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Stossgebete - Ein Krimi aus dem Bayerischen Wald

Stossgebete - Ein Krimi aus dem Bayerischen Wald

Titel: Stossgebete - Ein Krimi aus dem Bayerischen Wald Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Wolf Schreiner
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Kosten. Jetzt kommen Sie mit Ihren Sonderwünschen. Als wir die Fahrzeuge für die anderen Gemeinden genehmigt hatten, da ging’s uns noch besser.« Er holte einen Aktenordner und ließ ihn auf den Tisch fallen. »Da drin sind alle Rechnungen des vergangenen Monats. Was glauben Sie, was die Diözese alles bezahlen muss? Gehälter, Reisen, Kirchenrenovierungen und so weiter. Alles da drin.« Er klopfte auf den Deckel, als lauere darunter das Böse. »Noch dazu schmelzen unsere Einnahmen weg wie Schnee in der Frühlingssonne: Kirchenaustritte, weniger Erbschaften und Spenden – den Leuten sitzt das Geld nicht mehr so locker wie früher. Und jetzt halten Sie auch noch die Hand auf – wo soll ich das bloß hernehmen? Ich kann nicht wie Jesus Wasser in Wein verwandeln. Was nicht da ist, ist nicht da.«
    »Verkaufen Sie doch einfach was, um die Löcher zu stopfen. Es wäre mir neu, dass die Kirche am Bettelstab geht.«
    »Sie haben leicht reden, Herr Senner. Ich bin für den Haushalt im Bistum verantwortlich. Und unsere Kunstschätze sind heilig. Soll ich vielleicht den Vatikan verpfänden?«
    Warum nicht, dachte Baltasar. »Denken Sie an meinen Besuch! Wie soll ich dem Pater denn die Gegend zeigen ohne fahrbaren Untersatz?«
    Castellion erhob sich. »Ich will sehen, was sich machen lässt. Aber versprechen kann ich nichts. Schönen Tag noch, Herr Senner.«

20
    F reitagmittag quengelte Teresa, weil ihr Vorrat an heiligem Wasser zu Ende ging und sie unbedingt ein neues Rezept für eine Fruchtschorle ausprobieren wollte, die Einkäufe aber noch nicht erledigt waren. Sie fragte Baltasar, ob er nicht zufällig einen größeren Spaziergang unternehmen und für Nachschub sorgen wollte, schließlich sei das Getränk auch für ihn gedacht.
    Baltasar kam das Gespräch zwischen Nepomuk Hoelzl und Hubert Schindler wieder in den Sinn, das er in der Nähe der Quelle belauscht hatte. Sie hatten von einem ominösen Treffen am Freitagabend gesprochen. Je mehr er darüber nachdachte, desto seltsamer kam ihm eine solche Verabredung vor.
    Denn nur um Flaschen aufzufüllen, brauchte es eigentlich kein Treffen, das konnte jeder auch allein erledigen. War nicht die Rede davon gewesen, dass andere Leute ebenfalls kamen? Was um Himmels willen hatten die dort oben zu suchen, warum trafen sie sich nicht im Ort?
    Baltasars Neugier war geweckt. Er versprach Teresa, sich – ausnahmsweise – um das Wasser zu kümmern, sie solle allerdings nicht mit dem Abendessen auf ihn warten, da er erst später aufbrechen werde. Der Gedanke an seine kleine Expedition hob seine Laune. Er suchte sich dunkle Kleidung heraus und ging bei Philipp Vallerot vorbei, um sich ein Fernglas zu borgen.
    »Gehst du auf die Pirsch?« Der Blick seines Freundes drückte Zweifel aus.
    »So was Ähnliches.«
    »Du hast doch gar keinen Jagdschein. Ich kenne deine verrückten Ideen, und das scheint mir gerade eine zu sein. Soll ich dich begleiten, um dich vor Dummheiten zu bewahren, falls dein Großer Außerirdischer gerade Besseres zu tun hat?«
    »Es reicht, wenn du mir eine starke Taschenlampe borgst. Es könnte spät werden.«
    »Je mehr du erzählst, desto mysteriöser klingt es. Ich habe ein schlechtes Gefühl, ich geh lieber mit, eine Schusswaffe kann ich auch mitnehmen, für Notfälle.«
    »Ich bin doch nicht Gary Cooper in Zwölf Uhr mittags . Danke für dein Angebot, aber es ist nur ein Abendspaziergang.«
    »Der Film war übrigens nicht schlecht. Grace Kelly hat mir in ihrer Rolle als Quäkerin besonders gut gefallen.«
    »Nicht schlecht? Bist du verrückt? Das ist der beste Schwarzweiß-Western aller Zeiten!«
    »Darüber ließe sich lange diskutieren. Also, pass auf dich auf, Marshal Senner!«
    Da Baltasar nicht wusste, wann genau das Treffen stattfinden sollte, war er mit seinem Rucksack frühzeitig losmarschiert und hatte die Quelle diesmal sofort gefunden. Es war niemand dort. Er füllte Teresas Flaschen und suchte sich ein Versteck, von wo aus er sowohl die Quelle als auch die Kapelle im Blick hatte.
    Nichts tat sich. Er hatte es sich in einer Mulde hinter einem Farnbusch bequem gemacht und kam sich vor wie ein kleiner Junge, der beim Cowboy- und Indianerspiel auf den entscheidenden Angriff der Sioux wartete. Nur dass seine Spielkameraden ihn offenbar vergessen hatten. Denn niemand kam. Die Minuten vergingen wie in Zeitlupe. Die Wipfel rauschten, die Äste knarzten, und Baltasar wurde es langweilig.
    Ein Rascheln im Unterholz ließ ihn hochfahren. Und dann sah er

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