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Stimmen der Angst

Stimmen der Angst

Titel: Stimmen der Angst Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Dean R. Koontz
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gaben ein wesentlich schwächeres Licht ab als die hell strahlenden Scheinwerfer, aber in ihrem rötlichen Schein verwandelten sich die herunterrieselnden Schneeflocken in Blut. Die Abgaswolken sahen aus wie blutroter Nebel.
    Die Dunstschwaden boten Martie Deckung, nahmen ihr aber auch die Sicht, es war wie ein Eintauchen in ein furchteinflößendes, purpurrotes Taufbad. Dann hatte sie den Wolkenwirbel hinter sich gelassen und befand sich deckungslos auf der ungeschützten Nordseite des Wagens.
    Ihr Vorhaben, das sie schon während der Planung als tollkühn empfunden hatte, erschien ihr jetzt geradezu selbstmörderisch. Geduckt, aber auch so eine erstklassige Zielscheibe, löste sie sich vom BMW und rannte auf die Fußspuren zu, die von der Beifahrertür wegführten.
    Fußabdrücke und eine fast schon wieder zugeschneite Blutspur verrieten ihr, dass Kevin auf ein knapp fünfzehn Meter entferntes kreisrundes Adobegebäude zugelaufen war.
    Von der anderen Seite des Wagens aus hatte sie nicht viel von dem Gebäude erkennen können. Jetzt, da sie einen freien Blick darauf hatte, fand sie es eher noch rätselhafter als zuvor. Eine zwei Meter hohe Mauer, die sich bogenförmig in der Dunkelheit verlor. Die Andeutung eines flachen Kuppeldachs. Schwer zu sagen aus dieser Entfernung, wie groß der Durchmesser war, sicher aber zehn bis zwölf Meter. Eine von gestuften Mauern flankierte Treppe führte zum Dach, wo sich offensichtlich der Eingang befand, woraus sie den logischen Schluss zog, dass der Hauptteil des Gebäudes unter dem Bodenniveau lag.
    Kiva.
    Das Wort kam ihr plötzlich in den Sinn. Sie kannte es aus einem Dokumentarfilm, den sie einmal gesehen hatte. Kiva, ein unterirdischer Zeremonienraum, das spirituelle Zentrum der Siedlung.
    Je weiter Martie sich vom BMW entfernte, umso dichter zogen sich die Schatten zusammen und das Schneegestöber verdeckte die Spur mit jeder Sekunde mehr. Dennoch blieb sie erkennbar, weil aus den Fußabdrücken immer längere Schleifspuren wurden und anstelle einzelner Blutstropfen waren jetzt große rote Spritzer zu sehen.
    Ihr Herz veranstaltete einen Trommelwirbel in ihrer Brust, der in den Ohren nachzuschwingen schien, während sie Kevins Spur bis zu der Treppe folgte, ängstlich darauf gefasst, dass er zum Dach hinaufgestiegen und dann im Innern des Kiva verschwunden war, um in der samtenen Dunkelheit der Rundhöhle auf sie zu warten. Am Fuß der Treppe hatte er jedoch, wie ihr eine größere Blutlache verriet, gezögert und seinen Weg dann an der runden Mauer entlang fortgesetzt.
    Martie drückte sich mit dem Rücken an die Adobemauer und schob sich, die Maschinenpistole in beiden Händen und den Zeigefinger der Rechten fest auf dem Abzug, seitlich an dem Gebäude entlang in immer tiefere Schatten, bis auch der letzte Lichtschimmer der Scheinwerfer hinter der Biegung verschwunden war. Die Finsternis wäre völlig undurchdringlich und pechschwarz gewesen, hätte der leicht phosphoreszierende Schnee nicht seine schimmernde Soutane auf dem Boden ausgebreitet.
    Das Geräusch des laufenden Motors, ohnehin schon leise hinter Schnurvorhängen aus Schnee, wurde durch die zwischen ihr und dem Wagen liegende Mauer so weit gedämpft, dass es nur noch in ihrer Einbildung zu existieren schien, und eine nahezu vollständige Stille senkte sich über sie. Sie lauschte angestrengt, ob sie etwas von dem Verfolgten hören konnte, schlurfende Schritte, schwere Atemzüge, aber da war nichts.
    Selbst in der Dunkelheit konnte sie noch erkennen, wo Kevin gelaufen war, wenn auch kaum noch an den Spuren, die seine schlurfenden, schwankenden Schritte hinterlassen hatten. Jetzt wies ihr nur noch das Blut den Weg, schwarzer Sprühregen in jungfräulichem Weiß, als hätte er in geschwungenen Bögen immer wieder dieselbe Zahl in den Schnee geschrieben, und sie dankte Gott dafür, dass er mit der Tinte nicht gegeizt hatte.
    Martie zuckte zusammen, als ihr bewusst wurde, dass ihre Dankbarkeit dem vergossenen Blut eines Menschen galt, aber sie konnte einen gewissen Stolz auf ihre eigene Leistung nicht unterdrücken. Dieser Stolz, rief sie sich jedoch warnend in Erinnerung, konnte gefährlich für sie werden und ihr selbst ein paar Kugeln eintragen.
    Zentimeter für Zentimeter schob sie sich weiter und vergaß dabei nicht, ab und zu einen Blick in die Richtung zurückzuwerfen, aus der sie gekommen war, falls Kevin das Gebäude umrundet hatte und sich nun von hinten an sie heranpirschte. Als sie gerade wieder den

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