Sträflingskarneval
größere Probleme an der Backe. Okay, ich gebe zu, ich bin nicht gerade der größte Fan deines Vaters, aber ich denke, es ist das Beste so“, er schielte zu Lawren hinüber, der seltsamerweise schmunzelte und Ryan damit abermals an seinen Urgroßvater Colin erinnerte. „Du gibst ihn einfach diese eine Chance und redest mit ihm, ich bleibe in Hörweite, und wenn er dir was tut …“, Ryan fixierte Lawren mit nachdrücklicher Miene, „… dann bekommt er es mit mir zu tun. Ich bin momentan ein wenig flinker als er.“
„Gut gesprochen, Ryan Tavish.“ Aidans Vater lächelte ganz offen. Das Verhalten hatte nichts mehr mit dem Mann von eben gemein. Er machte drei wacklige Schritte vorwärts, wobei er darauf achtete, in dem hohen Gras mit den Krücken nicht auszurutschen. „Aidan, bitte lass es mich erklären“, bat er seinen Sohn, der schweigend aufstand und keine Ahnung hatte, was er tun sollte. „Du musst mir glauben, ich habe das vorhin nicht so gemeint.“
„Ach nein?“ Aidan ließ Ryan los und wirbelte herum, seinen Blick stur auf die grüne Landschaft geheftet, die ihm innerlich ein wenig Ruhe brachte. „Ich kann mich gut an deine Worte erinnern, und plötzlich willst du es mir erklären? Ha, dass ich nicht lache. Da gibt es rein gar nichts zu erklären. Das ist mein Leben und nicht deins! Ich brauche deinen Segen nicht; und Mum hat es schon lange akzeptiert, mehr will ich nicht!“
„Ich möchte aber versuchen, dir meinen Segen zu geben“, kam es von Lawren zurück und er schleppte sich mehr schlecht als recht zu dem Baumstamm, während Ryan sich einige Meter zurückzog. Dabei beobachtete er seinen Sohn, der leicht zitterte. Dass dieser sich ausgerechnet in einen Mann verliebt hatte, musste er erst lernen mit sich zu vereinbaren. Er konnte nach seiner Zeit in dem Kellerverlies nicht einfach so zur Tagesordnung übergehen, besonders, weil Hinthrone die Jagd auf sie eröffnet hatte und sie vielleicht schon bald entdeckt werden würden. Umso mehr verspürte er große Dankbarkeit und Stolz für Aidan, weil er sich bisher nicht hatte unterkriegen lassen. Und dass er in Ryan einen Freund gefunden zu haben schien, der ihm dabei half. Dennoch war Aidan auch sein einziger Sohn, und er als Vater hatte sich immer eine Schwiegertochter und Enkelkinder gewünscht. Diesen Wunsch konnte er nicht einfach aus seinem Gehirn verbannen, als wäre er eine Bagatelle.
„Mir ist so vieles in der letzten Nacht klar geworden“, sprach er leise weiter und setzte sich. „Deine Mutter und ich hatten ein langes Gespräch und danach wurde mir klar, dass ich einiges früher anders hätte machen müssen. Ja, ich gebe zu, bei deiner Erziehung versagt zu haben. Ich weiß, wie viele Fehler ich damals gemacht habe. Doch du musst auch mich verstehen. Es kam doch sehr überraschend, meinen Sohn ausgerechnet an einen anderen Mann zu verlieren“, sagte Lawren fast im Flüsterton und starrte bedrückt zu Boden. Sein Sohn hatte sich in dem letzten Jahr so sehr verändert, aber gerade diese Veränderung gefiel ihm im Grunde genommen recht gut. Er sprach endlich aus, was er dachte und fühlte. „Deine Mutter hat mir sozusagen den Kopf gewaschen und mich eben vor versammelter Mannschaft in den Boden gestampft. Reicht das nicht fürs Erste? Kendra und auch deine Freunde haben mir klar gemacht, wie ernst es zwischen euch beiden ist.“
„Das sagst du doch nur so.“ Aidan drehte sich zu ihm um und seufzte. Er war verwirrt und zeigte das auch ganz offen. So hatte sein Vater noch nie mit ihm geredet, er glaubte beinahe zu träumen. Dessen ungeachtet was vorgefallen war, fand er ihn plötzlich sympathisch. Lawren McGrath, der strenge Patriarch seiner Familie, hatte bisher nie auch nur einen einzigen Fehler zugegeben. Dieser Mann schien wahrlich ein neuer Mensch zu sein und das begann ihm zu imponieren.
„Glaub mir, Aidan“, sagte Lawren und blickte direkt in die mit Tränen angefeuchteten Augen seines Sohnes. „Wenn man dich mit Ryan zusammen sieht, dann wirkst du zum ersten Mal wirklich glücklich. Eigentlich möchte ich dich nur noch glücklich sehen und daher hoffe ich, dass ich mit meiner Akzeptanz einige große Fehler wieder gutmachen kann. Ich war dir nie ein guter Vater; und wenn Llŷr mir eines vor Augen gehalten hat, dann, dass man jede Minute seines Lebens in Freiheit genießen muss. Dass man tun und lassen sollte, was man will und wie man es will. In meiner Zelle habe ich immer nur an dich und deine Mutter gedacht und
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