Stiller Tod: Thriller (German Edition)
schon mal so, wenn sie ihre Medikamente nicht nimmt. Die Sache mit Sunny hat sie aus der Bahn geworfen, aber Vlad ist ein guter Bekannter. Und das Ganze ist nur verdammt peinlich.«
Das ist die Gelegenheit, auf die Vernon gewartet hat. Er legt den Köder aus. »Nick, er und Ihre Frau sind mehr als bloß gute Bekannte, wenn Sie verstehen, was ich meine.«
Der Weiße sieht zu ihm hoch, arglos wie ein Häschen. »Ehrlich gesagt, nein, Vernon.«
»Hören Sie, ich weiß, das ist wirklich ein beschissener Zeitpunkt, aber ich glaube, es gibt da etwas, das Sie wissen sollten.« Vernon legt eine Pause ein wie ein Fernsehstar, schlachtet den Moment aus, macht seine Stimme ganz tief und ernst. »In den letzten paar Monaten haben die beiden viel Zeit miteinander verbracht, Ihre Frau und er. Oben in seinem Haus. Wenn seine Frau weg war.«
»Haben Sie sie gesehen?«
Vernon zuckt die Achseln. »Auf meinen Patrouillefahrten ist mir zwangsläufig der Wagen von Mrs. E in der Einfahrt aufgefallen.«
»Tatsächlich?«
»Ja, und er nimmt sie mit nach Sandy Bay.«
Exley schüttelt den Kopf. »Caroline an einem Nacktbadestrand? Niemals.«
»Ich hab sie gesehen, Nick.«
»Sie müssen sich irren.«
»Soll ich ins Detail gehen, Nick, genau beschreiben, was ich gesehen habe?«
Der Weiße starrt ihn einen Moment lang an, ehe er spricht. »Mein Gott. Sind Sie sicher?«
Vernon nickt. »Ja, Nick, bin ich. Tut mir leid, dass Sie es ausgerechnet von mir erfahren müssen.« Er streckt die Hand aus und legt sie auf Exleys knochige Schulter, spürt die Anspannung des Mannes. »Verdammt, mein Freund, ich weiß, Sie können im Augenblick wirklich nicht noch mehr Scheiße gebrauchen.«
»Danke, Vernon«, sagt Exley im Flüsterton. Er schiebt den Automatikhebelauf D, und Vernon tritt zurück und sieht zu, wie Exley den Toröffner aktiviert, das Tor aufrattert, das Cabrio hereinlässt und es dann verschluckt.
Familienglück, meine Fresse.
Vernon zündet sich eine Zigarette an und lächelt genüsslich, während er sich das Drama ausmalt, das sich im Inneren dieses Kastens aus Glas und Holz abspielen wird. Er schiebt sich in den Pick-up, raucht, beobachtet das Haus und lauscht gespannt, doch dann zischt und krächzt sein Funkgerät.
Er greift nach dem Mikro. »Wagen zwei.«
Die Tussi in der Zentrale. Die Stimme total unfreundlich. Wahrscheinlich eine Lesbe. »Alarm ausgelöst in Sunset vierundvierzig.«
»Verstanden. Bin unterwegs.« Scheiße, wahrscheinlich falscher Alarm, aber was soll er machen?
Vernon startet den Pick-up, schaltet die volle Weihnachtsbeleuchtung ein, wendet und braust davon.
»Hast du Vlad Stankovic hier drin einen geblasen? Während du eigentlich auf Sunny hättest aufpassen müssen?« Sie sind in der Küche, in der Exley seine Frau angetroffen hat, als er aus der Garage kam.
Caroline steht mit dem Rücken zu ihm an der Arbeitsplatte, hat die Arme so fest um den Oberkörper geschlungen, dass die Fingerkuppen weiß sind. Exley sieht ihr Spiegelbild im Fenster, sie hat die Augen geschlossen und lächelt. Sie summt unmelodisch, kaum lauter als das Surren der Leuchtstoffröhren. Trotz der Hitze trägt sie den formlosen Pullover, dessen Ärmel bis zu den Fingerspitzen gehen. Der Saum hängt ihr um die nackten Oberschenkel.
»Verdammt, Caroline, sag was!«
Sie reagiert nicht, hält sich umschlungen, summt.
Exleys Wut wird noch geschürt durch die Scotchs, die er im Flugzeug getrunken hat, und er fasst seine Frau an den Schultern, versucht, sie zu sich zu drehen. Sie schüttelt seine Hände ab, ihr Körper stocksteif.
Als er sie wieder packt, reißt sie den Kopf herum und blickt ihn über die Schulter an. Und was er da in ihren Augen sieht, lässt ihn zurückweichen.
Caroline summt weiter, streckt die Hand aus, zieht wie ein umnachteter König Artus das größte, tödlichste Messer aus dem Block auf der Arbeitsplatte und dreht sich um, den Arm gehoben, die blitzende Klinge auf Exleys Brust gerichtet.
»Leg das Messer weg!«, sagt Exley und ergreift ihren Arm. Sie reißt sich los, sticht mit dem Messer nach ihm, erwischt ihn am linken Handrücken. Der Schnitt ist nicht tief, dennoch quillt Blut hervor.
»Bist du übergeschnappt?«, fragt er, als sie erneut auf ihn losgeht. Er wehrt sie ab, aber jetzt bluten auch seine Finger, und er weiß, dass sie nicht mehr ansprechbar ist, dass er ihr das Messer entwinden muss.
Er spürt, wie ihm die scharfe Schneide in die linke Handfläche dringt, als er die Klinge packt,
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