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Stoner: Roman (German Edition)

Stoner: Roman (German Edition)

Titel: Stoner: Roman (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: John Williams
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nahe genug war, um seiner Ankunft beinahe gelassen entgegensehen zu können. Unbestimmt war er sich dessen bewusst, dass er in der hellen Wärme eines der ersten Frühlingsnachmittage über den Campus ging; der Hartriegel entlang der Gehwege und auf dem vorderen Platz stand in voller Blüte und erzitterte vor seinem Blick wie zarte Wolken, dünn und beinahe durchsichtig; der süße Geruch nach verblühendem Flieder hing in der Luft.
    Als er zu Katherines Wohnung kam, war er wie im Fieber und grausam überdreht. Er wischte ihre Fragen nach seinem Treffen mit dem Dekan beiseite, brachte sie gegen ihren Willen zum Lachen und registrierte mit unermesslicher Trauer ihre letzten Versuche, fröhlich zu sein, die ihm vorkamen wie ein Tanz des Lebens auf einem Leichnam.
    Er wusste, irgendwann würden sie reden müssen, doch klangen die Worte, die sie sagten, als gehörten sie zu einem Schauspiel, das sie in entlegenen Bereichen ihres Wissens immer wieder eingeübt hatten. Die Grammatik verriet dieses Wissen: Sie kamen vom Perfekt – »wir sind doch glücklich gewesen, nicht?« – über die Vergangenheit – »wir waren glücklich, glücklicher als irgendwer sonst, glaube ich« – schließlich zur Einsicht, dass sie miteinander reden mussten.
    In einem Augenblick der Stille, der die halb hysterische Fröhlichkeit unterbrach, die ihnen die angemessenste Form schien, sie diese letzten gemeinsamen Tage überstehen zu lassen, sagte Katherine mehrere Tage nach Stoners Gespräch mit Finch: »Wir haben nicht mehr viel Zeit, nicht wahr?«
    »Nein«, erwiderte Stoner leise.
    »Wie lange noch?«, fragte Katherine.
    »Ein paar Tage, zwei, drei.«
    Katherine nickte. »Ich habe immer geglaubt, ich würde es nicht ertragen können, aber ich fühle mich nur leer und spüre überhaupt nichts.«
    »Ich weiß«, sagte Stoner, und einen Moment schwiegen sie. »Du weißt, wenn es irgendetwas gibt, das ich für dich tun kann, irgendetwas …«
    »Sag so etwas nicht«, erwiderte sie. »Natürlich weiß ich das.«
    Er lehnte sich auf dem Sofa zurück und schaute im Dämmerlicht zur niedrigen Decke auf, die der Himmel ihrer Welt gewesen war. Ruhig sagte er: »Wenn ich alles aufgäbe – alles hinter mir ließe und einfach ginge –, du würdest mit mir gehen, nicht wahr?«
    »Ja.«
    »Aber du weißt, dass ich das nicht tun kann.«
    »Ja, das weiß ich.«
    »Denn dann«, erklärte es Stoner sich selbst, »würde all das keine Bedeutung haben – nichts von dem, was wir getan haben, was wir füreinander gewesen sind. Ich würde sicher nicht mehr unterrichten können, und du … du würdest zu einer anderen werden. Wir würden beide zu jemand anderem werden, zu jemand anderem als wir selbst. Wir würden zu – nichts.«
    »Nichts«, sagte sie.
    »Wenigstens gehen wir aus diesem hier mit uns selbst intakt hervor. Wir wissen, dass wir sind – wer wir sind.«
    »Ja«, sagte Katherine.
    »Denn auf lange Sicht«, sagte Stoner, »hält mich Edith nicht hier, auch nicht Grace oder die Gewissheit, Grace zu verlieren, ebenso wenig der Skandal oder die Verletzungen, die man dir oder mir zufügen würde, nicht das Elend, das wir durchleben müssten, selbst nicht der Verlust unserer Liebe, der uns drohen könnte. Was mich hier hält, ist schlicht, dass man uns und das, was wir tun, vernichten würde.«
    »Ich weiß«, sagte Katherine.
    »So sind wir also doch von dieser Welt; wir hätten es wissen müssen. Ich glaube, wir haben es sogar gewusst, nur haben wir uns ein wenig zurückgezogen, uns etwas vorgemacht, damit wir …«
    »Ich weiß«, unterbrach ihn Katherine. »Ich fürchte, ich habe es immer gewusst. Selbst als wir uns etwas vorgemacht haben, wusste ich, dass irgendwann … dass wir irgendwann …, ich habe es gewusst.« Sie stockte und sah ihn gefasst an, doch plötzlich schimmerten Tränen in ihren Augen. »Ach, verflucht sei das alles, Bill! Verflucht sei es!«
    Mehr sagten sie nicht. Sie umarmten sich so, dass keiner des anderen Gesicht sehen konnte, und liebten sich, damit sie nicht zu reden brauchten. Sie paarten sich mit jener alten, zärtlichen Sinnlichkeit, die daher rührte, dass sie einander gut kannten, zudem aber auch mit einer neuen Leidenschaft, die der drohende Verlust in ihnen weckte. Später dann lagen sie in der nächtlichen Schwärze des kleinen Zimmers und sagten immer noch nichts, nur ihre Körper berührten sich leicht. Nach einer langen Weile ging Katherines Atem ruhiger, als ob sie schliefe. Und Stoner stand leise auf, zog sich

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