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Stirb mit mir: Roman (German Edition)

Stirb mit mir: Roman (German Edition)

Titel: Stirb mit mir: Roman (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Ruth Dugdall
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zehn hatte ich die Tabletts fertig und meine Pflichten erledigt. Danach musste ich nur noch anwesend sein, das war das Gute an diesem Job. Ich setzte mich in einen Ohrensessel und zog ein Buch aus meinem Rucksack. Nach einer Weile döste ich ein. Offiziell hatte ich einen Wachposten, schlief aber jede Nacht. Wie eine Katze rollte ich mich auf dem gelben Sessel zusammen, stellte meinen Reisewecker auf Viertel vor sieben und steckte ihn mir in die Jackentasche, denn sonst hätte ich morgens verschlafen.
    An besagtem Abend weckten mich schlurfende Schritte, denn tief und fest konnte ich in dem Sessel nicht schlafen. Als ich die Augen aufschlug, war Beattie auf dem Weg zu mir. Ich nahm an, dass sie wieder wissen wollte, wann sie zu ihrer Hochzeit gehen müsse. Ich überlegte, ob ich ihr noch eine Schlaftablette geben sollte. Dann sah ich, dass sie etwas in der Hand hielt und Brocken davon zu Boden fielen. Ich stand auf und trat zu ihr. Sie schien überrascht, mich zu sehen, und stützte sich mit der Hand an der Wand ab.
    Da erst erfasste ich, was sie dabei hatte.
    Ich roch es.
    Ich wollte Beattie nicht berühren, aber ich konnte auch nicht zulassen, dass sie die Wand mit Kot beschmierte. Also packte ich sie und schob sie zurück in ihr Zimmer. Sie widerte mich an, und ich wollte sie unbedingt loswerden. In ihrem Zimmer waren die Vorhänge zugezogen, und das Licht war aus. Ich beließ es dabei, denn ich hatte keine Lust, noch mehr Fäkalien zu entdecken, der Geruch war ekelhaft genug. Würde ich Kot in ihrem Zimmer finden, wäre ich gezwungen, etwas zu unternehmen. Wenn ich dagegen bis zum Morgen wartete, musste sich ein anderer darum kümmern. Beherzt umfasste ich Beattie, legte sie wieder ins Bett und befahl ihr, dort zu bleiben. Um meine Botschaft zu unterstreichen, schüttelte ich sie. Sie zuckte zurück und machte Anstalten, wieder aufzustehen. Der bestialische Gestank, meine Müdigkeit und ihr Versuch, sich mir zu widersetzen, machten mich wütend. Unvermittelt schlug ich ihr ins Gesicht. Es war kein fester Schlag. Ich wollte lediglich, dass sie sich wieder hinlegte. Woher hätte ich denn wissen sollen, dass ihr Kopf so wackelig auf den Schultern saß und der Schlag wie eine Axt wirkte? Sie fiel zurück, ihr Kopf traf auf das Kopfkissen, und ihre Augen schlossen sich. Ich hielt das für ein gutes Zeichen und sagte mir, dass sie anscheinend keine Schlaftablette mehr brauchte.
    Anschließend stürzte ich in die Küche, schrubbte meine Hände unter dem Wasserhahn, bis sie rot waren, und fragte mich, ob ich so tun konnte, als hätte ich die Bescherung auf dem Fußboden und an der Wand nicht bemerkt. Ich entschied, in der Küche zu bleiben, in der glücklicherweise auch ein Sessel stand. Ich faltete meine Jacke zu einem Kopfkissen und machte es mir in dem Sessel so bequem, wie es ging. Zu guter Letzt schlief ich wieder ein und verließ die Küche in dieser Nacht nicht mehr.
    Als mein Wecker klingelte, versuchte ich nicht an die getrockneten Fäkalien im Flur zu denken. Ich goss Milch in die Müslischalen, toastete die Brotscheiben und bestrich sie mit Margarine und Marmelade. Dann begann ich, die Frühstücktabletts zu verteilen, machte einen Bogen um die Kotreste auf dem Flur und beschloss, Beattie als Letzte zu versorgen.
    Die alten Männer waren morgens meistens schon auf, saßen in ihren Zimmern auf einem Stuhl oder der Bettkante. Die Frauen blieben lieber im Bett und warteten dort auf die Tabletts, als wohnten sie in einem Hotel und hätten den Zimmerservice bestellt. Diejenigen, die sich ein Einzelzimmer leisten konnten, taten sogar so, als stünde ihnen dieser Service zu, und versuchten, die Plastikschalen mit den Medikamenten zu übersehen.
    Zu guter Letzt war nur noch Beatties Tablett übrig. Sie bekam eine Schale Müsli, eine Scheibe Weißbrot mit Margarine und drei Trockenpflaumen. Dass die Portionen so streng rationiert waren, fand ich witzig. Was würde passieren, wenn ich eine vierte Trockenpflaume hinzulegte oder Beattie zur Strafe eine wegnähme? Die Überlegungen hätte ich mir sparen können.
    Sie war schon vor Stunden gestorben, denn die Leichenstarre hatte bereits eingesetzt. Zwar waren wir angehalten, nachts regelmäßig nach den alten Leuten zu sehen, aber niemand hatte gesagt, wie oft das geschehen sollte. Wahrscheinlich war ich nicht die Einzige, die so nachlässig war.
    Beattie lag auf der Seite, so wie ich sie verlassen hatte, in der Haltung eines Fötus. Ich stellte das Tablett auf den

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