Stoff für viele Leichen
nicht
ausnutzen? Ich hatte es mit einer Erpressung zu tun. Ganz langsam schoß ich
mich auf den Fall ein. Er seufzte: „Aber warum sollten Sie ihm davon erzählen?“
„Beruhigen Sie sich. Ich tu’s ja nicht...wenn
Sie mir helfen. Ich habe allen Grund anzunehmen, daß Monsieur Lévyberg einen
Flic engagiert hat...“
„Einen Flic?“
Monsieur Bonfils versank abgrundtief in
Grübeleien. Er senkte den Kopf, nahm den Knopf aus seinem Ohr, wohl um besser
nachdenken zu können — es war völlig still — und betrachtete das Hörgerät, als
wollte er bei dem Ding Rat suchen.
„Einen Privatdetektiv natürlich. Keinen von der
Tour Pointue.“
„Was will er denn mit einem Privatdetektiv?“
fragte er sich und steckte den Knopf wieder ins Ohr. „Und ich soll Ihnen
darüber berichten, ja?“
„Nein. Ich will nur den Namen meines Kollegen
wissen. Und Sie sollen ihn rauskriegen.“
„Ich kann ihn doch nicht so geradeheraus danach
fragen.“
„Das ist Ihr Problem. Möglich, daß ich den Namen
vor Ihnen erfahre, aus einer anderen Quelle. Aber ich will alle Trümpfe bei dem
Spiel einsetzen.“
„Bei welchem Spiel?“
„Berufsgeheimnis.“
Lächelnd zuckte er die Achseln:
„Mir scheint, Sie sind mit allen Wassern
gewaschen. Gut. Wann seh ich Sie?“
„Rufen Sie mich an, wenn Sie was gefunden haben.
Mein Name steht im Telefonbuch. Auf Wiedersehen, Monsieur Bonfils.“
Im Korridor stieß ich mit Esther zusammen, die
aller Wahrscheinlichkeit nach an der Tür gelauscht hatte. Sie war ja nicht
schwerhörig. Ich warf ihr ein kurzes Adieu zu und machte, daß ich fortkam,
bevor René Lévyberg meine Anwesenheit in seinem Herrschaftsbereich bemerkte.
In der Agentur traf ich Reboul und Hélène. Sie
standen über den Sammelband der Bonne
Nouvelle gebeugt und schienen sehr aufgeregt.
„Und?“ fragte ich. „Haben Sie Dolivets Spur
gefunden?“
„Nein“, antwortete der Einarmige und richtete
sich wieder auf.
„Vielleicht hat Zavatter... Bei mir war
jedenfalls überall Fehlanzeige. Nicht ganz, immerhin. Bin zufällig auf was
Seltsames gestoßen... Hier, sehen Sie mal! Sie interessieren sich doch für
Lévyberg...“
Er forderte mich auf, mir eine bestimmte Seite
von Lemeuniers Blättchen genauer anzusehen. Zwei Fotos von wirtschaftlich nicht
eben schlecht gestellten Persönlichkeiten lockerten einen kleingedruckten Text
auf. Einer der Herren, mit Monokel, hieß Hubert Raucher (ständiger Wohnsitz in
Paris, dazu ein Landsitz für den Sommer). Der andere war Eugène
Maireaux (Paris, Place Gaillon; Evian, Rue du Lac).
„Der hier ist eine Reise wert“, sagte Reboul und
zeigte anklagend auf eins der Fotos.
Allerdings. Etwa sechzig. Sah aus wie ein Notar.
Und weil er leicht nach außen schielte, was die dicken Gläser nicht ganz
ausgleichen konnten, sogar wie ein windiger Notar. Einer von diesen officiers ministériels , die mit einem Auge auf den Zaster des Klienten schielen, während das andere die
Entfernung zu den erlaubten Grenzen abschätzt.
Ich las den Artikel.
Er bestand im wesentlichen aus einer Aufzählung
der Firmen und Konsortien, an denen die neureichen Herren Eugène Maireaux und
Hubert Raucher (Esther hatte Namen und Eigenschaft genannt) gemeinsam beteiligt
waren. Apropos Geld wie Heu: in dem Artikel war die Rede von einer möglichen,
nahe bevorstehenden Rivalität zwischen ihnen und Berglevy. Seit einiger Zeit, schrieb einer
von Lemeuniers Leuten, wirft René
Lévyberg seine Netze aus und beansprucht alle Fangrechte für sich...
„Und?“ fragte ich. „Bringt uns das weiter?
Raucher und Maireaux stehen zusammen mit noch einigen anderen Namen in Ihrem
Bericht über Lévyberg, Abschnitt Konkurrenten beim Kauf des Méridien ‘. “
„Aber nicht der Name Jérôme Barthe.“
„Jérôme Barthe?“
„Dieser Maireaux nennt sich bei Gelegenheit auch
Jérôme Barthe.“
„Bei welcher Gelegenheit?“
„Wenn er sich inkognito an einen Privatdetektiv
wendet, zum Beispiel.“
„Lassen Sie hören!“
„Neulich hab ich mir die Sammelbände angesehen.
Dabei hab ich mir dieses Gesicht besonders gemerkt. Ziemlich auffallend, nicht
wahr?“
„Sehr auffallend, ja. Mit dem Gesicht kann man
ein Überschallflugzeug in der Luft anhalten.“
„Während unserer Nachforschungen über Lévyberg
hab ich zufällig von diesem Mann gehört und auch sein Bild in vertraulichen
Berichten gesehen. Und heute... Ich war bei unserem Kollegen Antoine Richard,
war gerade dabei, seine Sekretärin auszuhorchen. In
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