Stirb für mich: Thriller
die ihr Vater ihr zu ihrem einundzwanzigsten Geburtstag geschenkt hatte, und schluckte dreimal.
»Nun komm schon, Alyshia«, sagte die Stimme. »In zwei Minuten fange ich an, die Kamera abzubauen. Du hast noch …«
»Was ich getan habe, tut mir leid, und was ich nicht getan habe, tut mir auch leid. Ihr dürft euch nicht die Schuld für all das geben. Ihr habt mir die perfekte Vorbereitung, die besten Gene, die tiefste Zuneigung, die größte Aufmerksamkeit und die richtigen Ratschläge gegeben, und ich habe das alles vergeudet. Es tut mir leid, dass ich so gemein zu dir war, Mummy. Du hattest nichts davon verdient. Ich weiß, es lag nur an meinem eigenen Gefühl der Unzulänglichkeit. Ich liebe dich in diesem Augenblick mehr als in meinem ganzen Leben. Es tut mir leid, dass ich dich im Stich gelassen habe, Daddy. Du hast mir alle Möglichkeiten eröffnet. Du warst großzügig, aber fordernd und liebevoll, ohne mich zu erdrücken. Ich wünschte, ich hätte es dir zurückgeben können, mit dem Zins, den du verdient hättest. Ich gehe jetzt. Aber ich möchte, dass ihr wisst, ich bin nicht mehr ignorant, egoistisch, arrogant und gleichgültig, sondern reuevoll und demütig und wünschte mir, ich könnte euch beide ein letztes Mal sehen.«
Die letzten Worte brachte sie nur tonlos heraus. Speichel hatte sich in ihrem Mund gesammelt, Tränen strömten über ihre Wangen, Tropfen hingen an ihrem Kinn.
»Sehr hübsch«, sagte die Stimme. »Überraschend beherrscht, muss ich sagen. Und jetzt wollen wir es hinter uns bringen und hier abhauen.«
Hände legten sich auf ihre Schultern und drückten sie in eine Position, die sie nicht einnehmen wollte. Sie kniete auf zitternden Schenkeln und sah zu dem Mann mit der Waffe auf. Verzweifelt flehend, blickte sie in die schwarzen, schimmernden Pupillen hinter den Schlitzen der Maske. Der Lauf der Pistole wurde an ihre Stirn gedrückt. Mit beiden Händen klammerte sie sich an den Saum der Jacke des Mannes, während der andere hinter ihr eine Plastikplane entrollte. Der Mann mit der Pistole schlug ihre Hände weg, und sie sank auf allen vieren auf die Plane wie ein würgender Hund.
Mercy Danquah hatte gerade ein fruchtloses Treffen mit Busby, einem ihrer Informanten, hinter sich und war auf dem Weg zu dem nächsten Termin mit einem gewissen Nelson. Sie merkte, dass sie zunehmend gereizt schaltete, angespannt auf dem Sitz saß und das Steuer mit beiden Händen gepackt hielt. Sie war wütend auf Boxer. Er hatte sie in eine unmögliche Lage gebracht. Sie musste DCS Makepeace erzählen, was zwischen Boxer und Isabel ihrer Vermutung nach geschehen war.
»Ich glaub es nicht«, sagte sie laut, zu Gott, Boxer und dem Verkehr.
Der Klang ihrer eigenen Stimme löste etwas in ihr. Mit neuem Argwohn gegenüber ihren eigenen Motiven entdeckte sie einen Funken von etwas, das sie sich nicht eingestehen wollte. Stattdessen konzentrierte sie sich auf Nelson und die Gründe, warum sie mit ihm mehr Glück haben könnte. Er lebte von einer Behindertenrente und verbrachte den größten Teil seiner Zeit in den Pubs und Clubs von Bethnal Green, Whitechapel und Stepney. Er war einfach mehr in der Szene.
Sie parkte in der Nähe des Cafés, in dem sie sich verabredet hatten, E Pellicci in der Bethnal Green Road, direkt um die Ecke von dem alten Haus der Kray-Zwillinge in der Voss Street. Die Wände waren holzgetäfelt mit Intarsien im Stil der 1940er, und die Fenster hatten Buntglasscheiben. Die Leute saßen auf Holzstühlen um Plastiktische, vor sich eine Troika aus brauner Sauce, Tomantenketchup und Senf. Der Tee wurde aus einer Maschine aus Chrom neben der Kasse in großen Bechern serviert, und das gesündeste Gericht auf der Karte waren Baked Beans auf Toast. Mercy bestellte eine Portion, weil sie am Morgen nicht gefrühstückt hatte. Nelson nutzte trotz der fortgeschrittenen Zeit das Angebot, sich zu einem Full English Breakfast einladen zu lassen, das sich um einen Haufen dicker Pommes gruppierte, die er mit Salz und Essig tränkte und in Ketchup tunkte, ehe er sie sich in den Mund stopfte.
Nelson war nicht sein richtiger Name. Der Mann hatte vor einiger Zeit bei einem Arbeitsunfall einen Arm verloren und seinem Decknamen erst im vergangenen Jahr weitere Ehre gemacht, als eines seiner Augen dem grünen Star zum Opfer fiel. Wenigstens trug er keine Augenklappe, sondern ein Glasauge, das beunruhigend klar war, sodass Mercy manchmal dachte, er würde damit mehr sehen als mit dem gesunden. Nelson war
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