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Strom der Sehnsucht

Titel: Strom der Sehnsucht Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Jennifer Blake
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Muskelkater.
    »Wer, zum Teufel?« rief McCullough aus und sprang auf. Als er mit seinem verletzten Knie gegen das Tischbein stieß, fluchte er gotteslästerlich. »Klingt ja wie...«
    Rolf hörte auf, seine Pistole zu reinigen, und sah mit wachsamem Blick hoch. Die anderen schwiegen.
    »Kommt Ihr raus, Ihr räudiger Glatzkopf von ’nem lausigen Schotten, oder muß ich erst reinkommen und Euch holen?«
    »Jesses!« Ein Grinsen zerklüftete McCulloughs Bart, und er humpelte hastig zur Tür. Einige andere kamen auf die Beine und drängten sich hinter ihm. Angeline legte das Flickzeug weg, und Rolf begab sich ebenfalls langsam zum Eingang.
    Vor der Treppe, die in die offene Halle führte, stand ein Reiter, ein hünenhafter junger Mann. Er war gut gekleidet, trug einen feingewobenen grauen Frack aus Wolle, eine cremefarbene Weste mit schwarzer Seidenstickerei, Kniehosen aus Büffelleder und polierte Reitstiefel. Bei Angelines Anblick lüftete er den Zylinder, und über dem breiten, sonnenverbrannten Gesicht mit den regelmäßigen Zügen und den dunkelgrauen Augen kam sein rotblondes Haar zum Vorschein.
    »Mademoiselle Fortin«, rief er überrascht.
    »Mr. Bowie«, erwiderte sie lächelnd.
    »Früher habt Ihr mich Jim genannt«, entgegnete er und sandte dann McCullough einen strengen Blick zu. »Darf ich fragen, wie Ihr hierher kommt?«
    Sein manierlicher, leiser Ton stand in deutlichem Kontrast zu dem derben Gebrüll von vorher, als er nach Art eines Hinterwäldlers oder Flußschiffers einen Gleichgesinnten begrüßt hatte.
    »Na, Jim, jetzt laßt net gleich die Gäule mit Euch durchgehn«, unterbrach ihn hastig der Schotte. »Ich werd’s Euch erklären.«
    »Hätte nichts dagegen, daß Ihr es tut. Ich kenne Mademoiselle Fortin seit einiger Zeit, unsere Familien waren sozusagen Nachbarn in der Nähe von St. Martinville, bis sich mein Vater letztes Jahr in den Kopf gesetzt hat, sich dünn zu machen und in eine weniger überfüllte Gegend zu ziehen. Es gefällt mir gar nicht, daß eine Dame wie sie hier an diesem gottverlassenen Ort bei Euresgleichen ist.«
    McCullough zeigte sich über diese Spitze durchaus nicht beleidigt. »Ich erzähl’ Euch die Geschichte da drinnen. Steigt ab und tretet ein. Du da, Jack, kümmere dich um sein Pferd!«
    Jim Bowie stieg mit einer muskulösen Grazie vom Pferd, wie sie bei hochgewachsenen Menschen selten vorkommt. Er klemmte den Hut unter den Arm und neigte sich über Angelines Hand. Der
    Blick, den er dabei Rolf zuwarf, der ihr besitzergreifend den Arm um die Taille gelegt hatte, war noch unfreundlicher als sein Tonfall gegenüber dem Schotten.
    Die Persönlichkeit der beiden Männer war beinahe gleich stark, Bowie besaß allerdings einen geringen Vorteil an Größe und Gewicht. An Alter aber war Rolf ihm über, er hatte Bowies vierundzwanzig Jahren etwa vier oder fünf voraus und besaß jene undefinierbare Überlegenheit, wie sie große Lebenserfahrung mit sich bringt. Er hielt der durchdringenden Musterung des Jüngeren geduldig stand und neigte bei McCulloughs notdürftiger Vorstellung artig den Kopf.
    »Ein Prinz«, brummte Jim. »Ihr seid weit weg von Eurer Heimat. Was führt Euch in unser Land?«
    »Eine Privatangelegenheit.«
    »Es muß eine dringende Angelegenheit sein, daß Ihr Euch an einen so einsamen Ort begebt.«
    »Na ja.« Rolfs Antworten waren nicht gerade ermutigend.
    »Ihr werdet bestimmt froh sein, wenn Ihr wieder nach Hause gehen könnt?«
    »Da kann ich Euch nicht beipflichten. Bis jetzt war es ein faszinierendes Intermezzo, das ich ungern versäumt hätte.«
    »Ich hoffe, Ihr werdet immer noch so denken... wenn Ihr uns schließlich verlaßt.«
    Rolf neigte wieder den Kopf. »Das scheint mir wahrscheinlich.«
    In ihrem höflichen Dialog lag ein Unterton, der Angeline nicht gefiel. Auch das Erscheinen von Andre beruhigte sie nicht. Auch er schüttelte Jim überrascht die Hand, da er ihn kannte.
    »Es freut mich, daß Ihr hier seid«, sagte Andre mit gequältem Lächeln und Genugtuung in der Stimme.
    »Ganz meinerseits«, erwiderte Jim mit einem fast unmerklichen Blick auf Angeline.
    Andre verzog das Gesicht zu einer Grimasse. »Es ist nicht viel, dazusein. Manchmal kann man nur warten.«
    McCullough, der es satt hatte, daß das Gespräch an ihm vorbeilief, unterbrach sie. »Genug auf der Schwelle geplänkelt! Kommt rein, Jim. Kommt rein, und wir wolln Euch was zu trinken geben.«
    Sie traten alle ins Haus. Der Ehrengast blieb stehen, um Angeline vor sich

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