Stolz und Vorurteil - Vollständige Ausgabe (German Edition)
ich meinen, du könntest keine bessere Wahl treffen. Aber wie der Fall nun einmal liegt, laß deine Gefühle nicht mit dir durchgehen. Du hast einen klaren Kopf, und wir hoffen alle, daß du ihn zu gebrauchen verstehen wirst. Dein Vater verläßt sich blind auf deine Klugheit und auf dein Taktgefühl; du darfst deinen Vater nicht enttäuschen!«
»Liebe Tante, das klingt ja sehr feierlich!«
»Jawohl, und ich hoffe, du verstehst, wie ernst es gemeint ist.«
»Gut, du brauchst dich nicht zu beunruhigen. Ich werde auf mich selbst und auf Mr. Wickham achtgeben; er soll sich nicht verlieben, wenn ich es verhindern kann.«
»Lizzy, jetzt sprichst du nicht im Ernst!«
»Entschuldige, Tante. Ich will versuchen, mich klarer auszudrücken. Also, im Augenblick bin ich nicht in Mr. Wickham verliebt; nein, das kann ich ehrlich behaupten. Aber er ist tatsächlich der netteste Mann, den ich je getroffen habe. Wenn er wirklich eine Neigung zu mir fassen sollte — wirklich, ich glaube, es wäre besser, wenn er es nicht täte. Ich verstehe, wie unklug das wäre! Oh, dieser ekelhafte Mr. Darcy! — Vaters Vertrauen ist eine große Ehre für mich, und ich wäre wirklich sehr traurig, wenn ich es verlieren würde. Aber mein Vater schätzt Mr. Darcy sehr — kurz, liebe Tante, es täte mir leid, wenn irgend jemand von euch durch meine Schuld betrübt würde. Aber da es ja jeden Tag vorkommt, daß junge Leute, die sich mögen, sich durch das Fehlen eines Vermögens nicht davon abhalten lassen, sich zu verloben, wie sollte ich es dir da versprechen, weiser zu handeln, wenn die Versuchung an mich herantritt? Und wie soll ich es wissen, ob es überhaupt weise ist, ihr zu widerstehen? Alles, was ich dir daher versprechen kann, ist, nichts Übereiltes zu tun. Ich werde nicht länger glauben, daß ich die einzige bin, die seine Gedanken beschäftigt, und wenn wir zusammen sind, werde ich alle heimlichen Herzenswünsche zu unterdrücken versuchen. Kurz, ich werde mein Bestes tun!«
»Es wäre vielleicht gut, wenn du ihn nicht so oft auffordern würdest, nach Longbourn zu kommen; wenigstens solltest du deine Mutter nicht noch daran erinnern, ihn mit einzuladen!«
»Wie zum Beispiel neulich erst«, meinte Elisabeth mit einem schuldbewußten Lächeln. »Sehr wahr; ich will mich bemühen, es nicht wieder zu tun. Aber denke ja nicht, daß er immer so häufig bei uns ist. Er ist letzte Woche nur deinetwegen so oft eingeladen worden. Du weißt doch, Mutter ist der Auffassung, daß ihre Gäste nie ohne Gesellschaft sein dürfen. Aber auf Ehrenwort, ich will versuchen, nur immer das Klügste zu tun. Bist du nun zufrieden?«
Ihre Tante war wirklich zufrieden, und nachdem Elisabeth ihr für ihren freundschaftlichen Rat gedankt hatte, trennten sie sich in bestem Einvernehmen.
Mr. Collins kehrte bald nach der Abreise Janes und der Gardiners nach Hertfordshire zurück. Da er aber dieses Mal bei den Lucas wohnte, hatte Mrs. Bennet keinen Grund, sich über ihn zu beklagen. Seine Hochzeit stand jetzt so dicht bevor, daß selbst Mrs. Bennet sie als eine unvermeidliche Tatsache anzusehen begann; sie gab sogar bisweilen in gottergebenem Ton ihrem Wunsche Ausdruck, daß ›sie hoffentlich recht glücklich werden würden‹.
Am Donnerstag sollte die Trauung stattfinden, und am Mittwoch machte Charlotte ihren Abschiedsbesuch. Als sie sich zum Gehen anschickte, folgte Elisabeth ihrer Freundin aus dem Zimmer. Sie schämte sich der wenig freundlichen und nur mit Widerstreben vorgebrachten Glückwünsche ihrer Mutter; sie war selbst aufrichtig gerührt. Als sie die Treppen hinuntergingen, sagte Charlotte:
»Ich verlasse mich darauf, Lizzy, oft von dir zu hören.«
»Das verspreche ich dir!«
»Und ich habe noch eine Bitte: willst du mich nicht einmal bald besuchen kommen?«
»Wir werden uns doch öfter hier oder bei deinen Eltern treffen.«
»Ich werde so bald nicht von Hunsford wegkommen können. Versprich mir doch, mich dort zu besuchen!«
Elisabeth konnte diese Bitte nicht abschlagen, obwohl sie sich wenig Freude von einem derartigen Besuch versprach.
»Vater und meine Schwester Maria wollen im März kommen«, fügte Charlotte hinzu, »ich würde mich freuen, wenn du dich ihnen dann anschließen könntest. Aufrichtig gesagt, Lizzy, du wirst mir nicht weniger willkommen sein.«
Die Trauung wurde vollzogen; das junge Paar brach unmittelbar nach der Feier nach Kent auf, und jedermann hatte über die Hochzeit so viel zu sagen und zu hören, wie es eben
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