Stirb, Schätzchen, Stirb
zusammen durchgehen? Ich habe nicht nur Kaffee, sondern auch jede Menge Zeit.«
Er hatte sie ausgebildet, dachte sie. Sie konnte sich daran erinnern, dass sie unzählige Male über schlechtem Essen und noch schlechterem Kaffee kniffelige Fälle mit ihm durchgegangen war. Er hatte sie gelehrt, bei ihren Ermittlungen zu denken, zu sehen und zu fühlen.
»Ich hätte nichts dagegen, aber ich wüsste nicht, weshalb ich deshalb die grässliche Brühe trinken soll, die es bei dir gibt. Gib mir lieber was von meinem Weihnachtsgeschenk ab.«
Sie warf ihm eine bunte Tüte auf den Tisch, und seine Augen fingen an zu leuchten wie die Lichter an einem Weihnachtsbaum. »Ist das etwa echter Kaffee? Hast du mir etwa echten Kaffee mitgebracht?«
»Es wäre ja wohl sinnlos, dir irgendeinen Ersatz zu schenken, wenn ich ihn selber trinken will.«
»Verdammt! Danke. He, mach die Tür zu, ja? Ich will nicht, dass irgendjemand Wind davon bekommt, dass es etwas so Feines bei mir gibt. Himmel, ich werde meinen AutoChef abschließen müssen, sonst fallen meine Jungs bestimmt wie die Heuschrecken über ihn her.«
Nachdem die Tür geschlossen war, trat er vor das Gerät, füllte den echten Kaffee ein und bestellte gleich zwei Tassen für sich und seinen Gast. »Weißt du, meine Frau versucht, mir zu Hause immer die entkoffeinierte Brühe anzudrehen. Genauso gut könnte ich einfach Leitungswasser trinken. Wohingegen das hier -«
Er atmete tief und lange durch die Nase ein. »Das hier ist wirklich guter Stoff.« Er drehte den Kopf und sah sie grinsend an. »Ich habe sogar noch ein paar Doughnuts hier. Habe sie unter Erbsensuppe eingegeben, damit keiner von den Jungs sie erwischt.«
»Das ist wirklich schlau.« Sie dachte an ihre eigene Mühe mit dem Schokoriegeldieb, der regelmäßig ihre Süßwarenvorräte stahl. Vielleicht sollte sie es mit Feeneys Methode probieren, überlegte sie.
»Weshalb glaubst du, dass die Zeugin Dreck am Stecken hat?«
Während er den Kaffee und die Doughnuts holte, klärte sie ihn auf.
Er hörte schweigend zu, nippte an seinem Kaffee und biss ab und zu in seinen glasierten Doughnut und verkrümelte dabei sein Hemd. »Es wäre doch wohl wahrscheinlicher, dass es der Sohn war, falls es ein Verbrechen innerhalb der Familie war. Blutsverwandte gehen nämlich schneller in die Luft. Vielleicht hat er die Frau mit reingezogen und sie unter Druck gesetzt. He, weißt du was, Schätzchen? Ich habe gerade Mama umgebracht. Deshalb musst du sagen, dass ich hier bei dir gewesen bin und geschlafen habe wie ein Baby.«
»So könnte es abgelaufen sein.«
»Aber auch Frauen untereinander können wie die Hyänen sein.« Er winkte mit dem Rest von seinem Doughnut und schob ihn sich genüsslich in den Mund. »Vor allem, wenn es Schwiegermutter und -tochter sind. Vielleicht war sie die Einmischung der Alten in ihr Leben einfach leid. Dann ist sie zu dem Sohn gelaufen. Oh, mein Gott, es gab einen fürchterlichen Unfall. Du musst mir helfen.«
»Das erklärt noch nicht die beabsichtigte Erpressung, die angebliche Entführung oder, dass Bobby im Krankenhaus liegt.«
»Doch, vielleicht. Vielleicht wollte einer von den beiden oder auch sie beide nichts mit der Erpressung zu tun haben, vielleicht hatte auch einer von den beiden es auf die ganze Kohle abgesehen. Vielleicht war die Entführung tatsächlich nur schmückendes Beiwerk. Dafür wäre sie allein verantwortlich. Vielleicht wollte sie die Geschichte damit einfach abrunden. Und vielleicht liegt das Motiv wirklich, wie du denkst, in der Vergangenheit. Wenn man als Kind in der Scheiße landet, bleibt immer etwas davon an einem kleben.«
Als sie dazu schwieg, starrte er in seinen Kaffee. Keiner von ihnen beiden ging auch nur mit einem Wort auf ihre eigene Kindheit ein.
»Du musst etwas gegen sie - oder gegen ihn - in die Hand bekommen. Etwas, womit du Druck ausüben kannst. Geh am besten wie bei einer Zwiebel vor.«
»Wie bei einer Zwiebel?«
»Ja. Schäl die verschiedenen Schichten nacheinander ab.«
Das Schälen der Zwiebel sollte ruhig Feeney übernehmen, dachte Eve.
Aber er hatte sie auf eine Idee gebracht.
Sie ging zu Dr. Mira und traf deren Sekretärin hinter ihrem Schreibtisch an. Sie ließ sich von leisen Weihnachtsmelodien berieseln und ging irgendeiner Arbeit nach. »Wie sieht es heute terminlich aus?«
»Wir haben nur sehr wenig zu tun. Ab zwölf haben wir zu. Sie hat gerade einen Ihrer Kollegen drin.« Die Sekretärin sah auf ihre Uhr. »Aber sie ist fast
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