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Stolen Mortality

Stolen Mortality

Titel: Stolen Mortality Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Jennifer Benkau
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seinem Bruder konnte auch die Unsterblichkeit nichts ändern. Nie.
    Problematischer würde sich das ausbleibende Altern für alle anderen entwickeln. In wenigen Jahren wäre er bereits dazu verdammt, ein Leben in Finsternis zu führen; die Menschen zu meiden und versteckt zu existieren wie scheues Getier. Denn auch wenn Menschen unaufmerksam und leichtgläubig waren – niemand von ihnen würde lange ignorieren, dass Jamian Bryonts nicht mehr alterte. Die Stadt oder gar das Land verlassen konnte er nicht. Sein Erbe band ihn an Glen Mertha und der einzige Weg hinaus führte in den Senat oder in ein Dasein als wandernder Jäger. War es eine Option , zum Vampirkiller zu werden, der ohne eine Frage und ohne eigene Meinung die Abschusslisten des Senats abarbeitete? Nee, da war ihm selbst die Hölle lieber.
    Wie viele Jahrzehnte wohl vergehen müssten, ehe er erneut ein paar Jahre menschliches Leben führen konnte , ohne jemandem über den Weg zu laufen, der ihn wiedererkannte? Sechzig Jahre oder siebzig bestimmt. In den Zeiten digitaler Fotos, Internet und über Jahrhunderte sicher archivierter Daten war Unsterblichkeit ein ernstes Problem. Er sinnierte darüber, wie lange sich siebzig Jahre anfühlen würden, und was danach noch von ihm selbst übrig wäre. Er entwickelte sich ja jetzt schon langsam , aber sicher , zum Soziopathen. Ob er in der Zukunft überhaupt noch ein menschliches Leben führen wollte?
    Vor dem nächsten Supermarkt hielt er auf dem Parkplatz und ließ das Fenster hinunter. Abgase vieler Fahrzeuge schwängerten die milde Sommerluft. Ein paar Rentner und Hausfrauen mit Kleinkindern auf den Hüften nutzten den Vormittag, um ihre Einkäufe zu erledigen. Es war nicht viel los. Sein Blick erfasste jede vorbeigehende Person abschätzend.
    Eine junge Frau, wenige Jahre älter als er, fiel ihm ins Auge. In langen, eleganten Schritten schwebte sie in Richtung Eingang, die blonden Haare schwangen um ihre Schultern. Sie lächelte ihm zu, als sie am Mini vorbeiging und seinen Blick traf. Trotz der Schmerzen fiel es ihm leicht, das Lächeln zu erwidern; er deutete ein kaum wahrnehmbares, anerkennendes Nicken an und sah, wie angenehm ihr der kleine Flirt war. Sie fielen alle auf ein nettes Lächeln herein. Es war so leicht, dass er es inzwischen hasste, zu lächeln. Es sollte nicht leicht sein, Menschen ihre Lebensenergie zu stehlen. Man sollte zu solchen Zwecken nicht lächeln.
    Nachdem sie das Geschäft betreten hatte – nicht , ohne sich noch einmal umzudrehen - , startete er den Motor und fuhr zügig um den Supermarkt herum. Er bremste an einem abgelegenen Teil des Parkplatzes nahe dem Personaleingang und wartete auf den ersten Menschen, der an ihm vorbeiwollte . Die Blonde war zu schade, um sie sofort in eine Ohnmacht zu reißen, wenn er ihre Kraft nahm. Wenn er etwas Ablenkung wollte, brauchte er zunächst einen anderen Menschen, um sich bei ihr ausreichend zu beherrschen.
    Nur wenige Minuten vergingen, ehe sich Schritte näherten. An dem raschen Absatzklappern erkannte er, dass es eine Frau war. Sie war in Eile. Vielleicht war sie in Sorge, zu spät zu kommen. Sie würde sich definitiv verspäten.
    Jamian stieg aus, bevor sie um die Ecke des Gebäudes gestürmt kam. Er musste sich kurz an der Wand abstützen, konnte sich kaum noch aufrecht halten, denn das Brennen wurde durch die Bewegung noch intensiver durch seine Adern getrieben. Sein Herz pumpte schwerfällig. Ein Blick in seine dunklen Augen im Rückspiegel hätte ihm verraten müssen, wie wenig Kraft ihm noch geblieben war, doch er hatte kaum darauf geachtet.
    Er musste vor Schwindel kurz die Lider schließen, sein Atem ging stoßweise, fing sich in der Kehle, statt in seine Brust vorzudringen.
    „ Geht’s Ihnen nicht gut?“, fragte die Frau, als sie auf etwa drei Meter an ihn herangekommen war. Ihre Stimme verriet leichte Furcht vor dem schwankenden jungen Mann mit der blassen Haut und den zerzausten Haaren. Vermutlich hielt sie ihn für betrunken. Sie wäre bestimmt lieber in einem großen Bogen um ihn herum gelaufen, aber der schnellste Weg zu ihrer Stempeluhr führte an ihm vorbei. Er roch Adrenalin unter ihrem Pfirsichdeodorant .
    „Gleich wieder!“ Jamian schlug die Augen auf, sah sofort die Angst in ihren aufblitzen, als sie seinen gierigen Blick registrierte. Im gleichen Moment stand er unmittelbar vor ihr, presste seine Hände um ihre Oberarme und drückte ihren Rücken an die Wand. Sie kreischte auf, als er ihr die Jacke von der linken

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