Stimmen aus dem Nichts
ausgedrückt, dass mich mein Instinkt trügt. Und ich frage Sie als Expertin: Wie können Sie die Analyse eines einzelnen Menschen auf den Punkt bringen, angesichts der Tatsache, dass doch jeder mit seinen Empfindungen und Reaktionen Tausenden von verschiedenen Verhaltensmustern folgt? Ich meine, vielleicht stimmt auch etwas mit Brenda nicht? Vielleicht liegt ihr ablehnendes Verhalten auch in ihrer kaputten Kindheit verborgen.«
»Das mag schon sein. Doch es geht hier in erster Linie um dich. Nicht um sie.«
Bob konnte jedoch von seinen Gefühlen nicht abweichen. »Sie empfindet etwas für mich.« Er verlieh seiner Stimme einen kräftigen Unterton. »Und davon weiche ich auch nicht ab.«
»Ein großes Selbstbewusstsein.« Dr. Franklin sah ihn ernst an. »Doch wenn du diesen Standpunkt weiterhin vertrittst, wirst du auch weiter leiden. Das weißt du.«
Nun musste er doch kurz schlucken. »Das nehme ich in Kauf.«
»Wenn du wirklich so uneinsichtig bist, kann ich dir leider nicht helfen.« Die Therapeutin erhob sich mit einer raschen Bewegung von ihrem Sessel.
Fragend schaute Bob sie an. »Ist das Ihr letztes Wort?«
Draußen begann es zu dämmern und Dr. Franklin trat langsam an das Fenster heran und blickte in den dichten Regen. »Nicht ganz.« Für einige Sekunden schwieg sie. Sie schien zu überlegen. »Es gäbe da noch eine weitere Möglichkeit«, fuhr sie schließlich fort, »deine Gefühle Brenda gegenüber aus einer anderen Perspektive zu betrachten. Wir können es mit Hypnose versuchen. Ich würde dich in Trance versetzen und ergründen, woher dein Schmerz, deine Gefühle und auch deine Uneinsichtigkeit dem Mädchen gegenüber herrühren. Die Voraussetzung dafür aber wäre, dass du dich mir gegenüber nicht verschließt. Vertrauen ist bei einer Hypnosetherapie das A und O.«
»Verstehe.« Bob ermahnte sich innerlich, das Gespräch nun langsam auf die Frage hinzulenken, die den drei Detektiven, hinsichtlich Mrs Holligans, Aufschluss geben sollte. Doch er musste sich gar nicht groß bemühen. Dr. Franklin brachte das Thema ohne Aufforderung auf den Punkt. »Apropos Vertrauen: Hast du deiner Freundin Elizabeth eigentlich von deiner neuen Liebe erzählt?«
Bob spürte ein beklemmendes Gefühl in sich aufsteigen. »Sie weiß von nichts.«
»Das dachte ich mir. Und wie sieht es mit deinen Freunden aus? Sprichst du mit Ihnen über deinen Kummer?«
»Über alle andere Sorgen ja. Über Liebesangelegenheiten nicht.«
Nun trat die Psychotherapeutin näher an Bob heran und legte ihre Hand auf seine Schulter. »Das ist ein großer Fehler«, sagte sie leise. »Ich rate all meinen Patienten, dass sie sich mit ihren Problemen vor ihren Mitmenschen nicht verschließen sollen. Was einem auf der Seele lastet, muss hinausgelassen werden. Man muss darüber sprechen. Verdrängen hilft gar nichts. Das ist ein medizinisches Gesetz.«
Bob wurde hellhörig und stutzte. »Ohne Ausnahme?«
»Ohne Ausnahme«, bestätigte sie eindringlich. »Nun, was hältst du von meinem Vorschlag? Wollen wir es mit Hypnose probieren?«
Bob überlegte fieberhaft, wie er das Thema unauffällig auf Mrs Holligan lenken konnte. »Einverstanden«, antwortete er. »Ich würde aber gerne noch wissen –«
Die Tür wurde aufgerissen und Mrs Petersen winkte Dr. Franklin aufgeregt zu sich heran.
»Dr. Franklin!«, rief sie. »Ein Notfall in Zimmer 7 B!«
Die Therapeutin eilte zur Tür und rief Bob mit knappen Worten zu: »Bin gleich wieder da!«
Die beiden Frauen liefen aus dem Raum und ließen den Dritten Detektiv auf seinem Sessel allein. Bob schaute sich interessiert in dem Sprechzimmer um. Und obwohl seine Gedanken wie wild um Dr. Franklins Worte kreisten, fiel sein Blick auf die halb geöffnete Schreibtischschublade der Psychotherapeutin. Darin lag ein kleines Plexiglaskästchen mit Disketten. ›Patienten/Franklin/Weiblich‹, war auf einem Etikett vermerkt. Geistesgegenwärtig, ohne darüber nachzudenken, griff Bob danach und ließ das Kästchen kurzerhand in seiner Jackentasche verschwinden.
»Und?«
Zu Tode erschrocken fuhr Bob zusammen. Er drehte sich um und blickte zur Tür. In dessen Rahmen stand Dr. Franklin und sah ihn prüfend an.
Ruhe vor dem Sturm
»Wie. . . was. . .?«, stammelte Bob. »Was meinen Sie mit ›und‹?«
»Die Hypnosetherapie. Hast du dich entschieden?« Fragend stand die Therapeutin noch immer im Türrahmen. Bob rutschte ein Stein vom Herzen. Das unerlaubte Ausborgen der Disketten hatte die Ärztin
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