Stop Me - Blutige Botschaft (German Edition)
darauf bestand, dass sie in die Hölle käme, wenn sie sich vom christlichen Glauben abwandte. Sie hatte gehofft, dass es ein paar reservierte Plätze für Menschen wie sie gäbe, die sich hin- und hergerissen fühlten und sich nicht entscheiden konnten, ob ein Weg besser war als der andere. “Ich schätze, mein Glauben ist eine Art Mischung aus beidem.”
“Also hat Weihnachten keine große Bedeutung für Sie.” Tom fühlte sich wahrscheinlich, als hätte er das Rätsel ihrer Anwesenheit an ihrem Tisch gelöst. Für sie war es nur ein ganz normales Essen an einem ganz normalen Tag.
Aber das war es ganz und gar nicht. So sehr sie es auch leugnete: Weihnachten bedeutete Jasmine eine ganze Menge, und so war es schon immer gewesen. Aber sie hatte gelernt, den familiären Charakter herunterzuspielen, damit sie nicht allzu enttäuscht war, weil sich ihre Art, die Feiertage zu verbringen, von der anderer Menschen so sehr unterschied.
Sie suchte nach einer Möglichkeit, es zu erklären, ohne den Eindruck zu erwecken, sie sei zu bedauern, doch sie fand nicht die rechten Worte. Mehr als je zuvor vermisste sie die Geschlossenheit einer Familie, wie sie es von früher kannte. Es war wie ein scharfer Schmerz in ihrer Brust. Vor Kimberlys Verschwinden war sie seelisch stabil gewesen, doch seitdem kämpfte sie darum, wieder festen Boden unter den Füßen zu bekommen. Die Entführung hatte ihr eine Schwester genommen, die sie geliebt hatte, und ihre Familie erbarmungsloser als ein Kriegsbeil zerschlagen.
Die Tränen, die ihr in die Augen traten, kamen unvermittelt. Sie wollte nicht hier bei diesen Fremden sein. Sie wollte ein Weihnachtsessen mit ihrer eigenen Familie haben. Aber diese Familie war tot und verschwunden. Ihre Familie würde nie wieder dieselbe sein, konnte nie wieder dieselbe sein, nicht einmal zu Weihnachten.
“Wenn Sie mich bitte entschuldigen würden … ich habe etwas ins Auge bekommen.” Sie verließ den Tisch und ging ruhig, bis sie die Tür erreicht hatte. Dann, als man sie nicht mehr sehen konnte, flüchtete sie sich ins Badezimmer, schloss sich ein und sank mit dem Rücken an der Tür zu Boden.
14. KAPITEL
Das Klopfen kam rascher, als Jasmine erwartet hatte. Sie hatte gedacht, die Forniers würden ihr vielleicht etwas Zeit für sich gönnen. Weit gefehlt. Wahrscheinlich wollten sie sie darüber ausfragen, wie es zur Scheidung ihrer Eltern gekommen war oder ob und wann Romain und sie miteinander geschlafen hatten. Warum konnten sie sich nicht einfach um ihren eigenen Kram kümmern und sie in Ruhe lassen? War das etwa zu viel verlangt?
Das erste Klopfen ignorierte sie. Doch ein zweites folgte gleich darauf.
“Jasmine?”
Es war Romain. Am liebsten hätte sie ihm gesagt, er solle verschwinden, aber sie musste sich zusammenreißen und ein fröhliches Lächeln aufsetzen. Dabei würde sie ihn zusammenstauchen, weil er sie hierhergebracht hatte. Mit diesem Gedanken wischte sie die Tränen fort, schloss die Tür auf und ließ ihn herein.
“Ist alles in Ordnung?”, fragte er und schloss die Tür hinter sich.
“Deine Familie ist echt durchgeknallt”, sagte sie.
Er musterte sie einen Moment lang. “Da kann ich nicht widersprechen. Aber … bist du sicher, dass du wegen meiner Familie weinst?”
Sie wollte das nicht hören. Es fühlte sich zu sehr nach einem Volltreffer an. “Warum hast du sie nicht davon abgehalten?”, flüsterte sie unfreundlich.
“Von was?”
“Davon, mich zu löchern.”
“Solche Fragen sind völlig normal, Jasmine. ‘Woher kommen Sie? Was machen Sie? Was machen Ihre Eltern?’ So etwas nennt man jemanden kennenlernen.”
“Sie brauchen mich nicht zu kennen.”
“Ich wollte deine Antworten genauso gern hören wie sie. Ist das so schrecklich?”
“Du wolltest hören, wie ich lüge?”
Er fuhr sich mit der Hand durchs Haar. “Das nicht. Aber alles andere.”
“Was soll das?”
Wortlos starrte er sie an.
“Nun?”, drängte sie.
“Ich weiß, dass du praktisch anfängst zu schnurren, wenn ich in dein Ohr summe, dass dein Lächeln sich verändert, wenn ich dir sage, wie schön du bist – als würdest du es gerne hören, aber nicht recht glauben. Ich weiß, dass du die Fahrt auf dem Motorrad genossen hättest, wenn du dir nicht so viel Mühe gegeben hättest, es nicht zu genießen. Und ich werde nie deinen Blick vergessen, kurz bevor du …”
“Hör auf!” Sie hob eine Hand. Ihr Herz raste bereits. “Du weißt gar nichts über mich, Romain.
Weitere Kostenlose Bücher