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Stoff für viele Leichen

Stoff für viele Leichen

Titel: Stoff für viele Leichen Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Léo Malet
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dem Augenblick kam dieser
Maireaux zusammen mit Richard aus dessen Büro. Natürlich hab ich ihn sofort
wiedererkannt. Er stellte noch mal klar: ,Wenn Sie mich anrufen, nicht
vergessen: Jérôme Barthe, klar? Jérôme. Mein Bruder Edouard ist nämlich mein
Partner. Aber das hier ist meine Privatangelegenheit.’ — ,Auf Wiedersehen,
Monsieur Barthe’, sagte Richard. Ich dachte mir, vielleicht wollten Sie das
genauer wissen. Edouard Barthe ist laut Telefonbuch Rechtsberater, Rue du 4
Septembre.“
    Ich klopfte meine Pfeife aus.
    „Hm...“ machte ich. „Dieser Maireaux ist
vielleicht nur ganz einfach ein betrogener Ehemann. Macht nichts. Wir warten
auf Zavatter und gehen alle drei zu Richard, um ihn zu fragen, worum’s sich
dreht. Sonst können wir im Augenblick nichts machen.“
    Unverrichteterdinge, was Dolivet betraf, kam
Roger Zavatter wieder. Wir drei Chorknaben gingen zu Richard. Mein Kollege
hatte sein Büro ganz in meiner Nähe, in der Rue de Choiseul, mit Blick auf den Crédit Lyonnais. Richard war nicht
da. Wir warteten, trotz der Märchen seiner blonden Stenotypistin. Endlich kam
er.
    „Sieh an, Nestor Burma! Salut!“ rief er mit
gespielter Fröhlichkeit. „Was machst du denn hier? Salut, Jungens. Gleich ‘ne
ganze Delegation?“
    „Wir suchen Arbeit“, sagte ich.
    „Red keinen Quatsch.“
    „Ich red nie Quatsch. Gehen wir in dein Büro.“
    Dort fühlten wir uns gleich wie zu Hause.
    „Der da“, sagte Antoine Richard und zeigte auf
Reboul, „war heute morgen schon hier. Ist Hortense auf den Wecker gefallen. Die
Agentur Fiat Lux macht das wohl serienmäßig, seh ich das richtig?“
    „Jawohl. Jérôme Barthe.“
    Sein zermatschtes Boxergesicht verfinsterte
sich.
    „Was ist los mit Jérôme Barthe?“
    „Einer deiner Klienten. Ein reicher Herr, der
dich mit einem Fall beauftragt hat. Worum geht’s dabei?“
    „Was geht dich das denn an?“
    „Das ist nichts für dich, Richard. Ich werd mich
drum kümmern.“
    „Nun sieh sich das einer an: Suchen Arbeit und
wollen einem Freund das Brot vom Teller klauen.“
    „Drei Fehler, du miserabler Detektiv: Ich such
keine Arbeit. Ich bin nicht dein Freund. Und ich will dir nicht das Brot vom
Teller klauen. Der Klient hat dich doch bezahlt, oder?“
    „Wenn er mir einen Fall anvertraut, hat er das
wohl gemacht.“
    „Du behältst das Geld, und ich tu die Arbeit für
dich.“
    Er überlegte kurz.
    „Gut“, sagte er schließlich. „Wenn das so ist...
Sieht aber aus wie ein Nestor-Trick.“
    „Ein Grund mehr, die Finger davonzulassen.“
    „Jetzt reicht’s aber! Solange du die Finger vom Geld läßt...“
    „Keine literarischen Anspielungen. Was will er,
dieser Jérôme Barthe?“
    „Einen jungen Journalisten aufspüren, der sich
plötzlich in Luft aufgelöst hat.“
    Er zwinkerte mir zu, anzüglich und zweideutig,
sehr vielsagend. Ich sagte nichts, dachte mir nur meinen Teil. Vielleicht hatte
er recht, und ich vergeudete meine Zeit. Aber jetzt konnte ich nicht mehr
zurück; außerdem zählte dieser Barthe-Maireaux zu Lévybergs Feinden, das durfte
man nicht vergessen...
    „Ruf ihn an und sag ihm, daß ich den Fall
übernehme“, sagte ich.
    Er wählte eine Nummer.
    „Hallo! Kanzlei Barthe, Rechtsberater? Monsieur
Jérôme Barthe, bitte... Aha! ... Ja.. “
    Richard gab seine Telefonnummer durch und legte
auf.
    „Er ist nicht da“, erklärte er. „Er ruft mich
an.“
    Wir warteten. Endlich klingelte es. Richard hob
ab. Ich nahm den Zweithörer.
    „Haben Sie schon was? Glückwunsch!“ sagte die
ungeduldige Stimme eines älteren Herrn am anderen Ende.
    „Nein, Monsieur Barthe“, antwortete mein Kollege
unterwürfig. „Ich wollte Ihnen nur sagen... äh... also...“
    Er tischte ihm eine mehr oder weniger glaubhafte
Lüge auf, um seinen Verzicht zu meinen Gunsten zu erklären.
    „Mein Freund, Nestor Burma... sehr bekannt, sehr
tüchtig... kein schlechter Tausch für Sie...“
    „Ist mir eigentlich gar nicht recht“, sagte der
angebliche Monsieur Barthe. „Das kostet alles Zeit. Na ja... Dann werd ich mich
sicher wohl mit diesem Herrn in Verbindung setzen?“
    „Ja. Sie erklären ihm am besten selbst, worum es
geht. Soll ich ihn zu Ihnen schicken?“
    „Nein, nein. Nicht nötig. Geben Sie mir seine
Adresse.“
    „Er ist gerade in meinem Büro.“
    „Gut, ich komme.“
    Richard legte auf.
    „Verschwinden Sie“, sagte ich zu Reboul und Zavatter.
„Er muß uns hier nicht zusammen sehen. Das könnte ihn mißtrauisch

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