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Stilles Echo

Stilles Echo

Titel: Stilles Echo Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Anne Perry
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greifbaren Tatsache der Vergangenheit forschen? Würde es die Wahrheit sein? Würde es ihm helfen? Würde es ihm etwas offenbaren, das er lieber nicht gewußt hätte, etwas Häßliches, Unvollständiges, ohne jede Erklärung?
    Wahrscheinlich. Aber vielleicht waren seine bloßen Phantasien noch schlimmer.
    »Was meinen Sie damit, ich scherte mich nicht einmal um meinesgleichen?« Kaum hatte er die Worte ausgesprochen, hätte er sie am liebsten ungesagt gemacht.
    Der Mann stieß ein verächtliches Knurren aus.
    »Ich habe Sie Ihresgleichen verschaukeln sehen«, antwortete der Händler. »Sie haben ihn einfach auf dem trockenen sitzenlassen, daß er wie ein kompletter Narr dastand. Jawohl.«
    Monk wurde kalt, und sein Magen krampfte sich zusammen. Es war das, was er gefürchtet hatte.
    »Woher wissen Sie das?« wandte er ein.
    »Ich habe sein Gesicht gesehen, und ich habe Ihres gesehen.« Der Händler verkaufte eine weitere Pastete und tastete nach einem Dreipennystück, um seinem Kunden herauszugeben. »Er hat nicht damit gerechnet. Sie haben ihn kalt erwischt, den armen Hund.«
    »Wie? Was habe ich getan?«
    »Was ist los mit Ihnen?« Der Mann sah ihn ungläubig an.
    »Sie wollen gleich zweimal Ihren Spaß an der Sache haben, wie? Ich weiß es nicht. Ich weiß nur, daß Sie zwei zusammen gekommen sind, und irgendwie haben Sie ihn aufs Kreuz gelegt. Er hat Ihnen vertraut, und am Ende saß er im Dreck. Ich schätze, es war seine eigene Schuld. Er hätt’s besser wissen müssen. Stand Ihnen ja ins Gesicht geschrieben. Ich hätte Ihnen nicht mal so weit getraut, wie ich spucken kann!«
    Das war häßlich und unverbrämt, und es entsprach wahrscheinlich der Wahrheit. Monk hätte sich gern eingeredet, daß der Mann log, hätte gern irgendeinen Ausweg für sich gesucht, aber er wußte, daß es keine Hoffnung gab. Die Kälte breitete sich bis in seinen Magen aus und von dort bis in die Brust.
    »Was ist nun mit diesen Männern, die Sie gesehen haben?« fragte er. Seine Stimme klang hohl. »Wollen Sie nicht, daß jemand sie aufhält?«
    Das Gesicht des Mannes verdüsterte sich. »Natürlich will ich das. Und wir werden’s auch tun. Ohne Ihre Hilfe!«
    »Bisher sind Sie aber nicht weit damit gekommen«, bemerkte Monk. »Ich bin nicht mehr bei der Polizei. Ich arbeite in diesem Fall für Vida Hopgood. Alles, was ich herausfinde, sage ich ihr.«
    Das Staunen des Mannes war offenkundig.
    »Warum? Die Polizei hat Sie rausgeworfen, wie? Gut! Ich schätze, dieser Bursche hatte am Ende doch die besseren Karten!« Er lächelte, und gelbe Zähne wurden sichtbar. »Es gibt also doch noch so was wie Gerechtigkeit.«
    »Sie wissen nicht, was zwischen uns vorgefallen ist!« verteidigte Monk sich. »Sie wissen nicht, was er mir vor diesem Zwischenfall angetan hat!« Es klang kindisch, selbst in seinen eigenen Ohren, aber es ließ sich nicht mehr zurücknehmen. Nur sehr wenig ließ sich jemals zurücknehmen.
    Der Mann lächelte. »Was er Ihnen angetan hat? Ich halte Sie für’n erstklassiges Schwein, aber ich würde darauf wetten, daß Sie jeden besiegen!«
    Ein Schaudern überlief Monk, das sowohl der Angst als auch dem Stolz entsprang, einem perversen, schmerzlichen Stolz, der ein wenig von den Trümmern anderer Dinge ablenkte.
    »Dann helfen Sie mir, diese Männer zu finden. Sie wissen, was sie getan haben. Sorgen Sie dafür, daß Vida Hopgood erfährt, wer diese Leute sind, um sie aufzuhalten.«
    »In Ordnung.« Die Miene des Händlers entspannte sich ein wenig, und die Wut schmolz. »Ich schätze, wenn jemand diese Männer finden kann, dann Sie. Ich weiß nicht viel, sonst hätte ich die Sache selbst in die Hand genommen.«
    »Haben Sie sie gesehen, oder haben Sie eine Ahnung, wer sie sein könnten?«
    »Woher soll ich das wissen? Ich habe eine Menge Herren gesehen, die nicht hierhergehören, aber für gewöhnlich weiß man doch, was die hier wollen. Sie gehen in die Bordelle oder die Spielhöllen, oder sie verhökern irgendwas, das sie in ihrem eigenen Bezirk nicht zu verhökern wagen.«
    »Beschreiben Sie sie!« verlangte Monk. »Die anderen interessieren mich nicht. Erzählen Sie mir alles, was Sie über diese Männer wissen. Wo und wann Sie sie gesehen haben, wieviel es waren, wie sie angezogen waren, und alles andere, was Ihnen einfällt.«
    Der Mann dachte einige Augenblicke lang genau nach, bevor er antwortete. Seine Beschreibung bestätigte, was Monk bereits über den Körperbau der Schuldigen gehört hatte, und wieder sagte

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