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Straße in die Hölle

Straße in die Hölle

Titel: Straße in die Hölle Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Heinz G. Konsalik
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hatte Medizin in Rio studiert, und anstatt ihr Praktikum in einem der neuerbauten Muster-Krankenhäuser zu machen, die man allen Brasilienbesuchern stolz vorführte, meldete sie sich zum Urwaldeinsatz.
    Auch in ihrem Fall griffen die Behörden sofort zu. Eine Medizinerin! So etwas brauchte man für die Mädchen in den Kantinen, für die Dirnen im rollenden Bordell, für die Indiofrauen, die man sofort zwangsweise impfte, wenn man die im dichten Wald versteckten Dörfer bisher unbekannter Indio-Stämme erreichte.
    »Was sagen Ihre Eltern denn zu dieser Schnapsidee?« fragte Santaluz, als sie sich mit der Zuweisung der Regierung in der Hand bei ihm meldete.
    »Nichts. Ich habe keine Eltern mehr.«
    »Verzeihung, das konnte ich nicht wissen.«
    »Natürlich nicht.« Norina lächelte schwach. »Meine Eltern kamen bei einem Flugzeugunglück ums Leben. Sie erinnern sich … die Maschine, die bei São Paulo ins Meer stürzte, beim Landeanflug. Vor vier Jahren …«
    »Ich erinnere mich. Ein furchtbares Unglück.« Dr. Santaluz las ihre Papiere durch. »Und jetzt fordern Sie das Schicksal heraus, Norina. Ich möchte Sie nicht mitnehmen.«
    »Sie müssen mich aber mitnehmen, doutôr . Ich habe eine feste Anstellung und einen Vertrag.«
    Vier Tage lang telefonierte Dr. Santaluz herum – ohne Erfolg. Norina Samasina war ihm zugewiesen – basta! Auch Pater de Sete, der sich einschaltete, scheiterte an den Behörden.
    »Wir müssen sie rechtzeitig in Sicherheit bringen«, sagte Santaluz später zu ihm. Sie trafen sich in Ceres in einem kleinen Hotel, das als Quartier des Hospitals diente. »Ich werde sowieso keine Ruhe geben, bis ich einen Lazaretthubschrauber bekomme. Der kann sie dann sofort wegbringen.«
    »Wann wirst du im Lager sein?« fragte de Sete.
    »In zwei Tagen, Pietro. Morgen früh fahren wir los.«
    »Viel Glück, Stefano.«
    »Danke.«
    Sie gaben sich die Hand. Es war mehr als nur ein Abschied zwischen Freunden. Sie tauschten einen Blick wie zwei Verschwörer, die ein Geheimnis miteinander teilten.

2
    Zuerst kam der Nachschub im Lager an. Proviant, Löhnung und ein zum Laden umgebauter Omnibus, eine Art Marketenderei, in der man alles kaufen konnte, vom Tabak bis zum Rasierwasser, vom Heiligenbildchen bis zum Sexmagazin. Der Verkaufsbus entlastete die Kantine, die für siebzehnhundert Mann viel zu klein war und nach Auszahlung des Wochenlohnes innerhalb weniger Stunden leergekauft war.
    Vorne, an der Spitze des Straßenbaues, bei den Rodern, die als erste den Urwald aufhackten, die Bäume fällten, mit Räumern die Schneise in die grüne Mauer walzten, war vorübergehend Ruhe eingekehrt. Alegre und seine Freunde schufteten weiter, zehn Stunden am Tag in glühender Hitze, umgeben vom feuchten Dunst des Waldes, umschwirrt von Myriaden von Mücken … eine Hölle, nach Moder und Verwesung stinkend, mit glitschigem Boden und einer in Jahrhunderten geflochtenen Mauer aus armdicken Lianen, die die Machete zurückfedern ließ, als wäre sie aus Gummi.
    Nach zehn Stunden lagen die ersten Schichten der Arbeiter erschöpft und halbtot in den erbärmlichen Zelten. Die Männer waren so erschöpft, daß sie die Nachtschicht nicht hörten, die bei starken Scheinwerfern Meter um Meter ins unbekannte Land vordrang – nach einem Plan, der nüchtern befahl: geradeaus!
    Karl Gebbhardt war mit seinem Landrover wieder zur Spitze zurückgekehrt. Das Feldtelefon, das durch eine Schwebeleitung mit Ceres verbunden war, von wo aus eine direkte Verbindung mit Brasilia bestand, hatte ihm ermöglicht, mit Senhor Bolos Zentrale zu sprechen. Seine Beschwerden waren entgegengenommen und nicht weiter beachtet worden.
    »Sie werden von uns hören«, hatte eine nüchterne Stimme in Brasilia gesagt. »Der Sachbearbeiter wird es prüfen.«
    »Ich will keinen Sachbearbeiter, ich will Senhor Bolo selbst sprechen!« hatte Gebbhardt ins Telefon gebrüllt. »Die Sachbearbeiter sind ja selbst Maden im Speck!«
    Weiter war er nicht gekommen. Die Leitung war plötzlich gestört gewesen. Niemand wußte, wo sie gerissen war.
    »So wird es immer sein, Senhor Carlos«, sagte Alegre am Abend, als Gebbhardt wieder im vorderen Lager war. »Wir müssen uns selbst helfen, sonst krepieren wir alle, bevor wir den Rio Araguaia erreicht haben.«
    An diesem Abend bekam die ›Spitze‹ Besuch. Ein Jeep fuhr ins Lager und hielt vor Gebbhardts Bauwagen. Die Arbeiter, die bisher an den Feuern gehockt hatten, standen auf und kamen langsam näher. Etwas Drohendes war in

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