Storm: Thriller (German Edition)
Sampson.
»Mit einer Ausbildung, die nicht besser sein könnte.« Siegel streckte die Hand aus, bis er das schwarze Loch zweieinhalb Zentimeter über Mel Dlouhys linkem Ohr beinahe berühren konnte. »Diese Präzision sagt alles.«
Ich hörte zu und sagte wenig. Dieser Kerl wollte belehren, nicht kooperieren, aber er war auch ziemlich gut. Wenn es also etwas gab, das mir entgangen war und ihm nicht, dann musste ich mir zumindest so lange auf die Zunge beißen, bis ich wusste, was das war.
Genau das steht auf diesem Magnethalter an Nana Mamas altem Kühlschrank, den ich schon kenne, so lange ich denken kann: Gibt dir jemand eine Zitrone, mach daraus Zitronenlimonade.
27
Die Straße vor dem Haus der Dlouhys wurde langsam, aber stetig immer voller – ein wundervoller Anblick. Denny und Mitch hielten sich am Rand der Menge auf, nicht zu dicht am Ort des Geschehens, aber dicht genug, um das Ganze genießen zu können. Nach der beschissenen Nacht im Anschluss an das erste Attentat wollte Denny Mitch dieses Mal ein paar positivere Eindrücke gönnen.
Mel Dlouhys Leiche musste immer noch im Haus sein, oder sie hatten das Arschloch durch den Hinterausgang rausgeschafft. Ständig liefen irgendwelche Bullen in Jackett und Krawatte an den Fenstern im Wohnzimmer vorbei, und hinter dem Haus waren ein paar helle Scheinwerfer aufgestellt worden.
Mitch sagte nicht viel, aber Denny spürte, dass er wahnsinnig aufgeregt war. So langsam wurde dem bulligen Burschen das Ausmaß dieser ganzen Geschichte bewusst. Obwohl, »Riesenbaby« war wohl passender.
»Bitte entschuldigen Sie, Herr Wachtmeister. Haben Sie den Kerl schon geschnappt?«, wandte sich Denny an einen der Bullen vor der Absperrung. Jetzt spielte er für Mitch den Angeber.
»Da werfen Sie besser mal einen Blick ins Fernsehen oder in die Zeitung, Sir«, erwiderte der Polizist. »Ganz ehrlich, ich weiß es nicht.«
Denny drehte sich halb zur Seite und sagte mit leiser Stimme: »Hast du gehört? Sir . Muss ja eine noble Gegend sein.« Mitch wandte den Blick zur Seite und kratzte sich am Kinn, um nicht laut herauszuplatzen.
Der Polizist wollte gerade zum Funkgerät greifen, da sprach Denny ihn erneut an. »Entschuldigung, aber Sie hätten nicht zufällig eine Zigarette übrig?« Er hielt ein blaues Bic-Feuerzeug in die Höhe. Das gefiel den Leuten immer, wenn der Penner selbst Feuer hatte, und wie nicht anders zu erwarten, griff der Bulle in seinen Streifenwagen und holte eine Packung Camel light heraus.
»Eine reicht«, sagte Denny und sorgte dafür, dass Mitch über seine Schulter hinweg gut zu erkennen war. »Die können wir uns teilen.«
Der Bulle holte zwei Stück heraus. »Bei welcher Einheit waren Sie denn?«
Denny ließ den Blick nach unten über seine verblasste Tarnjacke streichen. »Dritte Brigade, Vierte Infanteriedivision, die beste Einheit überhaupt.«
»Die zweitbeste«, sagte Mitch. »Ich war bei der New Jersey National Guard, am Stützpunkt Balad.«
In Wirklichkeit hatte Mitch noch nie eine Uniform getragen, aber Denny hatte ihn so lange gedrillt, dass er wenigstens ein bisschen so tun konnte. Die Leute waren ganz versessen auf Kriegsveteranen. Das war immer ein Vorteil.
Denny nahm dem Polizisten die Glimmstängel ab und gab Mitch einen davon. »Was man so hört, soll dieser Kerl einer von uns sein, so, wie er schießen kann«, sagte er.
Der Polizist nickte in Richtung des ansteigenden Vorgartens. »Von da oben kommt nicht viel bei uns hier unten an. Fragen Sie doch mal einen von den Journalisten. Ich bin ja bloß zum Absperren da.«
»Also gut, na dann …« Denny zündete seine Zigarette an und lächelte, »… lassen wir Sie mal wieder in Ruhe. Gott segne Sie, Herr Wachtmeister, und danke für alles, was Sie tun.«
28
Der Freitag nach den Schüssen auf Dlouhy war einer dieser windigen Frühlingstage, an denen man den Sommer bereits spüren kann, obwohl es noch zu kalt ist, um auf die Jacke zu verzichten.
Kyle knöpfte seinen Blazer zu, bog in die Mississippi Avenue ein und wandte sich nach Norden, angepasst an die Umgebung, sozusagen. Seine Perücke, die Schminke und die Kontaktlinsen erzielten die perfekte Wirkung, auch wenn sie auf lächerliche Weise oberflächlich waren. Seit seiner Gesichtsoperation war alles andere schlichtweg unter seiner Würde – und dennoch ein notwendiges Übel.
Entsprechend war auch diese heruntergekommene Gegend nicht der Ort, den er sich für einen herrlichen Frühlingsnachmittag freiwillig ausgesucht
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