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Strange Angels: Verflucht: Roman (PAN) (German Edition)

Strange Angels: Verflucht: Roman (PAN) (German Edition)

Titel: Strange Angels: Verflucht: Roman (PAN) (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Lili St. Crow
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zu sagen, dass er still sein und tun sollte, was ich ihm befahl, aber dann sah ich ihn genauer an. Er war leichenblass, hatte fiebrige Flecken auf den Wangen und drohte, jeden Augenblick umzufallen, so wie er schwankte und seine Finger in meinen Oberarm krallte. Sein anderer Arm hing schlaff und nutzlos herunter.
    Wenn ich ihn in der Damentoilette ließ, fand ich ihn anschließend womöglich bewusstlos vor oder mitten in der Verwandlung. Ich bemühte mich, klar zu denken, doch meine Klardenkerfunktion war offensichtlich ausgefallen. Ich sollte ihn in der Toilette lassen. Dad hätte ihn wohl erschossen – und sei es auch nur, um die Zahl der Eventualitäten zu begrenzen. Und er hätte mich garantiert angewiesen zu verschwinden. Je länger ich hierblieb, desto gefährlicher wurde es.
    Aber ich hatte doch niemanden sonst, und ich war der Grund, weshalb Graves gebissen worden war. Es musste höllisch weh tun.
    »Dru.« Er brachte nur noch ein raspelndes Flüstern zustande, während er mich panisch festhielt. Später würde ich blaue Flecken bekommen – sofern ich sie nicht schon hatte. Sicher gab es gar keine Stelle mehr an meinem Körper, wo kein Bluterguss war. Wir waren beide in keiner guten Verfassung.
    Dann fiel mir ein anderes Bild ein: Graves, der den Arm um mich legte, als ich weinte. Er hatte weder Fragen gestellt noch etwas Komisches ausprobiert.
    Nein, ich konnte ihn nicht hierlassen.
    »Na gut«, sagte ich zu uns beiden, »bleib dicht hinter mir und beweg dich genauso wie ich! Wir müssen unbemerkt nach unten kommen. Wie viele verschiedene Wege kennst du zu deinem Versteck?«
    Die Erleichterung, die über seine Züge huschte, brach mir fast das Herz. Wäre er nicht so bleich gewesen, hätte er wie Weihnachten ausgesehen. »Vier oder fünf. Such dir einen aus.« Er schwankte, fing sich ab und versuchte, sich aufzurichten. »Ich schaff das schon. Hau nur nicht ohne mich ab!«
    Vier oder fünf Wege waren gut – vorausgesetzt, er blieb lange genug bei Bewusstsein, um mich zu führen. »Okay.« Ich strengte mich an, klar zu denken, scheiterte aber leider ebenso kläglich wie vorher. »Ich brauche meine Tasche, und dann müssen wir einen Bus finden, der noch nach Osten rausfährt. Welcher fährt bei diesem Wetter durch?«
    »Der Dreiundfünfziger.« Als er nickte, fiel ihm das Haar ins Gesicht. Mein Gott, sogar seine Nase sah blass aus! »Er fährt die ganze Nacht, auch bei Schnee. Ich bringe dich hin.«
    Probehalber machte ich einen Schritt auf den Ausgang zu. Graves torkelte hinter mir her. Mir blieben schätzungsweise zwanzig Minuten, dann müsste ich ihn stützen.
    Los jetzt, Dru!
    »Okay«, sagte ich wieder. »Du und ich, Graves – gehen wir!«

Kapitel 12
    D ie Busse fuhren noch. Mit ihren Schneeketten waren sie nervenzerfetzend langsam, zumal der Abend- und Nachtfahrplan ohnehin längere Halte vorsah. Aber wenigstens fuhren sie noch in die richtige Richtung, und wir hatten erstmals ein bisschen Glück, denn wir erwischten den Dreiundfünfziger fast sofort, als wir aus dem Hauptausgang des Einkaufszentrums kamen.
    Wir sahen relativ normal aus, bibbernd und frierend. Busfahrer schauen nicht allzu genau hin, solange man nicht sturzbetrunken wirkt. Ein Taxi kam nicht in Frage. Außerdem war mir, während wir kurz auf den Bus warteten, eingefallen, dass Taxifahrer meist überdurchschnittlich neugierig sind, was ihre Fahrgäste betrifft, und das konnten wir gar nicht gebrauchen.
    Schlotternd stand ich da und beobachtete mein Haus von der Straßenecke aus. Graves hing halb auf mir. Die Busfahrt hatte er einigermaßen überstanden, doch jetzt konnte er nicht einmal mehr den Kopf gerade halten, so dass ihm die nassen Locken ins Gesicht fielen und seine milchige Blässe verschleierten. Seine Augen waren wieder geweitet und seine Lippen blau verfärbt.
    Der Schnee in meinem Vorgarten war unberührt. Nach wie vor keine Spur von dem Truck. Im Wohnzimmer brannte Licht, ein satter goldener Schein inmitten des düsteren Orange der Straßenlaternen. Dicke Flocken wirbelten durch die Luft und hatten uns bereits vollständig bedeckt, seit ich Graves zwei Straßen weiter aus dem Bus gezerrt hatte. Um ein Haar wäre er der Länge nach in den Schnee geschlagen. Wir mussten auf der Straße laufen, weil die Schneepflüge zu beiden Seiten riesige schmutzige Berge aufgetürmt hatten. Die Gehwege dahinter waren vereist und so verflucht rutschig, dass man sie nicht mehr benutzen konnte. Sand knirschte unter meinen Stiefeln. In

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