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Strom der Sehnsucht

Titel: Strom der Sehnsucht Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Jennifer Blake
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verabschieden«, sagte er, als sie von seiner Mutter und ihren Freundinnen weit genug entfernt waren.
    »Ich weiß, und es tut mir leid, aber meine Tante hat mich abgeholt.«
    »Sie gibt Ihnen wohl die Schuld für Claires Verschwinden. Hat sie Sie gut behandelt?«
    »Ja, einigermaßen.« Es war nicht nötig, ihn mit ihren Problemen zu belasten, besonders, da sie ihm nicht das Recht einräumen wollte, Abhilfe zu schaffen.
    »Erlauben Sie mir, daran zu zweifeln! Man hat mir wiederholt mitgeteilt, daß Sie nicht zu Hause seien, obwohl ich wußte, daß es eine Lüge ist, aber ich habe nichts gesagt.« Seine braunen Augen starrten sie ernst an. »Ich muß Sie sprechen. Es gibt etwas, das wir noch klären müssen, etwas Wichtiges, jedenfalls für mich.«
    »Ich hatte keine Ahnung, daß Sie zu Besuch kamen«, war alles, wozu Angeline sich aufraffen konnte.
    »Auch meine Briefe wurden nicht beantwortet.«
    »Ich habe sie nie zu Gesicht bekommen.«
    »Wenn Sie mich empfangen wollen, werde ich mir mit Gewalt Zutritt verschaffen. Ihre Tante kann Sie nicht wie eine Gefangene behandeln.«
    Er verwechselte ihre Zerstreutheit mit Ermutigung. »Nein. Aber, Andre, auch wenn Ihre Besorgnis mir ein Trost ist, weiß ich nicht, ob ich Ihnen die Antwort geben kann, die Sie sich wünschen.«
    »Ich verlange nicht viel von Ihnen.«
    »Ich weiß«, erwiderte sie, und in ihren Augen stand Mitgefühl. Sie betrachtete sein Gesicht mit der olivbraunen Haut und dem dünnen Schnurrbart über dem lächelnden Mund. »Aber Sie haben Besseres verdient.«
    Dann rückte die Garde an wie eine weiße Schutzwand und schirmte sie ab. Als die Herren sie nacheinander zum Tanz führten, während Rolf seiner Verpflichtung als Ehrengast nachkam und die Gattinnen der Honoratioren durch den Saal schwenkte, fragte sich
    Angeline wiederholt, ob sie aus Besorgnis um sie oder auf Anweisung ihres Anführers so galant waren. Oswald, der sich jetzt vor ihr verbeugte, war schweigsam und trug wie die anderen einen schwarzen Trauerflor am Arm. Er war höflich und rücksichtsvoll, und aus seiner Miene sprach eine Wärme, die ihn Oskar frappierend ähnlich machte. Fast hatte es den Anschein, als sei Oswald gestorben, so verändert war Oskars Zwillingsbruder.
    Angeline hing derartigen Gedanken nach, und das hinderte sie daran, Rolf über Gebühr mit den Augen zu folgen und sich zu sehr mit dem flauen Gefühl in ihrer Magengegend zu beschäftigen. Nach einer Weile ging es vorüber, aber für den Rest des Abends lehnte sie es kategorisch ab, etwas zu trinken. Bei Rolf, soviel sah sie deutlich, war das Gegenteil der Fall.
    »So ist er«, sagte Meyer zu ihr, »seit unserer Ankunft in New Orleans, seit er die Depeschen gelesen hat, die für ihn gekommen sind. Vielleicht steckt etwas dahinter. Ich habe nicht gesehen, was sie enthalten, aber es heißt, sein Vater kritisiere, daß er seine Pflichten vernachlässige, der Finanzminister bekrittele seine Ausgaben, und ein Schreiben aus dem Außenministerium habe die mögliche Verehelichung mit einer bairischen Prinzessin zum Thema.«
    »Das reicht, um jedem die Stimmung zu verderben«, erwiderte Angeline mit großer Willensanstrengung, »besonders, wenn er solchen Belastungen ausgesetzt ist.«
    »Ich stimme Euch ohne Einschränkung zu. Seine Energie ist unerschöpflich. Nicht nur, daß er kaum schläft, weil ihn die Suche nach Eurer Kusine so sehr in Anspruch nimmt, er wird auch ständig eingeladen und ist Tag und Nacht für jeden Süßwarenkrämer, jede Schneiderin zu sprechen, die vielleicht irgendeine Auskunft geben könnte. Außerdem ist es ihm gelungen, die Beziehungen zwischen unserem und Eurem Land zu fördern, und, als wäre das noch nicht genug, hat er jeden Brief, den er erhielt, persönlich beantwortet.«
    »Er... er scheint Talent für Organisatorisches zu besitzen.«
    »Und dafür, sich ohne Rast und Ruhe abzurackern, was uns, seine Umgebung, mit großer Besorgnis erfüllt, zumal da ein Ende unseres Aufenthalts abzusehen ist.«
    »Es gibt Neues von Claire?« fragte Angeline hastig.
    »Rolf behält es vorsichtig für sich, und wer kann es ihm verdenken? Aber ich halte es für möglich, ja, sogar für wahrscheinlich.«
    »Wenn das so ist, warum hat er dann nichts unternommen?«
    »Wer weiß? Vielleicht will er diesmal sichergehen, daß ihm seine Beute nicht wieder entkommt, und geht kein Risiko ein, ehe er zuschlägt.«
    Es könnte auch sein, dachte Angeline, als sie zustimmend nickte, daß er niemandem traut und alle im

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