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Stoff für viele Leichen

Stoff für viele Leichen

Titel: Stoff für viele Leichen Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Léo Malet
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doch! Manchmal meint man, noch einen
Hoffnungsschimmer zu sehen. Oder ein Wunder. Eine Fata Morgana, produziert von
einem erschöpften Hirn. Ich hob den Kopf; die Tür wurde weiter geöffnet, dann
stand eine weibliche Gestalt im Rahmen. Als die Frau das originelle
Uhrzeigermotiv sah, das Marion und ich bildeten, hob sie schnell ihre Hand an
den Mund, um einen Schrei zu unterdrücken. Dann schluckte sie ungläubig und
taumelte.
    „Um Gottes willen!“ flehte ich sie an. Fast
schluchzte ich. „Kippen Sie bloß nicht um! Dafür ist jetzt keine Zeit, mein
Schatz!“
     
    * * *
     
    „Großer Gott!“ flüsterte Hélène und kam näher.
    Sie hatte zwar den Mut aufgebracht, in die
Rumpelkammer zu gehen, wo sie irgendetwas vermutet hatte. Aber jetzt zitterte
sie wie Espenlaub. Sie konnte ihren entsetzten Blick nicht von der
Prostituierten in dem seltsamen Aufzug abwenden.
    „Großer Gott! Das ist ja schlimmer, als ich
dachte...“
    „Waren Sie auf eine Tragödie gefaßt?“
    „Ach, nein, ich... Sie... Marion? “
    „Ja.“
    „Ist sie...ist sie tot?“
    „Bei solch einem Büstenhalter bleibt einem die
Luft weg...“
    Die lange Stahlklinge steckte noch immer in der
Brust, zu tief drin, um rauszurutschen, selbst nicht nach den Turnübungen, die
ich der Leiche zugemutet hatte.
    „...Ja, sie ist tot. Aber ich war’s nicht. Ich
war nur mit ihr eingeschlossen. Der Schlüssel war im Zimmer, ich war’s aber
trotzdem nicht.“
    „Und dieses... diese Stachel...“
    „Kostüm für die Sadomaso-Nummer. Wenn wir hier
heil rauskommen, geb ich Ihnen einen aus.“
    „Vielen Dank. Also los, Chef, kommen Sie! Wir
müssen hier weg!“
    „Das sag ich mir auch schon die ganze Zeit.
Weiter komm ich aber nicht. Sie müssen das Denken übernehmen, Hélène. Nestor
ist fix und fertig. Schauen Sie mal...Sie haben noch nicht alles gesehen...“
    Ich zeigte ihr, daß ich an die Leiche gekettet
war.
    „...Die Taxifahrer mögen Gepäck sowieso schon
nicht. Und dann so was hier... Hab versucht, sie loszuwerden. Fehlanzeige!
Versuchen Sie mal Ihr Glück, meine Liebe. Sie haben beide Hände frei. Man
sollte die Kette durchschießen, aber das wär vielleicht etwas laut. Ich...“
    „Halten Sie den Mund.“
    Sie hockte sich hin. Ihr Rock fegte über den
staubigen Boden. Sie nahm eine Nagelfeile aus ihrer Handtasche und machte sich
an meiner Eisenfessel zu schaffen, was ein wenig lächerlich wirkte; sie
versuchte nämlich, ihren Blick von der nicht zu übersehenden Leiche abzuwenden.
Die Nagelfeile ging natürlich sofort kaputt. War ja auch für zivilisierteren
Gebrauch bestimmt. Ich suchte meinen Revolver.
    „Also los“, sagte ich. „Dann eben mit Krach. Ich
glaube, daß... “
    „Halten Sie den Mund“, wiederholte Hélène.
    Nervös biß sie sich auf die Lippen und blickte sich
suchend in dem Raum um. Dann ging sie in die Ecke, wo der Sand für den zivilen
Luftschutz lag, und fing an, darin zu wühlen. Plötzlich stieß sie einen
Freudenschrei aus. Sie kam mit einer alten Zange zu mir zurück, die zwar
verbogen und locker, aber durchaus noch zu gebrauchen war. Diese Ketten und
Handschellen sind nicht gerade aus hartem Stahl. Taugen eben nur für sexuelle
Ausschweifungen.
    „Ich bin ja ganz schön intelligent“, versuchte
ich einen Witz. „Gehe zu einem Rendezvous zum Freundschaftspreis, ohne mir
träumen zu lassen, daß ich in dem Puff gesehen worden bin und mir eine Falle
gestellt werden könnte. Laß mich sogar zweimal reinlegen. Mach ‘ne Kutschfahrt,
mit ‘ner Leiche als Kutsche. Denke an alles Mögliche, aber nicht an so was wie
diese Zange. Vielleicht bin ich auch zu intelligent. Eine Zange, die Idee ist
zu einfach, eines Genies wie Nestor Burma nicht würdig.“
    „Halten Sie doch endlich mal den Mund“, befahl
mir Hélène noch einmal. „Mir gefällt Ihre Stimme nicht. Man könnte meinen, Sie
phantasieren.“
    „Gut möglich. Ich bin wenigstens auf zwei Arten
betäubt worden. Zum Glück ist Nestor nicht kleinzukriegen. Das muß am Alkohol
und am Tabak liegen. Diese beiden Gifte machen immun gegen andere.“ Sie sah
mich flehend an, und ich hielt die Klappe. Die Zange in den sanften, zarten
Händen meiner Sekretärin vollbrachten das Wunder. Ich verlor zwar etwas Fell
bei der Operation, aber die Eisenfessel gab endlich nach.
    „Und jetzt nichts wie weg“, sagte Hélène.
    Ich betrachtete die sterblichen Überreste der armen
Marion.
    „Wir müssen sie noch abschminken“, sagte ich.
    „Sie phantasieren schon

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