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Streiflichter aus Amerika

Titel: Streiflichter aus Amerika Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Bill Bryson
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Vereinigten Staaten in den neunziger Jahren des zwanzigsten Jahrhunderts, und wenn es um Drogen geht, gibt es kein Pardon. Tut mir leid, aber so ist es. Der Nächste bitte.
    Die Brutalität, mit der man in den Vereinigten Staaten nun Drogenbenutzer verfolgt, kennt keine Grenzen. In fünfzehn Staaten kann man zu lebenslanger Haft verurteilt werden, wenn man eine einzige Marihuanapflanze besitzt. Newt Gingrich, Sprecher des Repräsentantenhauses, hat jüngst vorgeschlagen, daß jeder, der auch nur zwei Unzen Marihuana, das sind 56,70 Gramm, in die Vereinigten Staaten einführt, ohne Möglichkeit der vorzeitigen Entlassung lebenslang eingesperrt und jeder, der mehr mitbringt, hingerichtet werden soll. Eine dementsprechende Gesetzesvorlage wird im Moment im Kongreß behandelt.
    Laut einer Studie aus dem Jahr 1990 wurden neunzig Prozent aller Ersttäter bei Drogenmißbrauch von Bundesgerichten zu durchschnittlich fünf Jahren Gefängnis verurteilt. Im Gegensatz dazu wurden Gewaltverbrecher, ebenfalls Ersttäter, weniger häufig eingesperrt und erhielten Haftstrafen von durchschnittlich vier Jahren. Man wandert also eher in den Knast, wenn man im Besitz einer illegalen Droge erwischt wird, als wenn man eine alte Dame die Treppe hinunterschubst. Sie können ruhig sagen, ich spinne, aber da scheint mir doch die Verhältnismäßigkeit der Mittel nicht gewahrt zu sein.
    Verstehen Sie mich bitte recht, es liegt mir auch nicht im entferntesten daran, dem Gebrauch von Drogen das Wort zu reden. Ich bin mir bewußt, daß man sich mit Drogen ganz gewaltig kaputtmachen kann. Ich habe einen alten Schulkameraden, der ungefähr im Jahre 1977 einen LSD-Trip zuviel gemacht hat und seitdem auf der Veranda seiner Eltern im Schaukelstuhl sitzt, seine Handrücken untersucht und in sich hineingrinst. Ich weiß, was Drogen anrichten können. Ich kann mich nur noch nicht zu der Überzeugung durchringen, daß man jemandem vom Leben zum Tode befördern sollte, weil er eine Dummheit begangen hat.
    Nur wenige meiner Landsleute stimmen mir da zu. Es ist der klare und inbrünstige Wunsch der meisten US-Bürger, Drogenkonsumenten und -dealer hinter Gitter zu bringen, und um das zu erreichen, sind sie bereit, fast jeden Preis zu zahlen. Die Leute in Texas stimmten kürzlich gegen einen Vorschlag, für siebenhundertfünfzig Millionen Dollar neue Schulen zu bauen, billigten aber mit überwältigender Mehrheit einen Beschluß, für eine Milliarde Dollar neue Knaste einzurichten, hauptsächlich für Leute, die wegen Drogenvergehens verurteilt worden sind.
    Seit 1982 hat sich die Zahl der Gefängnisinsassen in den Vereinigten Staaten fast verdoppelt, l 630 000 Menschen sitzen hier hinter Gittern. Und sechzig Prozent aller Gefangenen sind nicht wegen Verbrechen gegen Leib und Leben inhaftiert, sondern wegen Drogendelikten. Die Strafanstalten sind vollgestopft mit nicht gewalttätigen Kleinkriminellen, deren Problem eine Schwäche für illegale Rauschmittel ist.
    Weil die meisten Drogensünder Strafen verbüßen, die nicht zur Bewährung ausgesetzt werden können, müssen andere Gefangene früher entlassen werden, um all den hereinströmenden, neu des Drogenmißbrauchs überführten Massen Platz zu machen. Folglich brummt der rechtskräftig verurteilte Mörder in den Vereinigten Staaten nun im Durchschnitt weniger als sechs Jahre ab und der Vergewaltiger durchschnittlich fünf. Und wenn sie wieder draußen sind, haben sie sofort Anspruch auf Sozialfürsorge, Essensmarken und andere staatliche Hilfen. Entlassenen Drogensündern wird die Unterstützung, einerlei, wie verzweifelt ihre Lebensumstände sind, bis zum Ende ihrer Tage verweigert.
    Bis dahin macht man ihnen das Dasein aber noch so schwer man kann. Mein Freund in Iowa hat einmal wegen eines Drogenvergehens vier Monate in einem staatlichen Gefängnis verbracht. Vor fast zwanzig Jahren. Er hat seine Zeit abgesessen und ist seitdem vollkommen clean. Als er sich neulich um einen Job als Aushilfe bei der Post bewarb (zum Briefe sortieren) – wohlgemerkt, als einer von vielen in der Armee von Zeitarbeitern, die jedes Jahr eingestellt werden, um der Weihnachtspostberge Herr zu werden –, hat er nicht nur den Job nicht bekommen, sondern auch etwa eine Woche später eine gerichtliche Abmahnung, in der man ihm mit Strafverfolgung drohte, weil er auf seiner Bewerbung nicht angegeben hatte, daß er wegen eines schweren Drogenverbrechens vorbestraft sei.
    Die Post hatte sich wahrhaftig die Mühe gemacht, jemanden

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