Strange Angels: Verflucht: Roman (PAN) (German Edition)
Es war das einzige Mal, dass sie sich zankten. Sonst hatte Gran nur Mmmh gesagt oder mit dem weitergemacht, was sie gerade tat, ohne Dad etwas zu erwidern.
Aber einmal, als wir mitten in der Nacht in der Hütte ankamen, zofften sie sich lautstark. Wir waren mit offenen Fenstern gefahren, so dass der kalte Berggeruch den ganzen Wagen ausgefüllt hatte, untermalt vom Rumpeln und Brummen des Motors. Als wir anhielten, roch es nach Staub und frisch geschnittenem Gras, kühler, klarer Luft und Nacht. Ich war so müde gewesen, hatte mich eingerollt und nuckelte an meinem Daumen, obwohl ich schon ein großes Mädchen war.
Dies war die klarste Erinnerung aus meiner Kindheit, der erste Felsen, der aus dem Nebel widersprüchlicher Eindrücke aus jener Zeit aufragte, bevor ich anfing, richtig auf alles zu achten, was um mich herum geschah. Man könnte wohl sagen, in jener Nacht fing ich an, groß zu werden. Ich nahm den schneidenden Geruch des Herbstlaubs wahr, hörte das Ticken von Grans Ofen und roch die Rühreier, die sie briet, als wir den holprigen Sandweg zu ihrem Haus hinaufrumpelten.
Gran hatte tatsächlich gebrüllt.
Was willst du tun, Dwight? Das Kind ist zu klein. Sie begreift nicht, was passiert!
Dads Stimme hatte heiser geklungen, vielleicht vor Tränen, auch wenn es absurd war, sich Dad weinend vorzustellen. Ja, das ist sie, verdammt! Deshalb sind wir hier. Hier kann nichts an sie herankommen. Du hasst mich vielleicht, aber ich gebe mein Bestes.
Und jedes Mal, wenn ich ihn anflehte, dass er mich mitnahm, wuschelte er mir lächelnd durchs Haar. Diesmal nicht, Prinzessin. Wenn du größer bist.
Gran hatte es verlässlich mit einem Schnauben quittiert, ihre falschen Zähne zurechtgerückt und die nächsten Tage dafür gesorgt, dass ich durchgängig beschäftigt war. In der Hütte gab es ständig etwas zu tun, und vielleicht dachte sie, es würde mich vom Grübeln abhalten.
Die lange Zeit, die ich wartete, dass Dad wiederkam und mich holte, war aber leider auch reichlich Zeit zum Nachdenken – egal, ob man währenddessen Heu schaufelte, Beeren sammelte oder beim Fleischpökeln half.
Das alles nützte mir jetzt nichts. Ich musste mich konzentrieren. Denk nach, Dru! Was würde Dad fragen?
»Wer ist dieser Orden?«
» Der Orden«, sagte Christophe in dem Tonfall, in dem ich sagen würde: Pah, atmen! »Professionelle Jäger, die meisten Djamphire, die Kouroi. Obwohl wir auch ein paar von seiner Sorte haben.« Er schwenkte seine Hand lässig zu Graves, der ganz weiß im Gesicht war. »Sie helfen uns.«
»Er ist ein Loup-garou «, merkte ich an. »Ein halber Werwolf, stärker und schneller als ein Mensch, aber nicht so stark wie ein richtig pelziger Werwolf. Das wissen wir schon. Wir sind ja nicht ganz blöd.«
Graves schenkte mir einen außergewöhnlichen Blick. Ich wusste nicht, ob er begriff, dass mir Christophes abfälliger Ton nicht gefiel. Aber wir hatten nachmittags schließlich alles in den Büchern nachgelesen und inzwischen eine Ahnung davon, was mit ihm passiert war.
Graves hatte mehr Glück gehabt, als uns beiden bewusst gewesen war. Nicht jeder, der gebissen wurde, war noch Jungfrau – oder wurde von einem Wolf gebissen, der alt und stark genug war, um ihn selbst dann noch halb zu wandeln.
Vor allem aber wollte ich nicht, dass der Blutsauger Graves von oben herab behandelte, weil er meinetwegen gebissen worden war.
»Genau. Sowohl richtige Werwölfe als auch Loup-garous gehören dem Orden an.« Christophe goss mehr Milch in den Topf und hielt sie in Bewegung, indem er den Topf hin und her schob. Sein eigener Becher stand neben dem Herd. »Die Hautwandler sind die Prinzen unter ihnen.«
Na, wenn das nichts ist! »Und ich bin also teils Blutsaugerin?« Ich berührte meinen Becher, der sengend heiß war.
»Die Upir können sich nicht von Menschenfrauen fernhalten. Sergej ist … Nun ja, je mächtiger sie sind, umso lieber paaren sie sich. Er achtet stets darauf, seine Nachkommen wie auch die Mütter zu töten, damit sie ihm nicht irgendwann gefährlich werden. Alle Djamphire sind Überlebende oder Nachkommen von Überlebenden.« Er atmete tief durch und straffte seine Schultern. »Sie würden uns sofort umbringen, wenn sie könnten – und wir sie ebenfalls. Eine große glückliche Familie eben.«
Und ich dachte immer, Dad und ich wären die Lachnummer unter den gestörten Familien. »Und dieser Orden versucht, Sergej umzubringen?« Der angeblich meine Mutter ermordet hat?
Es war nicht
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