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Stilles Echo

Stilles Echo

Titel: Stilles Echo Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Anne Perry
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»Glauben Sie, das Gericht wird ihn für schuldig befinden?«
    »Ist das der Grund, warum Sie einverstanden waren, mich zu empfangen?« fragte Monk belustigt. »Weil Sie glauben, ich weiß vielleicht, wie die Sache ausgehen wird?«
    Eine schwache Rötung überzog Dukes Wangen. »Wissen Sie es?« fragte er schroff.
    Monk war überrascht. War es möglich, daß Duke unter dieser Fassade der Großtuerei tatsächlich so etwas wie Anteilnahme empfand? Daß er sich, zumindest teilweise, seiner Verantwortung bewußt war, daß er Gewissensbisse hatte?
    »Nein, ich weiß es nicht«, erklärte Monk ein wenig freundlicher. »Ich dachte, ich wäre mit der Antwort ohne jeden Zweifel sicher, aber ich habe seither einige Informationen zusammengetragen, die neue Fragen auf werfen.«
    »Warum sind Sie hierhergekommen?« fragte Duke stirnrunzelnd. »Was wollen Sie von uns?«
    »Als Sie am Abend vor Weihnachten die Gesellschaft verließen, wohin sind Sie gegangen?«
    »Ins Bett! Warum? Was spielt das für eine Rolle?«
    »Sie sind nicht vielleicht mit Leighton Duff nach St. Giles gegangen?«
    Dukes absolutes Erstaunen war zu ehrlich, um ihm nicht zu glauben.
    »Was?«
    Monk wiederholte, was er gesagt hatte.
    »Mit Leighton Duff? Haben Sie den Verstand verloren? Ich habe tatsächlich Huren in St. Giles besucht, mit Rhys zusammen, was das betrifft, und mit meinem Bruder Arthur.
    Aber Leighton Duff! Dieser selbstherrliche, staubtrockene alte Langweiler!« Duke fing an zu lachen, und es war ein rauhes, mißbilligendes Lachen, aber soweit Monk es beurteilen konnte, absolut aufrichtig.
    »Ich entnehme Ihrer Reaktion, daß Sie es für unwahrscheinlich halten, daß Mr. Duff eine Prostituierte in St. Giles aufgesucht haben könnte?«
    »Ungefähr so unwahrscheinlich wie die Möglichkeit, daß Ihre Majestät auf der Bühne eines Varietes erscheint«, erwiderte Duke verbittert. »Wie sind Sie bloß auf diesen Gedanken verfallen? Sie müssen bei dem Fall vollkommen ins Schwimmen geraten sein. Sie haben nicht die leiseste Ahnung, wie?«
    Monk nahm das Bild von Leighton Duff aus der Tasche.
    »Ist das ein gutes Porträt von ihm?«
    Duke betrachtete es einen Augenblick lang. »Ja, doch. Es ist ausgesprochen gut. Seine herablassende, selbstgerechte Art ist wunderbar getroffen.«
    »Sie mochten ihn nicht«, bemerkte Monk.
    »Das dürfte wohl unverkennbar sein.« Duke zog die Augenbrauen hoch. »Verdienen Sie sich wirklich Ihren Lebensunterhalt mit dieser Arbeit, Mr. Monk?«
    »Es würde Sie überraschen, wie viele Leute sich verraten, wenn Sie sich in Sicherheit wähnen, Mr. Kynaston«, sagte Monk mit einem Lächeln. »Aber ich danke Ihnen trotzdem für Ihre Sorge um mein Wohlergehen. Sie ist überflüssig. Ich bin hergekommen, um Sie und Ihren Bruder zu warnen, daß die Leute in St. Giles und ebenfalls in Seven Dials Bescheid wissen, wer für die jüngsten Vergewaltigungen in ihren Bezirken verantwortlich war. Und wenn einer von Ihnen beiden dorthin zurückkehren sollte, ist es höchstwahrscheinlich, daß es ein überaus unangenehmes Ende mit Ihnen nehmen wird. Sie sind dort gewesen. Sie wissen oder können es sich denken, wie leicht eine solche Tat begangen werden könnte, ohne daß Ihre Leichen jemals wieder auftauchen würden. Zumindest nicht in erkennbarem Zustand.«
    Duke starrte Monk mit einer Mischung aus Entsetzen und Verständnislosigkeit an, aber es lag nun auch unverkennbare Angst in seinen Zügen.
    »Warum schert es Sie, ob ich in St. Giles ermordet werde?« fragte er aufsässig, dann fuhr er sich mit der Zunge über seine trockenen Lippen.
    »Es schert mich nicht im mindesten«, erwiderte Monk mit einem Lächeln, aber noch während er das sagte, wurde ihm klar, daß es nicht die ganze Wahrheit war. Obwohl er keinen Grund dafür hätte nennen können, hatte seine Abneigung gegen Marmaduke Kynaston im Laufe ihrer Unterhaltung ein wenig an Schärfe verloren. »Ich möchte nicht, daß die Menschen in St. Giles sich wegen Mordes verantworten müssen.«
    Duke holte tief Atem. »Ich hätte es wissen müssen. Stammen Sie aus St. Giles?«
    Monk lachte herzlich. Es war seit Tagen das erste Mal, daß ihm danach zumute war.
    »Nein. Ich stamme aus Northumberland.«
    »Ich sollte Ihnen wohl für Ihre Warnung danken«, sagte Duke beiläufig, aber in seinen Augen stand immer noch das Erschrecken, und in seiner Stimme schwang widerstrebende Aufrichtigkeit mit.
    Monk zuckte die Achseln und lächelte.
    Als er das Haus verließ, war seine Verwirrung noch

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