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Straight White Male: Roman (German Edition)

Straight White Male: Roman (German Edition)

Titel: Straight White Male: Roman (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: John Niven
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gut.«
    »Und? Macht dir das Unterrichten Spaß?«, fragte Patrick, wobei er sich ein diebisches Grinsen nicht verkneifen konnte.
    »Es …« Kennedy winkte ab.

vierundvierzig
    Es war lange her, dass er zuletzt am Fußende eines Krankenhausbettes gesessen hatte.
    An Geraldines.
    Sie hatte es in ihrer Wohnung getan. Ein Nachbar, Eddie, hatte sie wenige Minuten später gefunden. Er war einer ihrer Kunden und wollte wohl etwas Haschisch bei ihr kaufen. Kennedy hatte ihn später getroffen. Einen gebeugten Mann mit grauen Haaren, gelber Haut und mit einem Mund voller abgebrochener, verfärbter Zähne, in dem es aussah, wie in einer Tüte Studenten futter. Zum Zeitpunkt ihrer Begegnung hatte ihn Kennedy auf etwa fünfzig geschätzt. Er war geschockt gewesen, als er kurz darauf die Zeugenaussage des Mannes las und feststellen musste, dass sie damals im gleichen Alter gewesen waren: vierunddreißig.
    Eddie hatte Gerry vom Seil abgeschnitten und den Notarzt gerufen. Der hatte noch vor Ort die Wiederbelebung eingeleitet und ihr Herz mit dem Defibrillator wieder zum Schlagen gebracht, bevor sie ins Krankenhaus gebracht wurde. Kennedy hatte den Anruf gegen sieben Uhr abends erhalten – jenen Anruf, mit dem ein Teil von ihm seit fast zwanzig Jahren gerechnet hatte. Jemand von der Notfallstation in Brighton war dran und sagte: »Es geht um Geraldine Marr.«
    O Gerry – was hast du nun schon wieder angestellt?
    Er hatte Mum und Patrick in Heathrow abgeholt, und sie waren zusammen nach Brighton gefahren. Kennedy kannte die Stadt gut: Verabredungen, Wochenenden, Tête-à-Têtes. Er hatte für sie drei Zimmer im Grand Hotel gebucht. »In drei Teufels Namen, Kennedy«, hatte Patrick gesagt. »Es ist ja wirklich nett hier, aber ist das wirklich nötig? Wäre ein Bed & Breakfast nicht völlig ausreichend gewesen?« Mum hätte normalerweise etwas Ähnliches gesagt, aber damals sprach sie überhaupt nicht. Sie nahm überhaupt nichts wahr. Für eine ganze Weile nicht. Aber die Taschenbuchauflage von Undenkbar hatte gerade die Million geknackt. Sein dritter Roman war veröffentlicht und lief ebenfalls recht gut. Von allen seinen Büchern waren die Filmrechte verkauft worden. Also hatte es das Grand sein müssen.
    Im Krankenhaus hatte seine Mutter geweint, wobei ihr Oberkörper sanft vor und zurück schaukelte. Gerry hatte schlimm ausgesehen, ihre Arme waren ein Gitterwerk aus Striemen und Schnitten, Tigerstreifen des Teppichmessers – ihr hatte der Mut gefehlt, tief genug ins Fleisch zu schneiden. Die Beugen ihrer Ellbogen waren voller blauer Flecke und mit Einstichlöchern übersäht gewesen. Die Blutergüsse und Wunden an ihren Händen, die geschwollenen Knöchel – so lange er zurückdenken konnte, hatte sie auf Wände, Fenster und Menschen eingeschlagen. Was sie ihrem Körper in ihrem kurzen Leben alles angetan hatte – er sah aus, als wäre er kaum in der Lage gewesen, all diese Wut zu fassen, die in ihr brodelte. Schläuche versorgten sie durch Arme und Nase, die Beatmungsmaschine rasselte drei Tage lang, während Tests gemacht, Proben ins Labor geschickt und die Ergebnisse analysiert wurden.
    Am dritten Tag hatten Patrick und Kennedy ihre Mutter an Gerrys Bett sitzen lassen und sich mit dem leitenden Arzt in einen Nebenraum – eine Art Familienraum mit einem Sofa und Plastikblumen in einer Vase – zurückgezogen. »Wir sind intelligente Menschen«, hatte Kennedy zu dem Arzt gesagt, »seien Sie bitte ehrlich zu uns.«
    Gerrys Gehirn war für einen Zeitraum zwischen fünf und fünfzehn Minuten ohne Sauerstoffversorgung gewesen. Der Arzt zog Röntgenbilder hervor – milchig weiß auf durchschei nendem Schwarzblau –, die einen Querschnitt durch das Gehirn ihrer Schwester zeigten. Die Folgen ihres Suizidversuchs waren im Prinzip vergleichbar mit denen eines schweren Schlaganfalls. Der Neurologe hatte mit der Spitze eines silbernen Kugelschreibers auf die betroffenen Regionen gezeigt. Sämtliche oberen Gehirnfunktionen waren ausgelöscht worden: Erinnerungsvermögen, Sprach- und Bewegungszentrum, alles weg. Hätte sie dennoch irgendwie das Bewusstsein wiedererlangt, wäre sie bloß noch eine leere Hülle gewesen. Von dem Menschen, den sie gekannt hatten, wäre nichts mehr übrig geblieben. Nichts außer blinkenden Apparaten und Flüssignahrung.
    Patrick und Kennedy hatten einander angesehen, und fast hät ten sie gelacht. Das war so typisch Gerry: nicht nur an der sim pelsten Aufgabe zu scheitern, sondern das auch noch so gründ

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