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Stolz und Verlangen

Stolz und Verlangen

Titel: Stolz und Verlangen Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Sylvia Day
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verursachten.
    »Heute ist so ein schöner Tag«, schimpfte sie, während sie die Post auf einen der langen, schmalen Labortische warf und anschließend rasch zur Fensterfront hinübereilte. Sie zog die Vorhänge auf, öffnete dann nacheinander die Fensterriegel und schob die Fenster nach oben.
    »Viel zu hell«, brummte Seine Lordschaft und blinzelte wie eine alte Eule.
    »Sie brauchen Sonnenlicht. Wir Menschen sind keine Pilze, die an schattigen Plätzen gedeihen.«
    »Pilze!« Er schnippte mit den Fingern. »Brillant, Eliza.«
    Melville ging an seinen Schreibtisch und begann etwas zu schreiben.
    Eliza holte sich einen der Stühle, die an einem Tisch standen, der mit verschieden großen Glasröhrchen und Flaschen beladen war. Dann blies sie die umstehenden Kerzen aus, die nun, da das Sonnenlicht den großen, unordentlichen Raum erhellte, nicht mehr nötig waren. Die Glasbehälter mit den bunten Flüssigkeiten warfen farbige Streifen auf den Boden. In diesem Moment ließ sich erahnen, weshalb Melville so fasziniert von den Geheimnissen war, die er erforschte.
    Erst als Mrs. Potts mit dem Teetablett hereinkam, schien sich Seine Lordschaft wieder darauf zu besinnen, dass er einen Besucher hatte.
    »Oh, Eliza!«, rief er und kratzte sich am Kopf. »Entschuldige bitte.«
    Eliza lachte leise. »Ach, schon gut.«
    Sie genoss diese stillen Momente mit ihrem Onkel. Er war der einzige Verwandte, den sie noch hatte, und sie schätzte es, dass er besinnliche, ruhige Momente nicht mit oberflächlichem Geplauder auszufüllen suchte. Sie musste nicht alles, was sie sagte, genau überlegen oder ihre Sätze so kunstvoll drechseln, dass die Bedeutung hinter der Form verschwand.
    Sie stand auf, ging zum Teeservice und begann, den Tee vorzubereiten.
    »Montague hat mir heute einen Besuch abgestattet«, sagte Melville.
    »Ach?« Sie hob die Brauen. »Warum bereitet mir das ein ungutes Gefühl?«
    »Weil du weißt, weshalb er gekommen ist. Er hat um die Erlaubnis gebeten, um deine Hand anzuhalten.«
    Unwillkürlich keuchte Eliza auf. »Hat er einen Grund genannt, warum er der Ansicht ist, ich würde seinen Antrag willkommen heißen?«
    »Ganz im Gegenteil. Er brachte unmissverständlich zum Ausdruck, dass du ihn unter all deinen Verehrern zwar als einen der annehmbarsten erachten würdest, aber nicht geneigt seist, ihn zu heiraten.«
    Sie lächelte. »Und dennoch hat er bei Ihnen vorgesprochen.«
    »Er war besorgt wegen eines Vorfalls, der sich gestern in der Royal Academy ereignet hat. Man munkelt, dass dieser Unfall in Wahrheit gar kein Unfall gewesen ist.« Seine Lordschaft nahm von Eliza eine Tasse mit Unterteller entgegen. »Warum hast du mir nichts davon erzählt?«
    »Ich sah keinen Grund, warum ich Ihnen unnötig Sorgen machen soll«, erklärte sie. »Es war ein unliebsamer Zwischenfall, doch es ist niemand zu Schaden gekommen.«
    Melville sah sie scharf an. »Du hast einen Privatdetektiv engagiert, weil du dich bedroht fühlst, und trotzdem misst du diesem ungeheuerlichen Vorfall keinerlei Bedeutung bei?«
    »Weil diese Sache so sensationell war, dass ich sie nicht mit den anderen Vorfällen in Beziehung setzen kann«, argumentierte sie. »Sicher, ich hätte getötet werden können. Und wem wäre damit gedient? Außerdem war der Ort viel zu auffällig; ein potenzieller Täter hätte damit rechnen müssen, ertappt zu werden. Nein, es passt nicht zu den anderen Vorkommnissen.«
    »Wie auch immer, ich habe Montagues Gesuch jedenfalls bewilligt.«
    Eliza kannte diesen Ton; Melville war fest entschlossen. »Das habe ich fast vermutet.«
    »Mein Alter schreitet voran. Ich möchte, dass du jemanden hast, der sich um dein Wohlergehen kümmert, jemanden, dessen Loyalität nicht mit Geld erkauft ist.«
    »Ich kann für mich selbst sorgen.« Mithilfe einer Silberzange bereitete sie für ihren Onkel einen Teller zu, drapierte kunstvoll fein geschnittene Schinkenstreifen um ein frisch gebackenes Scone.
    »Indem du jemanden für deinen Schutz einstellst.«
    »Eine Ehe mit Montague wäre im Grunde das Gleiche«, wandte sie ein.
    »Aber mit Kindern und einer dauerhaften Beziehung. Ganz zu schweigen von dem Titel und den zahlreichen Verpflichtungen, die damit einhergehen. Du würdest beschäftigt sein, ein erfülltes Leben führen und selten allein sein.«
    »Ich bin gern allein.«
    »Aber ich kann diesen Gedanken nicht ertragen.« Melville stellte seine Tasse ab. »Ich habe unsere Vereinbarung nicht vergessen. Ich weiß, dies ist deine sechste

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