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Stoner: Roman (German Edition)

Stoner: Roman (German Edition)

Titel: Stoner: Roman (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: John Williams
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(Rutherfords Stimme senkte sich zu stetigem, eintönigem Geleier), um festzustellen, ob er befähigt sei, das Doktorandenstudium am Fachbereich Englisch der Universität Missouri fortzusetzen. Dieser Prüfung müssten sich alle Anwärter auf den Doktortitel unterziehen, und sie sei darauf angelegt, nicht nur den allgemeinen Wissensstand des Kandidaten, sondern auch dessen Stärken und Schwächen festzustellen, um den künftigen Studienverlauf optimal anpassen zu können. Drei Ergebnisse seien möglich: bestanden, eingeschränkt bestanden und durchgefallen. Rutherford zählte die Bedingungen dieser Eventualitäten auf und schloss, ohne hochzublicken, mit der rituellen Vorstellung der Prüfer und des Kandidaten. Dann schob er die Papiere von sich fort und schaute hoffnungslos in die Runde.
    »Es ist Brauch«, sagte er leise, »dass der Doktorvater des Kandidaten mit der Prüfung beginnt. Wenn ich mich nicht täusche, ist Mr –«, er warf erneut einen Blick in die Papiere, »Mr Lomax Mr Walkers Doktorvater. Wenn Sie also …«
    Lomax’ Kopf zuckte zurück, als wäre er aus einem Schlummer aufgeschreckt. Blinzelnd schaute er sich um, auf den Lippen die Andeutung eines Lächelns, doch die Augen blickten hellwach und munter.
    »Mr Walker, Sie arbeiten an einer Doktorarbeit über Shelley und das hellenistische Ideal. Dass Sie Ihre Arbeit bereits gänzlich durchkonzipiert haben, wäre gewiss zu viel erwartet, doch könnten Sie vielleicht damit beginnen, uns etwas über die Hintergründe aufzuklären, die Sie veranlasst haben, sich für dieses Thema zu entscheiden.«
    Walker nickte und begann rasch zu reden. »Ich beabsichtige, Shelleys erste Ablehnung des godwinianischen Determinismus zugunsten eines mehr oder minder platonischen Ideals in dem Gedicht ›Hymn to Intellectual Beauty‹ durch den reiferen Gebrauch dieses Ideals in Prometheus Unbound als umfassende Synthese seines frühen Atheismus, Radikalismus, Christentums und wissenschaftlichen Determinismus aufzuzeigen und damit letztlich den Verfall dieses Ideals in solch späteren Werken wie Hellas zu begründen. Meiner Ansicht nach ist dies in dreierlei Hinsicht ein bedeutsames Thema: Erstens wird dadurch Shelleys Denkweise aufgezeigt, was uns ein besseres Verständnis seiner Lyrik ermöglicht. Zweitens offenbart es die wichtigen philosophischen und literarischen Konflikte des frühen 19. Jahrhunderts und fördert somit unser Verständnis und auch unsere Wertschätzung der romantischen Dichtkunst. Und drittens ist es ein Thema, das auf gewisse Weise einen Bezugzu unserer eigenen Zeit haben könnte, in der wir uns mit vielen Konflikten konfrontiert sehen, wie sie bereits Shelley und seine Zeitgenossen beschäftigt haben.«
    Während Stoner zuhörte, wuchs sein Erstaunen. Er konnte kaum glauben, dass dies derselbe Mann sein sollte, der an seinem Seminar teilgenommen hatte und den er zu kennen meinte. Walker präsentierte sein Thema ohne Umschweife, verständlich und klug, manchmal nahezu brillant. Lomax hatte recht; falls die Dissertation ihre Versprechen erfüllte, würde es eine eindrucksvolle Arbeit werden. Mit einem Mal überkam ihn warme, frohe Hoffnung, und er beugte sich aufmerksam vor.
    Walker sprach etwa zehn Minuten über sein Promotionsthema, dann kam er abrupt zum Ende. Sofort stellte Lomax eine weitere Frage, und Walker gab zügig Antwort. Gordon Finch warf Stoner einen vorsichtig fragenden Blick zu, auf den Stoner mit einem selbstironischen Lächeln antwortete, während er leicht mit den Schultern zuckte.
    Dann verstummte Walker erneut, und Jim Holland ergriff sogleich das Wort. Er war ein schlanker junger Mann mit leicht vorquellenden Augen, blass und stets angespannt, der absichtlich langsam und mit einer Stimme redete, die vor erzwungener Zurückhaltung zu zittern schien. »Sie haben eben Godwins Determinismus erwähnt, Mr Walker. Wäre es Ihnen wohl möglich, eine Verbindung zwischen ihm und dem Phänomenalismus von John Locke zu ziehen?« Stoner erinnerte sich, dass Holland ein Spezialist fürs 18. Jahrhundert war.
    Nach einem Augenblick des Schweigens drehte Walker sich zu Holland um, nahm die runde Brille ab, putzte sie, blinzelte und blickte ziellos umher. Dann setzte er die Brillewieder auf, blinzelte erneut und sagte: »Könnten Sie die Frage bitte wiederholen?«
    Holland hob zu reden an, doch kam ihm Lomax zuvor. »Es macht Ihnen doch gewiss nichts aus, Jim«, sagte er liebenswürdig, »wenn ich die Frage ein wenig erweitere?« Und ehe Holland

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