Strawberry Summer
ihre Finger, die vom Erdbeersaft verfärbt waren. Sie hatte ziemlich viele gegessen. Sie würde wahrscheinlich keinen Hunger auf das Abendessen haben. Endlich hielten sie vor einem Haus, das so klein und einsam wirkte, dass man es für eine verlassene Hütte hätte halten können.
»Es ist ein bisschen kleiner als deins«, sagte Mike, während er parkte, »aber es hat genauso viel Charakter.«
»Mit wie vielen Leuten lebst du hier?« Isabel betrachtete die Tür mit dem verbogenen Fliegengitter und die Weihnachtslichterkette, die unordentlich auf der Veranda hing.
»Ich wohne hier mit meinen Freunden Pete und Esteban, aber die sind heute Nacht in Quogue.«
Isabel stieg aus dem Auto und folgte Mike über den von Rissen durchzogenen Beton. Es gab keinen richtigen Garten, nur nackte Erde mit ein bisschen Gras hier und da. Bierdosen standen auf den Lehnen zweier Adirondack-Stühle auf der Veranda, auf dem Geländer und neben einem Stapel Werbezettel, die aus einem überfüllten Briefschlitz an der Eingangstür gefallen waren. »Was ist das für ein Geräusch?«, fragte sie.
»Frösche«, antwortete er. Er trug den Korb mit den Erdbeeren. »Vom Teich. Er ist auf der anderen Seite.« Sie beobachtete ihn, wie er die abblätternden Treppenstufen hinaufging, den Korb an einem Arm balancierte und eine Bierdose vom Geländer nahm. »Ich bringe nur schnell die Erdbeeren in die Küche und dann können wir weiter«, sagte er.
»Oder wir bleiben.«
Überrascht sah er sie über die Schulter hinweg an. »Ja?«
»Sicher«, sagte sie. Er hatte sie immer noch nicht geküsst. Und hoffentlich sah es drinnen nicht so schlimm aus wie draußen.
»Ich kann uns Pasta machen«, sagte er. »Magst du Spaghetti?«
»Ich liebe Spaghetti«, sagte sie mit einem Lächeln.
Sie merkte, wie ihre Nervosität zurückkehrte. Konnte sie sich überhaupt daran erinnern, wie man jemanden küsste, den man wirklich, wirklich gernhatte?
Er öffnete die Tür. Helle Lichter flammten auf und blendeten sie plötzlich.
» Überraschung! «, riefen viele Stimmen.
Sie sah über Mikes Schulter. Eine Gruppe von etwa zwanzig Leuten stand dicht gedrängt unter einem Schild, auf dem in großen Buchstaben HAPPY BIRTHDAY stand.
»Hast du etwa Geburtstag?«, fragte sie.
Mike schien sie in dem ganzen Lärm nicht zu hören. Er stellte die Erdbeeren ab und lief zu seinen Freunden, gab High Fives und rief immer wieder: »Ich glaub’s nicht! Ich glaub’s einfach nicht!«.
Toll , dachte Isabel. Na toll .
Jemand fing an, »Happy Birthday« zu singen, und bald sangen alle im Raum, während Mike noch mehr High Fives austeilte. Sie erkannte einige der Gesichter von Buford’s wieder, aber viele waren ihr fremd. Was das Haus anging, so war es definitiv schäbig und kein bisschen chic. Alle Möbel – ein graues Sofa mit großen pinken Blumen, ein zerkratzter ovaler Kaffeetisch aus Kirschholz, ein La-Z-Boy mit einem langen Riss im Kunstleder – sahen aus, als wären sie mindestens secondhand. Der Fernseher war groß, aber ebenfalls eine Antiquität – locker über zehn Jahre alt. Der orangene Shaggy-Teppich hatte einen mysteriösen dunklen Fleck in der Ecke. Immerhin war es nicht dreckig, und es gab durchaus Kleinigkeiten, die ihr gefielen: ein schwarz-weißes Poster von Surfern, auf dem MONTAUK , 1965 stand, und eine Vase mit gelben Blumen auf dem runden Küchentisch.
Mike kam zu ihr zurück und nahm ihre Hand. »Hey, ich stell dich meinen Mitbewohnern vor«, sagte er und führte sie zu einem Typ mit sonnengebleichten Dreadlocks und Tattoos auf den Armen. »Das ist Pete«, sagte er. »Pete, das ist Isabel.«
»Hey«, sagte Pete und schüttelte ihre Hand. »Ich hoffe, wir haben euren romantischen Abend nicht ruiniert. Wir wollten nur Mikeys ersten Geburtstag als Volljähriger stilvoll feiern, weil er doch immer seinen Ausweis zeigen muss.«
»Dude«, warnte ihn Mike und gab ihm spielerisch einen Schubs. »Und das«, sagte er dann und schob sie weiter, »ist Esteban. Esteban, das ist Isabel.«
Ein kleinerer Typ mit schwarzen wuscheligen Haaren und einer Narbe auf der Wange umarmte Isabel. »Glaub dem Typ kein Wort«, sagte er lächelnd. »Er ist ein totaler Lügner.«
»Hey –«, setzte Mike an.
Esteban gab ihm einen Klaps auf den Kopf und lachte. »Wollt ihr was trinken?«
Mike sah sie an. »Magst du was?«
»Ich nehm Champagner.«
»Wie wäre es mit einem Bier?«, fragte Mike.
»Sicher«, sagte sie.
Esteban ging in die Küche und Mike zog sie nah an sich
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