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Stirb, mein Prinz

Stirb, mein Prinz

Titel: Stirb, mein Prinz Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Tania Carver
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»Und du hast mir nie was gesagt …«
    Don schüttelte den Kopf. Er sah zu Boden, hob aber wieder den Blick, bevor er antwortete: »Wir hielten es für besser … es dir nicht zu sagen.« Er klang müde und gedrückt.
    Phil nickte mit zusammengekniffenen Lippen. »Verstehe. Und deswegen …«, sagte er und knetete dabei unablässig die Hände, »… hast du jedes Mal … jedes Mal behauptet, du wüsstest nichts, wenn ich euch nach meinen Eltern gefragt habe. Meinen leiblichen Eltern.«
    Don schwieg, die Aufmerksamkeit scheinbar ganz auf das Stück Fußboden zwischen seinen Schuhen gerichtet.
    Phil redete weiter. »Ihr habt es mir … jedes Mal ausgeredet, wenn ich nach ihnen suchen wollte. Habt mich immer davon abgehalten. Immer. Als ich noch jünger war. Immer …«
    Don sah auf. Sein Blick war voller Schmerz. Er litt genauso sehr wie Phil. Sein Gesicht schien vor Qual wie erstarrt, so dass es ihm nicht gelang, die Worte zu sagen, die er sagen wollte.
    »Du hast immer behauptet, dass ich sie sowieso nie finden würde«, fuhr Phil fort. »Dass du es schon versucht hättest, aber sie nicht gefunden werden wollten. Dass sie nicht im System wären. Immer wieder … hast du mir ins Gesicht ge­logen, Don … ins Gesicht … Und eine Schwester … eine Schwester …«
    »Es war besser für dich, nicht Bescheid zu wissen …« Don fand seine Stimme wieder. Er hatte Tränen in den Augen.
    »Besser?« Phil lachte bitter. »Besser? Findest du nicht, das wäre meine Entscheidung gewesen?«
    Don schwieg.
    Phil wurde lauter. »Findest du nicht?«
    »Nein.« Jetzt war Dons Stimme genauso laut wie Phils. »Vielleicht wenn es eine ganz normale Adoption gewesen wäre, dann ja. Wenn es so was überhaupt gibt. Aber nicht in deinem Fall. Nein.«
    »Und wieso nicht?« Inzwischen brüllte Phil fast.
    »Du warst nicht dabei … Du hast nicht gesehen, was ich gesehen habe …« Dons Stimme war rau. Er fuhr sich mit der Hand übers Gesicht, rieb sich die Augen. Tränen liefen an seinen Fäusten vorbei seine Wangen hinab.
    Das Schweigen, das eintrat, hatte die Wucht einer Bombe. Still und regungslos saßen sie da. Fragen stiegen in Phils Kopf auf wie giftige Blasen und zerplatzten unbeantwortet an der Oberfläche.
    Aber nicht alle.
    Er wandte sich an Marina. »Die Alpträume«, sagte er, »die Symbole an der Wand. Der Käfig. Der Mann mit der Maske.« Wieder krampften sich seine Finger ineinander. »Wieso? Wieso habe ich das alles im Traum gesehen?«
    »Weil es real war«, sagte sie in sanftem, beruhigendem Tonfall. »All diese Dinge waren Teil deines Lebens. Du hast sie wirklich erlebt.«
    »Aber ich … ich wusste nichts davon. Ich hatte überhaupt keine Erinnerung daran …«
    »Nein«, sagte sie, »das stimmt. Du warst damals noch sehr klein. Dein Bewusstsein war noch nicht entwickelt. Wenn du Glück gehabt hättest, wäre vielleicht nichts davon im Unterbewusstsein hängengeblieben. Leider ist es anders gekommen. Aber weil die Erinnerungen so schrecklich waren, so traumatisch, hat dein Gehirn sie einfach … ausgeblendet. Sie irgendwo im hintersten Winkel vergraben. Verdrängt.«
    Phil nickte.
    »Und warum dann gerade jetzt?«
    »Wie gesagt, die Erlebnisse waren zu traumatisch. Dein Bewusstsein hat alles verdrängt, aber das ändert natürlich nichts daran, dass es tatsächlich passiert ist. Es konnte die Erlebnisse nicht endgültig loswerden, das war unmöglich, weil sie nun mal ein Teil von dir sind. Sie waren zwar tief in deinem Unterbewusstsein vergraben, aber da haben sie auf einen Auslöser gewartet – ein Ereignis, das sie wieder ins Bewusstsein rückt. Und genau dazu ist es gekommen.«
    »Verstehe …« Phils Gedanken überschlugen sich. In seinem Kopf summte es, als säße dort ein Wespennest. Marinas nächste Frage setzte sich gegen den Lärm durch.
    »Hast du denn noch irgendwelche Erinnerungen an deine Eltern?«
    Phil schloss die Augen. Alles, was er hörte, war dieses Summen. »Nein …«
    »Wahrscheinlich ist es auch besser so«, meinte sie. »Wenn du tatsächlich mit ansehen musstest, wie sie ermordet wurden … An so etwas möchte man sich nicht erinnern.«
    Die Woge des Zorns in Phils Innerem verebbte. Aber all die Fragen schwirrten noch immer wild durcheinander. Von dem, was er erfahren hatte, platzte ihm fast der Kopf. Er wusste nicht, was er denken oder sagen sollte. Welche Frage er zuerst stellen sollte. Don und Marina warteten schweigend.
    »Die Panikattacken«, meinte er schließlich. »Ist das der Grund? Haben

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