Stirb mit mir: Roman (German Edition)
die er sich zurechtgelegt hat, nur so hervor. »Ich wusste nicht, was Dave von mir wollte, selbst nachdem ich es gelesen hatte, war es mir nicht klar. Doch dann habe ich mir gesagt, dass ich es nicht länger für mich behalten kann. Es ist zu gewaltig.« In seiner Verzweiflung ist seine Stimme in die Höhe geklettert.
Hastig erklärt er, dass David Jenkins ihm den Stick an dem Tag geschickt habe, an dem er gestorben ist, ohne den Umschlag zu frankieren. Da er den Brief in einem Dorf in Suffolk aufgegeben hatte, habe es eine Weile gedauert, bis er in London angekommen und von der Poststelle der Firma in seine Hände gelangt sei. Zu dem Zeitpunkt sei Dave schon seit sechzehn Tagen tot gewesen und die Beerdigung vorüber.
Er reicht ihr den Brief. »Das hier war auch dabei.«
Sieben Monate hat Krishna den Stick nun in seinem Besitz gehabt und auf ein Zeichen gewartet, auf einen Hinweis, der ihm sagte, an wen er ihn weiterreichen soll. Mit derselben Gewissheit, mit der er an Karma glaubt, weiß er, dass er in Cate Austin die Richtige gefunden hat.
Vierundzwanzig
»Wir wissen, dass es heimlich geschieht. Trotzdem sind wir der Meinung, dass Sterbehilfe bei uns offiziell gestattet werden sollte, ebenso wie in der Schweiz.«
»Wie sind Sie an die Hemlock Society geraten?«
Roy hielt inne, wischte sich den Schweiß von der Oberlippe. »Meine Frau hatte einen Gehirntumor. Der Kampf hat Monate gedauert. Chemotherapie, Strahlentherapie – sie war völlig erschöpft. Nach der dritten Behandlungsrunde sagten die Ärzte, sie könnten nichts mehr tun.«
»Daraufhin hat Ihre Frau sich das Leben genommen?«, fragte der Moderator mitfühlend.
»Nein«, entgegnete Roy mit Nachdruck. »Sie ist langsam und qualvoll gestorben. Danach wusste ich, dass diese Art des Sterbens falsch ist. Dass es eine andere Möglichkeit geben muss. Damals habe ich die Hemlock-Stiftung ins Leben gerufen.«
Cate erkannte, wie dringend der Mann das Gespräch beenden wollte, sah die Tränen, die ihm in die Augen stiegen. Sie schaltete den Fernseher mit der Fernbedienung aus und fragte sich, ob es richtig gewesen war, den USB -Stick von diesem Krishna Dasi anzunehmen. Er war sich seiner Sache so sicher gewesen, dass sie nicht gewusst hatte, wie sie sich gegen ihn wehren sollte. Der Mann trauerte um David Jenkins, das war offensichtlich, sie hatte den Kummer in seinen braunen Augen gesehen. Es sei wichtig, hatte er gesagt. In dem Tagebuch stünden Dinge, die ein anderes Licht auf den Vorfall werfen würden. Deutlicher war er nicht geworden, hatte nur noch angemerkt, die Lektüre habe ihm zu schaffen gemacht, sei ihm an die Nieren gegangen. Dann hatte er sie gemustert und hinzugesetzt, sie sei dergleichen wahrscheinlich gewohnt.
Cate holte den Brief des Verstorbenen an Dasi aus der Handtasche, strich ihn auf ihrem Schoß glatt, hob ihn hoch, um die kleine, gedrängte Handschrift lesen zu können.
16. Juni
Krish,
ich weiß, dass der Stick bei dir in guten Händen ist. Er ist wichtig. Manchmal entwickeln die Dinge sich anders als geplant, das wissen wir ja beide. Schließlich beschäftigen wir uns mit Ausnahmen. Wenn du das hier in der Hand hältst, werde ich längst fort sein, aber ich habe vor, mit leichtem Gepäck zu reisen. Bitte heb den Stick auf.
Ich hoffe, dich bald wiederzusehen, entweder hier oder in einem anderen Leben.
Dave
Den letzten Brief eines Toten zu lesen, setzte Cate zu, doch immerhin hatte sie jetzt die Bestätigung dafür, dass Jenkins selbst beschlossen hatte zu sterben. Wenn du das hier in der Hand hältst, werde ich längst fort sein . Wieder hat er die Reise als Metapher verwendet, ebenso wie in seiner Internetannonce, in der von der Reise eines Lebens die Rede gewesen war. Sie hoffte, auch die Art seines Todes hatte seinem Wunsch entsprochen, wenngleich sich nicht viele Menschen für eine Überdosis GHB entscheiden würden. Vielleicht enthielt das Tagebuch ja eine Erklärung. Alice hatte ihr nie vermitteln können, weshalb David hatte sterben wollen. Die Frage machte Cate am meisten zu schaffen. Sie legte den Brief zur Seite.
Nachdem sie den USB -Stick in ihren Laptop gesteckt hatte, erschien nur ein Ordner auf dem Bildschirm. Er trug den Titel ›Robin & Smith‹. Sie klickte ihn an.
»Dies ist mein Tagebuch, das einzige, das ich jemals geschrieben habe, deshalb bitte ich um Nachsicht. Ich schreibe es so gut ich kann, denn eigentlich bin ich es gewohnt, mich in Zahlen auszudrücken.
Die 1 ist eine fabelhafte Zahl,
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