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Stollengefuester

Stollengefuester

Titel: Stollengefuester Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Marijke Schnyder
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Direktor allein unterwegs war. Man müsste Fußspuren finden. Aber wir beide kennen die Gegend nicht. Und man darf uns nicht sehen. Bucher wird die Fußspuren suchen.«
    »Du denkst, dass er sich dazu aufrafft?«
    Nore Brand schaute in den Rückspiegel und nickte.
    »Ja, das wird er. Ende Jahr wird er pensioniert. Dann schließt man seinen Posten. Bucher hinterlässt sozusagen keine Lücke. Das heißt für ihn, dass er all die Jahre hindurch eine Arbeit gemacht hat, die eigentlich überflüssig ist. So etwas macht doch jeden fertig. Aber Bucher stellt sich nochmals auf die Hinterbeine, das habe ich in seinen Augen gesehen. Der hat seinen Stolz. Er will sich einen starken Abgang verschaffen.«
    Bucher hatte das verdient. Auch Bastian Bärfuss hielt Bucher im Grunde für einen guten Mann.
    »Dass man seinen Posten gleichzeitig mit seiner Pensionierung schließt, ist doch der Hammer. Oder?«
    »Deshalb servierst du ihm so, dass er zum Schluss noch einen so richtig draufhauen kann!«
    »Ja.«
    »Du bist deiner Sache sicher.«
    »Wer immer sich vor einem Jahr darüber gefreut hat, dass wir völlig absorbiert waren mit den drei Mordfällen, hat es diesmal etwas weniger leicht.«
    »Armer Kerl! Wer immer es ist.«
    »Aber vorläufig gehen wir auf leisen Sohlen.«
    »Klar«, Nino Zoppa lachte leise, »so diskret wie jetzt waren wir noch nie zusammen unterwegs!«
    Der Platz lag leer, wie ausgestorben. Aus dem offenen Fenster der Camping-Verwaltung ertönten Radio-Nachrichten.
    »Komm, wir besuchen Hene. Bucher weiß immer sehr genau, mit wem man sprechen muss. Erinnerst du dich, als er mich damals zu Elsi Klopfenstein schickte?«
    »Und was ist, wenn Hene ein Bösewicht ist? Er sei speziell, meint Bucher. Was heißt ›speziell‹? Dass wir uns vor ihm fürchten müssen?«
    »Das werden wir gleich erfahren. Würdest du jetzt bitte für einen Moment den Bus verlassen, damit ich die Skiunterwäsche anziehen kann?«
    »Seit wann hast du Skiunterwäsche? Du hast ja noch nicht einmal ein Paar Ski …«
    »Die ist von Jacques. Er braucht das Zeug nicht für seine Arbeit. Er schläft in warmen und weichen Hotelbetten, im Unterschied zu mir.«
    Nino Zoppa schaute sie an. »Jacques fährt Ski?«
    »Sogar sehr gut, glaube ich.«
    Nino Zoppa staunte.
    Er mochte Jacques nicht. Deshalb beeindruckte es ihn auch nicht, dass er sportlich war.
    »War er sehr enttäuscht, dass du nicht mit ihm gegangen bist?«
    »Ja. Wir sehen uns doch nur an den Wochenenden.«
    »Vermisst du ihn?«
    »Ja, was meinst du denn? Aber ein bisschen Sehnsucht tut immer gut.«
    »Das wäre nichts für mich«, sagte Nino, stieg aus dem Bus und schmiss die Türe hinter sich zu.

Ein Riese namens Hene Hari
     
    Nach einigen Irrfahrten über Seitenwege fanden sie den Flugplatz.
    Auf dem Vorplatz eines Hangars stand ein Düsenjäger.
    Nore Brand stieß einen überraschten Laut aus.
    »Hast du gewusst, dass diese Flugzeuge so klein sind?«
    »Das sind Düsenjäger und keine Transportflugzeuge. Hast du etwa einen Airbus erwartet? Das sind Kampfjäger. Die müssen wendig sein und schnell«, sagte Nino Zoppa großspurig. »Das ist ein Hunter!«
    »Ein Hunter?«
    »Das waren mal die Kampfjäger unserer Armee. Venom, Hunter und Vampire. Nie davon gehört? Leider hat man sie ausgemustert. Und hier sind einige davon übrig geblieben. Für Flugschauen und so. Hier war eine Fliegerkompanie stationiert. Für den Ernstfall.«
    Es war nie dazu gekommen. Man hatte sich nie bewähren müssen in einem kriegerischen Ernstfall. Erstaunlicherweise kam es vor, dass dies bedauert wurde. Samson war traurig, dass er seine Kräfte nie hatte erproben können. Nicht die Tonsur, sondern die Pflicht zur Neutralität hatte ihm die Hände gebunden. Die angestaute gewaltige Energie hatte er nach innen gerichtet: Er führte einen Kampf gegen die Berge, indem er sie aushöhlte.
    Nore Brand wandte sich ab. Sie war enttäuscht. Diese Düsenjäger sahen harmlos aus, wie angriffslustige Riesen-Insekten aus Blech. Sie hatte sich diese Apparate riesig und furchterregend vorgestellt.
    Aus dem Hangar ertönte ein metallenes Geräusch.
    Plötzlich tauchte ein Riese auf.
    Sie hatte eben an Samson gedacht und jetzt stand er vor ihr. Nore Brand schluckte leer. Das also meinte Polizist Bucher mit ›speziell‹.
    Das musste Hene Hari sein. Ein Schwingerkönig. Die buschigen Brauen zogen sich wie eine dunkle Brücke über seine Stirn, die Augen hatte er zu einem forschenden Blick zusammengezogen. Ein Zyklop aus den

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