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Stirb mit mir: Roman (German Edition)

Stirb mit mir: Roman (German Edition)

Titel: Stirb mit mir: Roman (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Ruth Dugdall
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eine aus dickem gelbem Glas gewesen. Irgendetwas entging ihr, die Frage war nur, was. Sie konzentrierte sich wieder auf Dr.   Gregg.
    »Ich sagte Ihnen ja schon, dass die Sozialarbeiterin ebenfalls der Meinung war, Alice sollte in eine Klinik eingewiesen werden. Aus freien Stücken hätte sie sich dazu niemals bereit erklärt.«
    Cate warf einen Blick auf ihre Uhr. Sie würde schon wieder zu spät zu Alice kommen. Dann fiel ihr noch etwas ein. Es hing mit dem zusammen, was Dr.   Gregg zuvor gesagt hatte. »Sie haben angedeutet, dass Alice am Dienstag auch äußerlich einen anderen Eindruck gemacht hat. Wie haben Sie das gemeint?«
    »Sie trug eine ausgebeulte graue Hose und ein schlabbriges T -Shirt mit Farbflecken. Entschuldigen Sie, wenn ich das so sage, aber sie hatte auch keinen Büstenhalter an. Die Haare waren fettig und strähnig, also insgesamt ein schlampiger Eindruck. Vollkommen anders als jetzt.«
    »Was war mit ihrem Gesicht?«
    »Das sah auch schrecklich aus. Gelblicher Teint und dunkle Augenringe, ein deutliches Zeichen von Schlaflosigkeit. Sie wirkte krank.«
    Cate dachte an das dunkle Make-up auf der Kommode in Alices Schlafzimmer, an den Farbton, der nicht zu ihr passte. »Dann waren da natürlich auch noch die Schrammen an ihrem Arm.«
    »Oberflächliche Verletzungen, ja.«
    Plötzlich ging Cate ein Licht auf. Warum tauschte man wohl eine Vase aus, wenn die Blumen noch frisch waren? Auf einmal wusste sie, was passiert war, und alles ergab einen Sinn. Mit den Fingern der rechten Hand kratzte sie über ihren linken Unterarm, so fest, dass auf der Haut rote Striemen entstanden. »Hat der Arm vielleicht so ausgesehen?«
    Dr.   Gregg hatte sie erstaunt beobachtet, doch Cate ließ sich nicht beirren. Sie kramte in ihrer Handtasche, holte ihren grauen Lidschatten hervor und klappte die Dose auf. In dem Innendeckel war ein kleiner Spiegel, den sie nun benutzte, um unter jedes Auge einen grauen Streifen zu tupfen.
    »Was soll das?«, fragte Dr.   Gregg.
    Cate ging darüber hinweg. Sie wusste, dass sie recht hatte, und verrieb die graue Farbe zu dunklen Augenringen. Dann wuschelte sie sich durch die Haare, kämmte sie mit der Hand in die Stirn, und schaute noch einmal in den Spiegel. Sie wirkte mitgenommen und aufgelöst. Wie einfach es war, sich in eine Kranke zu verwandeln. Sie deutete auf ihren Arm und ihr Gesicht. »Hat Alice in etwa so ausgesehen?«
    Dr.   Gregg starrte sie mit offenem Mund an. Vielleicht dachte er, sie habe jetzt ebenfalls den Verstand verloren. Dann setzte er sich zurück und klappte den Aktendeckel zu. »Wenn Sie sich nicht irren, muss ich unsere Patientin für ihre Schauspielkunst loben.« Er seufzte. »Nur wozu sollte diese Scharade dienen?«
    Erneut dachte Cate an die Angst, die Alice vor dem Gefängnis hatte. »Alice wollte krank erscheinen, damit Sie einen Klinikaufenthalt vorschlagen und es nicht zu einer Gefängnisstrafe kommt. Sie ist lediglich zu weit gegangen, denn Sie haben sie sofort eingewiesen. Unterm Strich hat sie Ihnen jedoch etwas vorgemacht. Oder halten Sie das für ausgeschlossen?«
    »Nicht unbedingt. Allerdings gibt es da noch etwas, das Sie wissen sollten. Der Psychiater, der Alice als Sechzehnjährige behandelt hat, erkannte damals bereits Anzeichen einer Persönlichkeitsstörung und sprach von Narzissmus. Demnach war sie zu der Zeit schon krank. Aufgrund ihres Alters hat er zwar keine abschließende Diagnose gestellt, doch wenn ich seine Notizen lese, entdecke ich ein hohes Maß an Weitsicht. Sie glauben, die Episode am Dienstag war ein gekonntes Schauspiel, aber ebenso kann sie der Ausdruck einer seit Langem vorhandenen narzisstischen Persönlichkeitsstörung gewesen sein. Wenn Alice tatsächlich krank ist, wir diese Krankheit jedoch als nur vorgetäuscht missverstehen, bekommt sie nicht die Hilfe, die sie braucht. Das wiederum könnte fatale Folgen haben.«

Zwanzig
    Ich sitze auf dem Bett und balanciere ein Tablett auf meinem Schoß. Das Essen ist alles andere als appetitanregend: bleiche Kartoffelscheiben und klebrige Bohnen, dazu ein Karton Milch in Kindergröße. Mit einem stumpfen Messer seziere ich die Bohnen. In dem Augenblick fliegt die Tür auf, und Cate Austin kommt herein. Sofort richte ich meine Aufmerksamkeit auf sie, bemerke ihren starren Hals, die entschlossene Kinnpartie, das Gesicht und die Haare, die in einem fürchterlichen Zustand sind. Ich habe kaum Zeit, den Bissen herunterzuschlucken, da fängt sie auch schon an zu reden.
    »Warum

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