Stimmen aus dem Nichts
offenbar nicht bemerkt. Trotzdem musste er sich zusammenreißen. Für einen Moment stockte ihm der Atem und er hoffte inbrünstig, dass die geschulte Psychologin ihm nichts anmerkte. Sie kam näher. »Entschuldige bitte, aber wir müssen jetzt leider abbrechen. Wenn du Interesse an einer Hypnose hast, dann lass dir an der Anmeldung einen Termin geben. Am besten für übermorgen Nachmittag. Ich muss jetzt leider zu einem anderen Patienten.«
Bob legte schnell die Hand auf seine linke Jackentasche und betete, dass Dr. Franklin die starke Ausbuchtung, die das Kästchen hinterließ, nicht bemerkte. »Ich. . . äh. . . ich bin einverstanden.«
Er wollte diesen Raum so schnell wie möglich verlassen und ging mit hastigen Schritten auf die Tür zu. Doch da legte sich Dr. Franklins Hand auf seine Schulter und hielt ihn zurück. »Ach, Bob?«
Am Tonfall ihrer Stimme konnte Bob nicht erkennen, ob sie ihn durchschaut hatte oder nicht. Ängstlich hielt er inne. »Ja?«
»Angenommen, Brenda würde dich schätzen lernen und mit dir zusammen sein wollen. . . was wird dann mit Elizabeth?«
Bob rührte sich nicht und versuchte dem fragenden Blick der Therapeutin auszuweichen. »Ich. . . äh. . . wieso. . .?«
Dr. Franklin wandte ihren intensiven Blick nicht von ihm ab. »Meintest du nicht vorhin, ihr würdet eine glückliche Beziehung führen? Voller Vertrauen und ohne Kompromisse?«
Bob wusste, worauf die Psychologin hinauswollte und fühlte etwas, das einem schlechten Gewissen sehr nahe kam.
Sie nahm ihre Hand von seiner Schulter. »Darüber würde ich mir an deiner Stelle mal Gedanken machen. – Also«, Dr. Franklin machte auf dem Absatz kehrt, »wir sehen uns. In zwei Tagen.«
Bob stand da und sah der Therapeutin nach, bis sie hinter einer Tür mit der Aufschrift ›7 B‹ verschwunden war. Anschließend ließ er sich von Mrs Petersen einen Termin zur Hypnose geben und eilte dann auf schnellstem Wege aus der Praxis.
»Wir stehen vor neuen Rätseln.« Bob entnahm dem Rechner die letzte Diskette und steckte sie wieder in das entliehene Plastikkästchen zurück. Ihrer Abmachung zufolge hatten sie zwar die gesamte Kartei durchgesehen, jedoch waren die Daten aller Patienten, außer denen Mrs Holligans, absolute Tabuzone. Sie hatten zwar kein gutes Gefühl, als Bob auf der Computertastatur herumhämmerte und Hunderte von Namen mit den dazugehörigen Krankheitsgeschichten vor ihren Augen vorbeirasten, doch beruhigten sie sich mit dem Gedanken, dass sie sich nicht detailliert einlasen. Sie waren auf der Suche nach einer bestimmten Person. Doch nirgends, in keiner Wortvariation, tauchte der Name von Abigail Holligan auf. Dr. Franklins Patientinnenkartei erweckte den Eindruck, als hätte die alte Dame niemals einen Fuß in die Praxis der Therapeutin gesetzt.
Bob schaltete den Rechner aus und sah seine Freunde fragend an. Er hatte Justus und Peter in knappen Worten von seinem Gespräch mit der Ärztin berichtet und wie erwartet hielten sie seinen erwähnten Liebeskummer für einen raffinierten Schachzug, der ausschließlich seiner Fantasie entsprungen war. Später, das hatte er sich geschworen, wollte er ihnen die Wahrheit mitteilen. Doch nun war als Allererstes zu klären, weshalb die Schilderungen der alten Dame in so krassem Widerspruch zu Dr. Franklins Worten standen.
Die drei Detektive hatten in den vergangenen zwei Tagen den telefonischen Kontakt zu Mrs Holligan aufrecht erhalten und beruhigt in Erfahrung gebracht, dass der unbekannte Eindringling eine Ruhepause eingelegt hatte. Jedenfalls war der alten Dame in den letzten 48 Stunden nichts Ungewöhnliches widerfahren.
»Und wie soll es jetzt weitergehen?«, fragte Peter. »Seit wir die Ermittlungen aufgenommen haben, drehen wir uns ständig im Kreis: Anfangs wunderten wir uns über Mrs Holligans Äußerungen. Dann erschien uns Dr. Franklins Therapiemethode fragwürdig. Und nun habe ich wiederum den Eindruck, als würde Mrs Holligan irgendwelche Informationen vor uns geheim halten.«
»Was willst du damit sagen, Zweiter?«, fuhr Justus hoch.
»Gegenfrage«, konterte Peter. »Wenn Dr. Franklin bestätigt, dass sie allen Patienten empfiehlt sich nicht zu verschließen, warum sollte sie dann Mrs Holligan das Gegenteil raten? Sie hätte Bob auch sonst was erzählen können. Zum Beispiel, dass es Sonderfälle gibt, bei denen es besser wäre zu schweigen. Das hat sie aber nicht getan. Folglich spricht eine der beiden Damen nicht die Wahrheit.«
»Sehr gut erfasst,
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