Straße ins Nichts (Detective Dave Robicheaux) (German Edition)
Hose lässt. Du hast die Sache draußen am Atchafalaya angezettelt, bei der mein Partner Dave fast draufgegangen wäre, nicht wahr?‹
Sagt er: ›Egal, wie die Sache ausgeht, deswegen bist du trotzdem ein Penner, Purcel.‹
Ich fahr seine Karre also auf das Förderband und drücke sämtliche Knöpfe, von Unterbodenwäsche bis Heiß wachs. Die Hochdruckstrahler gehen los, und die großen Bürsten tauchen in das Auto rein und schrubben Ritter tüchtig durch. Ich stell die Anlage ab, will ihm noch eine Chance geben, aber er fängt an zu plärren und drückt auf die Hupe, folglich schalte ich das Ganze wieder an, stell aber das Laufband ab und lass ihn im Dampf sitzen, der hinten und vorne aus der Hütte quillt.«
»Willst du damit sagen, dass Ritter immer noch da drin ist?«, sagte ich.
»Ja und nein.« Er spitzte den Mund und atmete tief durch. »Ich hatte alle Hände voll zu tun. Janet ist durchgedreht, hat allerhand Sachen zerdeppert, ihre Klamotten in einen Koffer geschmissen. Dann hab ich es zwei Mal knallen gehört, wie wenn Kracher im Regen hochgehen. Ich bin raus zu der Autowaschanlage, aber da war weit und breit niemand. Bis auf Ritter, der mit dem Gesicht nach unten in der Wachs- und Seifenbrühe trieb. Er hatte sich eine ins Ohr und eine durch den Mund eingefangen.«
Ich stand auf, schaute auf das Feld meines Nachbarn, auf den Nebel, der aus dem Bachbett stieg, und wandte Clete den Rücken zu, damit er mein Gesicht nicht sah.
Als ich mich wieder umdrehte, zuckten und flackerten Cletes Augen, und er bewegte unsicher den Mund wie ein Betrunkener, der von einer Sauftour kommt und nicht weiß, ob er darüber lachen soll oder nicht.
Dann heftete er den Blick auf mich, und sein Gesicht wurde ausdruckslos. »Der Schuss ist voll nach hinten losgegangen«, sagte er wie zur Erklärung.
»Ja, ich glaube schon, Clete.«
»Ist das alles, was du dazu sagst?«
»Komm mit rein. Ich mach dir was zu essen«, sagte ich und ging an ihm vorbei in Richtung Haus.
»Streak ... Verdammt, schau mich nicht so an.«
Ich ging durch die Küche ins Bad, putzte mir die Zähne, spritzte mir kaltes Wasser ins Gesicht und versuchte mich nicht mit den Gedanken zu beschäftigen, die mir durch den Kopf gingen, wollte meine Wut nicht an einem Freund auslassen, der sich meinetwegen in Gefahr gebracht hatte. Aber ich war davon überzeugt, dass Ritter etwas über den Tod meiner Mutter wusste, und das war nun verloren.
Ich trocknete mir das Gesicht ab und ging in die Küche zurück.
»Soll ich die Fliege machen?«, sagte Clete.
»Hol die Bratpfanne aus dem Schrank, und danach rufst du Nig und Wee Willie an und sagst ihnen, dass sie eine Kaution für dich bereitstellen sollen«, sagte ich, während ich einen Karton Eier und eine Seite Speck aus dem Kühlschrank holte.
Nach dem Frühstück gingen Bootsie, Alafair und ich zur Messe. Als wir zurückkamen, saß Clete unter einem Sonnenschirm an einem der Kabelrollentische am Bootssteg und las Zeitung. Von weitem wirkte er gelöst und mit sich zufrieden, wie jemand, der einen schönen Tag genießt, aber ich wusste es besser. Clete machte sich nichts vor, was den Ernst der Lage anging. Einmal mehr hatte er mit seiner tolldreisten Art seinen Feinden in die Hände gespielt, und nun hing er an einem seidenen Faden über dem Mahlwerk der Justiz.
Im Fernsehen werden Strafprozesse immer als eine logische und geregelte Abfolge von Ereignissen dargestellt, an deren Ende die Schuldigen bestraft und die Unschuldigen freigesprochen werden. Die Wirklichkeit sieht anders aus. An dem Tag, an dem man mit dem Gesetz in Konflikt kommt, ist man nicht mehr Herr über sein eigenes Leben. Das, was von ahnungslosen Zeitgenossen geringschätzig als »eine Nacht im Knast« abgetan wird, bedeutet, dass man über einen unbestimmten Zeitraum hinweg in einer Arrestzelle mit einem Abflussloch im Boden sitzt, sich die mit Händen beschmierten und mit allerlei Geschlechtsorganen bekritzelten Wände anschaut, mit anhören muss, wie die anderen Häftlinge unverständliches Zeug durch den Korridor brüllen, während die Cops zurückbrüllen und mit den Schlagstöcken an die Gitterstäbe hämmern.
Du musst um Erlaubnis fragen, wenn du auf die Toilette willst. Wenn dir die Zigaretten oder die Streichhölzer ausgehen, musst du einen der Schließer durch die Gitterstäbe anbetteln. Deine Persönlichkeit, das, was deine Identität ausmacht, und alle bürgerlichen Ehrenrechte, die du für selbstverständlich gehalten hast,
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