltür versperrt das obere Ende der Treppe. Dawn klopft an. Leise und höflich.
»Ja?« Die gedämpfte Stimme von Costa, der dahinter mit seinem Geld eingeschlossen ist.
»Ich bin’s, Dawn.«
Nur ein einziges Schloss wird geöffnet – ein massives Teil, wie Dawn weiß –, und dann steht Costa in der Tür, eine Zigarette zwischen die Lippen geklemmt, blinzelt sie durch den Rauch an.
»Ja, Dawn?« Sein Blick gleitet langsam nach unten, und er bemerkt Brittany, die Dawns Hand hält, sich halb hinter ihrem Hintern versteckt, als sie den weißen Mann sieht.
»Costa, ich hab ein Babysitterproblem.« Der Grieche seufzt. »Bitte, kann ich meine Kleine hier bei dir lassen? Ich kümmere mich dann zwischen meinen Sets um sie.«
»Herrgott, Dawn. Soll das ein Witz sein?«
»Costa, Mann, bitte?«
Er schüttelt den Kopf, schließt die Tür bereits wieder, Zigarettenrauch malt Muster in die Luft.
»Ich habe drüber nachgedacht, was du willst«, sagt sie verzweifelt. »Die Zimmer. Mit den Männern.«
Die Tür verharrt, und er sieht sie an. »Ja? Und?«
»Okay. Lass mir noch ein paar Tage Zeit, dann mach ich’s.«
»Kein Scheiß?«
»Nein«, sagt sie, schüttelt den Kopf, um die Lüge in ihrer Stimme zu verbergen.
Er nickt, zuckt die Achseln, hält die Tür auf. »Sie kann bei mir sitzen. Aber nur heute Nacht, klar?«
»Ja. Danke, Mann. Danke.«
Er geht wieder rein und setzt sich an seinen Schreibtisch, lässt seine Finger wie ein Klavierspieler über eine alte Rechenmaschine fliegen. Dawn setzt Brittany auf dem Boden ab, öffnet die Tasche, die das Kind immer mit zu Mrs. de Pontes nimmt. Ein Malbuch. Comics.
»Okay, jetzt hör gut zu. Du bleibst schön hier sitzen und malst und liest, klar?« Brittany nickt. »Du darfst Onkel Costa nicht stören, okay?« Noch ein Nicken.
Ein lautes Ausatmen von dem Griechen am Schreibtisch übertönt das Surren der Rechenmaschine.
Dawn wirft einen letzten Blick auf Britt, die auf dem Boden sitzt und den fremden Mann anstarrt, ehe sie geht. Nicht weinen, beschwört sie sich lautlos, schließt rasch die Tür und sieht zu, dass sie in die Umkleide kommt, in der die Hässlichen Stiefschwestern trinken und rauchen und ihr an den Nerven kratzen wie Stacheldraht.
Sie ignoriert
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