Storm: Thriller (German Edition)
Erdgeschoss angekommen. Joyce legte die Hand auf die Türklinke und blieb kurz stehen. »Also gut. Beavis? Butt-Head? Könnten wir uns vielleicht wieder ein bisschen konzentrieren?« Sie war zudem außergewöhnlich gut in ihrem Job und eine sehr wertvolle Stütze bei diesen täglichen Pressekonferenzen, wo es mitunter ziemlich hektisch zugehen konnte.
Sagte ich ziemlich ? Ein summender Journalistenschwarm stürzte sich auf uns, sobald wir die Eingangstreppe des Daly Buildings erreicht hatten.
»Alex! Was können Sie uns zu dem Anschlag in Woodley Park sagen?«
»Detective Cross. Hierher!«
»Ist an den Gerüchten etwas dran …«
» Leute!« , schrie Joyce über das Getöse hinweg. Ihre Lautstärke war in der ganzen Abteilung legendär. »Nun lasst den Mann doch erst mal seine Erklärung abgeben! Bitte! «
Ich ratterte hastig die Fakten herunter, die wir in den vergangenen vierundzwanzig Stunden zusammengetragen hatten, und gab so viel wie möglich aus dem Ballistik-Bericht des FBI preis, ohne allzu viele Details zu verraten. Danach begann das wilde Treiben von Neuem.
Channel 4 waren die Ersten. Ich erkannte das Mikrofon, aber nicht den Reporter. Er sah nicht älter aus als zwölf. »Alex, möchten Sie dem Heckenschützen vielleicht etwas mitteilen? Haben Sie eine Botschaft für ihn?«
Zum ersten Mal legte sich so etwas wie Stille über die Stufen. Alle wollten meine Antwort hören.
»Wir würden uns über jede Kontaktaufnahme desjenigen, der für diese Attentate verantwortlich ist, freuen«, sagte ich in die Kameras. »Sie wissen ja, wo Sie uns finden können.«
Das war sicher nicht gerade eine Sternstunde des gesprochenen Worts und auch keine Provokation oder etwas Vergleichbares, was manche vielleicht von mir erwartet hätten. Aber in einem Punkt waren sich alle an den Ermittlungen Beteiligten einig: Es sollte keine Sticheleien, keine Spielchen, keine öffentliche Charakterisierung des Killers beziehungsweise der Killer geben, bevor wir nicht mehr über die Täter wussten, mit denen wir es hier zu tun hatten.
»Nächste Frage. James!«, rief Joyce, damit niemand abschweifen konnte und die Pressekonferenz vorankam.
Das war James Dowd, einer der NBC -Korrespondenten. Er hielt einen dicken Stapel mit Notizen in der Hand, an denen er sich entlanghangelte.
»Detective Cross, stimmt es, dass in der Nähe des Tatorts in Woodley Park ein blauer Buick Skylark mit New Yorker Kennzeichen und ein dunkler, verrosteter Suburban gesehen worden sind? Und können Sie uns sagen, ob man eines dieser Fahrzeuge schon bis zu dem Heckenschützen zurückverfolgt hat?«
Ich war sauer und überrascht zugleich. Dowd war gut, und genau das war das Problem.
Ich hatte einen alten Freund – Jerome Thurman aus dem Ersten Bezirk – auf diese beiden Hinweise angesetzt, die uns am Abend des Dlouhy-Mordes erreicht hatten. Bis jetzt hatten wir aber lediglich eine endlos lange Liste der Zulassungszentrale in der Hand und keinerlei Beweise dafür, dass irgendeine Verbindung zwischen den Fahrzeugen und den Schüssen bestand.
Aber darüber hinaus verspürten wir das starke Bedürfnis, diese Information geheim zu halten. Offensichtlich hatte da jemand mit der Presse gesprochen, was angesichts meines Vortrags über Diskretion im Rahmen der Telefonkonferenz der FIG vor wenigen Minuten nicht einer gewissen Ironie entbehrte.
Ich gab Dowd die einzig mögliche Antwort. »Kein Kommentar zum jetzigen Zeitpunkt.« Es war, als würde ich einer Meute hungriger Wölfe ein Steak vor die Nase halten.
»Leute!«, probierte Joyce es noch einmal. »Einer nach dem anderen. Ihr wisst doch, wie das funktioniert!«
Aber wir standen auf verlorenem Posten. Ich warf ihnen noch mindestens viermal hin: »Kein Kommentar.« Ansonsten mauerte ich komplett, bis irgendjemand schließlich das Thema wechselte. Doch der Schaden war nicht mehr zu reparieren. Sollte eines dieser Fahrzeuge tatsächlich den Heckenschützen gehören, dann waren sie jetzt gewarnt, und wir hatten einen entscheidenden Vorteil eingebüßt.
Das war das erste bedeutende Informationsleck bei diesen Ermittlungen, und ich hatte das sichere Gefühl, dass es nicht das letzte gewesen war.
31
Lisa Giametti blickte vielleicht zum zehnten Mal auf ihre Armbanduhr. Fünf Minuten würde sie noch warten, aber dann war Schluss. Unfassbar, wie gedankenlos manche Leute in diesem Geschäft mit der Zeit anderer umgingen.
Nach weiteren viereinhalb Minuten schob sich ein dunkelblauer BMW die Straße entlang und
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