Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Stirb schön

Stirb schön

Titel: Stirb schön Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Peter James
Vom Netzwerk:
Parklücke, nahm seine Tasche und zog mit Branson los.
    Es war kurz vor drei, und er hatte Magendrücken, weil er auf dem Rückweg von Derek Stretton zwei Krabbensandwiches, einen Mars-Riegel und eine Cola verschlungen hatte. Erstaunlich, dass er nach der schlimmen Begegnung überhaupt Appetit verspürt hatte und dann auch noch so gierig über das Essen hergefallen war – als wollte er sich selbst bestätigen, dass er noch lebte. Aber sein Magen rächte sich.
    Vom Kanal her wehte ein böiger, salziger Wind, der Himmel war bedeckt. Über ihnen kreisten krächzende Möwen, ein Maklerschild klapperte im Wind. Diese Gegend hatte er schon immer gemocht. Sie lag nah am Meer und besaß schöne alte Reihenvillen. Wenn man die Augen schloss, sich die Schilder und Sprechanlagen wegdachte und die Häuser in leuchtendem Weiß vorstellte, meinte man, reiche Londoner im Sonntagsstaat aus der Tür treten zu sehen. Vielleicht wollten sie gerade einen Badekarren aufsuchen oder in ein elegantes Café schlendern, über die Promenade bummeln oder die Annehmlichkeiten der Stadt genießen.
    Wie sehr sich die Stadt seit seiner Kindheit verändert hatte. Er konnte sich daran erinnern, wie die Pensionsbesitzerinnen diese Straßen beherrschten. Die Immobilienspekulanten hatten die Häuser in Appartements und billige Studentenbuden aufgeteilt, die ihre Schläger schickten, sobald jemand mit der Miete in Verzug geriet. Ging etwas kaputt, konnte man von Glück sagen, wenn es repariert wurde.
    Bisweilen fragte er sich, wie das Leben damals gewesen sein mochte, worauf ihm unweigerlich sein Vater einfiel, der ihm erzählt hatte, wie die Zahnärzte zu seiner Zeit den Bohrer per Fußpedal antrieben. Und er war trotz aller Nachteile der modernen Zeit auf einmal froh, im 21. Jahrhundert zu leben.
    »Ich wüsste gern, was du gerade denkst«, sagte Glenn Branson.
    »Ich mag diese Gegend.«
    Branson schaute ihn überrascht an. »Ehrlich? Ich finde sie eher schmuddelig.«
    »Du hast eben keinen Sinn für Schönheit.«
    »Diese Gegend erinnert mich immer an den Film Brighton Rock mit Dickie Attenborough als Pinkie.«
    »Ja, den kenne ich auch. Und hab den Roman gelesen«, trumpfte Grace auf.
    »Gab’s da auch ein Buch zu?«, fragte Branson überrascht.
    »Herrgott, aus welcher Höhle bist du denn gekrochen? Graham Greene, einer seiner berühmtesten Romane. Irgendwann in den vierziger Jahren erschienen.«
    »Das erklärt vieles, Oldtimer. Ist eben deine Generation.«
    »Hört, hört! Machst einen auf Filmexperte, aber tief im Herzen bist du ein Banause.«
    Branson blieb stehen und deutete auf ein mit Brettern vernageltes Fenster, die vom Salz zerfressene Farbe drum herum und den bröckelnden Putz. »Was soll daran bitte schön sein?«
    »Die Architektur. Die Seele des Ortes.«
    »Na ja, ich hab mal in einem Nachtklub gleich um die Ecke gearbeitet und nie ein Fitzelchen Seele entdecken können. Nur einen Haufen Hirnis auf Dope.«
    Sie erreichten den Polizisten vor der Haustür und zeigten ihre Marken vor.
    »Sie müssen in den zweiten Stock«, erklärte er hilfsbereit. »Treppenhaus und Zugänge wurden überprüft, man hat nichts von forensischer Bedeutung gefunden.« Er redet, als hätte er hier das Sagen, dachte Grace belustigt.
    Der Hausflur sah aus wie in den meisten billigen Mietshäusern. Verschlissener Teppichboden, Werbesendungen, verblasster Anstrich und abblätternde Tapete, Kohlgeruch, ein abgeschlossenes Fahrrad im Gang, die schmale, steile Treppe.
    Der Türrahmen war mit einem blau-gelb-weiß gestreiften Absperrband versehen. Grace und Branson holten ihre Schutzanzüge aus den Taschen und zogen sie samt Handschuhen, Überschuhen und Kapuzen an. Dann klopfte Branson an die Tür.
    Kurz darauf öffnete Joe Tindall, der genauso gekleidet war wie sie. Wenn Grace die Erkennungsdienstler bei der Arbeit sah, fühlte er sich stets an Filme erinnert, in denen Geheimdienstleute nach einer Invasion Außerirdischer das Schlachtfeld aufräumten. Und er kam einfach nicht über die Totalverwandlung seines Kollegen hinweg.
    »Mensch, Roy, wir treffen uns aber auch immer an besonders netten Orten, was?«
    »Ich verwöhne mein Team eben gerne«, entgegnete er grinsend.
    »Hab ich auch schon gemerkt.«
    Sie betraten eine kleine Diele, und Tindall schloss die Tür hinter ihnen. Eine zweite weiß verhüllte Gestalt kniete auf allen vieren und inspizierte die Sockelleisten. Daneben stand ein abgeschraubter Heizkörper. Wenn der Erkennungsdienst fertig war, würden

Weitere Kostenlose Bücher