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Stimmen der Angst

Stimmen der Angst

Titel: Stimmen der Angst Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Dean R. Koontz
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Eintrittskarte für das Drama, für einen Platz in der ersten Reihe. Er hat mich angeschaut. Und was ich in diesen Augen gesehen habe, kann ich nicht mit Worten ausdrücken. Aber wenn ich im Leben mehr Schlechtes als Gutes getan habe und wenn es einen Ort gibt, an dem wir für alles, was wir in dieser Welt getan haben, Rechenschaft ablegen müssen, dann, das weiß ich genau, werde ich solchen Augen dort wieder begegnen.« Er schwieg, und sein Blick hing lange an dem Fenster, in dem jetzt nichts zu sehen war als das harte Licht. »Dann bin ich gestürzt.«
    Mit der nicht zertrümmerten Gesichtshälfte nach unten auf dem Boden liegend, mit immer wieder verschwimmendem Blick, hatte er mit ansehen müssen, wie sich seine Frau umbrachte und wenige Zentimeter außerhalb seiner Reichweite zusammenbrach.
    »Sie war dabei so ruhig, so merkwürdig ruhig. Als wüsste sie nicht, was sie tat. Kein Zögern, keine Tränen.«
    Blutend und halb wahnsinnig vor Schmerzen, hatte Bernardo Pastore immer wieder minutenlang das Bewusstsein verloren, aber jedes Mal, wenn er für kurze Zeit zu sich kam, hatte er sich ein Stück weiter zum Telefon geschleppt, das auf dem Nachttisch stand.
    »Von draußen habe ich Kojoten gehört, zuerst weit weg, dann immer näher. Ich wusste nicht, ob Ahriman noch am Fenster stand, bin aber nicht davon ausgegangen, und ich hatte Angst, dass die Kojoten, vom Blutgeruch angelockt, durch das Fliegengitter springen würden. Wenn sie allein sind, sind es scheue Tiere … aber nicht im Rudel.«
    Er hatte das Telefon erreicht, es zu sich heruntergezogen und Hilfe gerufen, obwohl er mit dem geschwollenen Rachen und dem zerschmetterten Gesicht nur unter Qualen ein halbwegs verständliches Wort hatte herauspressen können.
    »Und dann habe ich gewartet und dachte eigentlich, ich würde sterben, bevor Rettung kam. Und das wäre auch in Ordnung gewesen. Vielleicht wäre es sogar das Beste gewesen. Nachdem Fiona und Dion nicht mehr da waren, hat mir nicht mehr viel am Leben gelegen. Nur zwei Dinge haben mich noch aufrecht gehalten. Dr. Ahrimans wahres Gesicht musste den Leuten gezeigt und begreiflich gemacht werden. Ich wollte Gerechtigkeit. Und zweitens … obwohl ich zum Sterben bereit war, wollte ich nicht, dass meine Familie und ich wie zu Tode gehetzte Karnickel zum Fraß für Kojoten wurden.«
    So laut, wie die Schreie der Kojoten inzwischen geworden waren, musste sich das Rudel unter dem Fenster versammelt haben. Am Fenstersims kratzende Vorderpfoten. Knurrend ans Fliegengitter gedrückte Schnauzen.
    Pastore war immer schwächer geworden, und in seinem zunehmend getrübten Bewusstsein hatte er sich vorgestellt, dass es keine Kojoten waren, die da von draußen Einlass begehrten, sondern Kreaturen, die man nie zuvor in New Mexico gesehen hatte, die sich aus dem Anderswo durch eine Tür in der Nacht in diese Welt gestohlen hatten. Ahrimans Brüder, deren Augen noch unheimlicher waren als die des Arztes. Die sich nicht um das Fenster drängten, weil sie auf das noch warme Fleisch gierig waren, sondern die getrieben wurden von ihrem Hunger nach drei dahinschwindenden Seelen.
    *
    Ahrimans einzige Patientin an diesem Tag war die zweiunddreißigjährige Ehefrau eines Mannes, der mit OnlineAktiengeschäften in nur vier Jahren ein Vermögen von einer halben Milliarde Dollar gemacht hatte.
    Obwohl sie eine attraktive Frau war, hatte er sie nicht wegen ihres Aussehens als Patientin aufgenommen. Er hatte kein sexuelles Interesse an ihr, weil sie zu dem Zeitpunkt, als sie ihn das erste Mal aufsuchte, bereits so neurotisch war wie eine Laborratte, die man mit ständig neuen Labyrinthen und nach dem Zufallsprinzip verteilten Stromschlägen monatelang in ihrem Käfig gefoltert hatte. Für Ahriman waren nur Frauen interessant, die gesund und stark waren und alles zu verlieren hatten, wenn sie zu ihm kamen.
    Auch der enorme Reichtum der Patientin war nicht ausschlaggebend gewesen. Da er im Leben nie selbst unter Geldmangel gelitten hatte, empfand er nichts als Verachtung für diejenigen unter seinen Mitmenschen, die sich von ihrer Geldgier leiten ließen. Die besten Leistungen konnte man erzielen, wenn man etwas tat, nur weil es einem Spaß machte.
    Die Frau war von ihrem Ehemann gedrängt worden, sich bei Ahriman in Behandlung zu begeben, wozu ihn weniger die Sorge um ihr Wohlergehen bewegt hatte als die Tatsache, dass er für einen Senatorenposten kandidieren wollte. Er war der Meinung, dass eine Ehefrau, die unter Anfällen von an

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