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Stimmen der Angst

Stimmen der Angst

Titel: Stimmen der Angst Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Dean R. Koontz
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Kapuze ab und suchte erst in der einen, dann in der anderen Manteltasche nach den Wagenschlüsseln.
    Unterdessen verharrte Susan, ohne die Kapuze abzusetzen, mit gesenktem Kopf auf dem Beifahrersitz. Sie hatte die Fäuste gegen die Wangen gepresst und die Augen fest geschlossen, und ihre Gesichtszüge waren so angespannt, als würde der Saturn in einer dieser hydraulischen Schrottpressen stecken, die eine Limousine innerhalb kürzester Zeit zu einem kubikmetergroßen Würfel zusammenquetschen konnten.
    Martie beäugte konzentriert den Wagenschlüssel. Es war derselbe, den sie auch sonst benutzte, aber plötzlich kam es ihr vor, als wäre seine Spitze so gefährlich scharf wie noch nie. Der gezackte Rand erinnerte sie an den Wellenschliff eines Brotmessers, und das wiederum brachte ihr das Wiegemesser in Susans Küche in Erinnerung.
    Dieser einfache Schlüssel war eine potenzielle Waffe. In ihrem Kopf drängten sich wirre Bilder von dem blutigen Gemetzel, das man mit so einem Autoschlüssel anrichten konnte.
    »Was ist los?«, fragte Susan, ohne die Augen zu öffnen.
    Bemüht, sich den inneren Aufruhr nicht anmerken zu lassen, steckte Martie den Schlüssel ins Zündschloss und sagte: »Konnte meinen Schlüssel nicht finden. Alles in Ordnung. Jetzt habe ich ihn.«
    Aufheulend sprang der Motor an. Als Martie den Sicherheitsgurt anlegen wollte, zitterten ihr die Hände so sehr, dass der Plastikverschluss und die Metallzunge aufeinander klapperten wie ein aufgezogenes Gebiss aus dem Scherzartikelladen, bevor der Mechanismus endlich einschnappte.
    »Was ist, wenn mir hier draußen etwas passiert, und ich komme nie wieder nach Hause?«, fragte Susan besorgt.
    »Ich passe auf dich auf«, versicherte Martie, obwohl ihr diese Worte angesichts der eigenen merkwürdigen Gemütsverfassung wie Hohn in den Ohren klangen.
    »Aber was ist, wenn dir etwas passiert?«
    »Mir wird nichts passieren«, sagte Martie im Brustton der Überzeugung, während sie die Scheibenwischer einschaltete.
    »Niemand ist dagegen gefeit, dass ihm irgendetwas passiert. Sieh dir doch an, was mit mir passiert ist!«
    Martie fuhr an, lenkte den Wagen vom Randstein weg zum Ende des kurzen Sträßchens und bog dann in den Balboa Boulevard ein. »Halt dich fest. Nicht mehr lange, dann bist du in Dr. Ahrimans Praxis.«
    »Nicht, wenn wir einen Unfall haben«, jammerte Susan.
    »Ich bin eine gute Fahrerin.«
    »Wir könnten eine Panne haben.«
    »An dem Auto ist alles in Ordnung.«
    »Es regnet ziemlich heftig. Wenn die Straßen überschwemmt sind …«
    »Vielleicht werden wir auch von einer Horde schleimiger Marsbewohner entführt«, fiel Martie ihr ins Wort. »Sie bringen uns zu ihrem Raumschiff und zwingen uns, Nachkommen mit scheußlichen quallenartigen Monstern zu zeugen.«
    »Es gibt manchmal Überschwemmungen hier auf der Halbinsel«, verteidigte sich Susan.
    »Um diese Jahreszeit legt sich Big Foot am Pier auf die Lauer und beißt jedem, der nicht aufpasst, den Kopf ab. Wir können nur hoffen, dass wir nicht ausgerechnet in dieser Gegend eine Panne haben.«
    »Du bist bösartig«, sagte Susan beleidigt.
    »Ich bin abgrundtief gemein«, bestätigte Martie.
    »Grausam, das bist du. Ich meine es ernst.«
    »Ich bin abscheulich.«
    »Bring mich nach Hause!«
    »Nein.«
    »Ich hasse dich!«
    »Ich liebe dich trotzdem«, sagte Martie.
    »Ach, Scheiße«, sagte Susan kleinlaut. »Ich liebe dich auch.«
    »Halt durch.«
    »Es ist so schwer.«
    »Ich weiß, Liebes.«
    »Was ist, wenn uns das Benzin ausgeht?«
    »Der Tank ist voll.«
    »Ich kriege hier draußen keine Luft. Ich kann nicht atmen.«
    »Aber du atmest doch, Susan.«
    »Aber die Luft ist wie … zäher Schleim. Und ich habe Schmerzen in der Brust. Mein Herz. Mir geht es schlecht.«
    »Mir geht hier jemand gehörig auf die Nerven«, sagte Martie. »Rate mal, wer.«
    »Du bist eine gemeine Schlampe.«
    »Das ist nichts Neues.«
    »Ich hasse dich.«
    »Ich liebe dich«, sagte Martie geduldig.
    Susan fing an zu weinen. Sie schlug die Hände vors Gesicht. »Ich kann nicht mehr.«
    »Es ist nicht mehr weit.«
    »Ich hasse mich selbst.«
    Martie runzelte die Stirn. »Sag so etwas nicht. Sag so etwas nie wieder!«
    »Ich hasse das, was aus mir geworden ist. Dieses verängstigte, verhuschte Etwas , das aus mir geworden ist.«
    Tränen der Mitleids ließen die Welt vor Marties Augen verschwimmen. Sie blinzelte heftig, um wieder klar sehen zu können.
    Vom kalten Pazifik schwappten dunkle Wolkenwellen über den

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