Stout, Maria
im
Schatten des spärlich erleuchteten Zimmers kaum erkennen kann. Zusammengekauert
sitzt sie auf dem Sofa, blickt hinauf zu dem Bild und erinnert sich dunkel an
die Strandszene, die sie vor vielen Jahrzehnten gemalt hat. Dann sieht sie nur
noch die funkelnden Sterne vor ihren Augen, auf die sie an den meisten Abenden
ihres Lebens wartet, bevor sie ins Koma sinkt.
Der
nächste Tag ist ein Samstag, ein bisschen kühler als gestern, mit keiner Wolke
am Himmel.
Auf der
anderen Seite der Straße, ein paar Häuser weiter, öffnet Sunny die
Spitzengardinen vor ihrem Vorderfenster, und als das Sonnenlicht hereinströmt,
genießt sie den erhebenden Anblick ihres Autos, das dort geparkt ist, wo es
hingehört - auf der Straße. Und dort wird sie es auch weiterhin parken. Fred
hat gestern nach dem Mittagessen mit dem Polizeichef gesprochen und alles für
sie geregelt. "Freiheit", atmet sie
erleichtert auf. Sie überlegt, was sie für Fred und Catherine tun kann.
Vielleicht könnte sie ihnen etwas backen. Bei der Vorstellung, wie sehr die
beiden sich darüber freuen würden, bekommt sie noch bessere Laune.
In dem
Haus am Hang hat Greta ein freies Wochenende, und sie und Jerry schlafen lang.
Als sie allmählich wach werden und hinaus in den Wintergarten gehen, um Kaffe
zu trinken, bemerken sie einen großen Umzugswagen in Tillies Einfahrt.
"Ist
das wirklich wahr?", fragt Jerry und starrt den Lastwagen an. "Oder
sind wir noch im Bett und träumen?"
"Das
muss ein Traum sein", sagt Greta und starrt ebenfalls. "Ich habe nie
ein Verkaufsschild gesehen. Hast du jemals ein Schild da drüben gesehen?"
"Nein."
In diesem
Moment kommen zwei Männer in Overalls aus Tillies Haus; zwischen sich tragen
sie ein Sofa. Greta und Jerry sehen sich an und beginnen zu lachen. Jerry lacht
so sehr, dass er etwas von seinem Kaffee verschüttet.
Greta
fragt ihn, "Was meinst du, warum hat sie das geheimgehalten?"
"Was
sind überhaupt ihre Gründe? Aber das ist doch jetzt nicht mehr wichtig, oder?
Unglaublich."
Greta wird
für einen Moment nachdenklich und sagt dann: "Was meinst du, wie alt ist
sie?"
"Ich
weiß nicht. Jedenfalls nicht mehr jung."
"Ich
frage mich, ob sie jemals Kinder hatte. Herrje - kannst du dir vorstellen,
eines ihrer Kinder zu sein?"
"Noch
schlimmer - kannst du dir vorstellen, sie zu sein?"
"Also,
meinst du, sie müsste uns Leid tun?", fragt Greta.
Jerry
grinst und macht eine abschätzige Handbewegung in Richtung der entfernten
Umzugsszene. "Nun, da bin ich nicht sicher, mein Schatz. Aber wenn wir sie
bemitleiden wollen, dann doch bitte beim Frühstück, okay? Denk an den Strudel!"
"Ja!",
sagt Greta und schmatzt genüsslich. Sie nimmt die Kaffeebecher, und die beiden
geben den Blick aus dem Wintergarten auf, um sich dem Gebäck in der Küche zu
widmen.
Da sie in
dem Haus neben Tillie wohnen, bemerken auch Catherine und Fred die Aktivitäten
der Männer aus dem Umzugswagen und fragen sich, warum sie nie ein
Verkaufsschild gesehen oder von Tillie gehört haben, dass sie wegzieht. Fred
rollt wieder mit den Augen, und Catherine schüttelt den Kopf. Aber dann werden
sie erneut von einem Anruf abgelenkt, dieses Mal von ihrer Tochter und dem
Schwiegersohn, die ankündigen, dass sie in zwei Wochen mit ihrer vierjährigen
Tochter Katie zu einem Besuch herüberfliegen werden. Catherine ist außer sich
vor Aufregung, und Tillies Umzug, der weiterhin draußen stattfindet, ist vergessen.
Zwei
Stunden später, als der Lastwagen vor Tillies Haus abfährt, bekommt das niemand
mit. Alles ist wieder ruhig.
Hinter dem
Haus von Catherine und Fred, bei den Forsythien am entfernten Ende der Hecke,
kraxelt das Murmeltier aus seinem zweiten Loch und richtet sich so weit wie
möglich auf seinen kurzen Hinterbeinen auf. Seine schwarzen Äuglein glitzern
im hellen Sonnenlicht, als es zu einem großen weißen Stein hinübersieht, der in
der Nähe seines ersten Loches liegt, am anderen Ende der gelben Hecke. Dann
blickt es auf, in Richtung des leeren Hauses von Tillie. Schließlich wird seine
Aufmerksamkeit von einem Büschel Löwenzahn gefesselt, das aus der weichen Erde
vor ihm sprießt. Ein weiteres, etwas kleineres Murmeltier zwängt sich aus dem
Loch. Sie setzen sich in Murmeltier-Fasson hin, genießen gemeinsam ein
entspanntes Mittagessen frischer Stiele, und trollen sich dann in den Wald.
Z W Ö L F
das gewissen in seiner reinsten form: die Wissenschaft plädiert für die
moral
Er ist
kein perfekter Muslim, der sich satt isst
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