Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Stollengefuester

Stollengefuester

Titel: Stollengefuester Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Marijke Schnyder
Vom Netzwerk:
auf.
    »Wenn ich dran denke, wie viel Geld und Zeit das kostet, dann beschleunige ich damit höchstens meinen natürlichen Alterungsprozess. Ich will nicht, dass sich die Falten vorzeitig über mich und mein ganzes Leben legen. Ich gedenke, diesen unausweichlichen Prozess mit Würde über mich ergehen zu lassen.«
    »Und wie alt bist du?«
    »Von jetzt an 45. Für immer. Hast du verstanden?«
    »Verstanden. Und ab wann genau beginnt das mit der Würde?«
    »Ab sofort. Du gewöhnst dich am besten jetzt schon dran.«
    Nino schüttelte den Kopf. »Mona spinnt auch jedes Mal, wenn sie aus der Kosmetik zurückkommt. Dass es bei dir genau gleich ist, habe ich noch nicht gewusst.«
    Nore Brand antwortete nicht. Sie ignorierte seine Bemerkung.
    Das mit der Würde hatte in ihrem Fall vermutlich gerade angefangen.
    »Und was hast du über die Witwe erfahren? Trauert sie?«
    »Worauf würdest du tippen?«
    »Eher nicht. Ich weiß nicht, ob so ein Lackgorilla wie der Hoteldirektor einer war, Trauer hinterlassen kann.«
    Nore Brand schaute ihn nachdenklich an.
    »Isabelle, so heißt die Hauskosmetikerin der Witwe, weiß, dass sich im Hotel nichts ändern wird.«
    »Die Witwe wird also Direktorin?«
    »Es wäre interessant, etwas über die Besitzverhältnisse des Hotels zu wissen. Und du? Hast du dich mit unserer neugierigen Nachbarin unterhalten?«
    In dem Augenblick klopfte es heftig ans Fenster.
    Sie zuckten zusammen.
    Man sah nichts. Die Scheiben waren angelaufen.
    Da machte sich jemand an der Schiebetür zu schaffen.
    »Ist da jemand drin?«, rief eine Männerstimme.
    »Unser Freund Bucher«, murmelte Nore Brand erleichtert.
    Sie riss die Schiebetür auf und lehnte sich aus dem Bus.
    Da stand er.
    »Frau Brand«, sagte er, »gut, Sie sind gekommen. Am besten erkundigen Sie sich in Matten auf dem Flugplatz nach Hene Hari. Er heißt Heinz, aber hier ist er für alle Hene. Er ist speziell. Erschrecken Sie nicht, wenn Sie ihm gegenüberstehen. Nur das wollte ich Ihnen noch sagen. Sonst hat Elsi Ihnen alles schon mitgeteilt. Ich muss gehen. Habe im Büro zu tun. Sie wissen ja.«
    Er schien es eilig zu haben. Er wandte sich zum Gehen.
    »So warten Sie doch, bitte!«
    »Was ist?«
    »Wo ist der Direktor abgestürzt?«
    Er kratzte sich am Kinn. Was sollte das jetzt wieder?
    »Das wissen Sie doch?!«
    »Ich habe eine Vermutung, aber das bringt jetzt auch nichts mehr, oder?«
    »Ist die Stelle wirklich gefährlich?«
    »Nein. Da muss einer schon viel gesoffen haben, wenn er dort das Gleichgewicht verliert.«
    Sie dachte einen Augenblick nach.
    »Dann hat jemand nachgeholfen.«
    »Ist mir auch schon in den Sinn gekommen.«
    »Ist es möglich, dass man dort Fußspuren findet?«
    »Weiß nicht. Wir hatten ein bisschen Regen in den letzten Tagen.«
    Sie schaute zum Himmel hinauf. Er war schwer und grau.
    »Und morgen Abend schneit es tief hinunter, dann können wir warten bis nächsten Frühling, und ein Gauner lacht sich ins Fäustchen.«
    »Was spielt das für eine Rolle? Einer mehr auf dieser Welt, und der Direktor war eh ein Schlawiner.«
    Nore Brand schaute ihn an.
    »Wenn wir den Mörder finden, dann haben wir einen ganz großen Fisch gefangen.«
    Er schaute sie misstrauisch an.
    »Ich weiß das«, sagte sie.
    »Und woher, wenn ich fragen darf?«
    »Mit den Jahren bekommt man ein Gefühl dafür. Das brauche ich Ihnen sicher nicht zu erklären. Kennen Sie die Geschichte von Aschenputtel?«
    Er brummte etwas Unverständliches. Dann nickte er ihr zu, schwang sich auf sein Velosolex und ratterte davon.
    Nore Brand schaute ihm nach. Sie hatte eine kleine mentale Zeitbombe gelegt. Sie tickte bereits heftig in seinem Gehirn. Er würde sich den Auftrag selber geben; seine letzte große Mission.
    Bucher wurde klein und kleiner in der Ferne und plötzlich verschwand er zwischen den Häusern des Dorfes.
    Mit einem Schwung zog sie die Schiebetür von innen wieder zu. Der Knall war ohrenbetäubend.
    Sie zwängte sich auf den Fahrersitz.
    »Hoffentlich hat niemand gesehen, dass Bucher uns mit einem Besuch beehrte.«
    »Kaum. Aber hör mal, ich gebe mir Mühe, dass es hier drin ein bisschen warm wird, und du plauderst einfach so die längste Zeit bei offener Tür.«
    Er saß auf dem Rücksitz, die langen Arme eng um den Körper geschlungen.
    »Entschuldige.«
    Es war wirklich wieder kalt im Bus. Eiskalt. Unter null bestimmt.
    »Aber ich habe Bucher eine Mission eingepflanzt.«
    »Mission? Was heißt das?«
    »Ich fresse einen Besen, wenn der

Weitere Kostenlose Bücher