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Strom der Sehnsucht

Titel: Strom der Sehnsucht Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Jennifer Blake
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Scheunentor aufblitzen. Nach der Stimme war es Leopold. Er mußte angekommen sein, als sie die Treppe hinunterschlich, und rieb jetzt im letzten Abendlicht sein Pferd ab. Er ließ die Bürste fallen, um ihr nachzusetzen. Sie raffte die Röcke und rannte.
    Instinktiv wandte sie sich zur Vordertür des Gebäudes und lief hinter dem Reiter her, der in sehr gerader Haltung auf dem Weg davontrabte. Über ihn und das Pferd war ein Regenumhang gebreitet wie ein Rittermantel. Sie vergaß, daß Andres Leben bedroht war, vergaß in ihrem Drang nach Freiheit jede Vorsicht und holte Luft, um zu schreien.
    Da wurde sie an der Schulter gepackt. Sie verlor das Gleichgewicht, stolperte über dorniges Gestrüpp und trockene Grasbüschel und stürzte zu Boden. Das Gras prickelte an ihren Unterarmen, mit denen sie sich abfing, und Heugeruch umgab sie. Sie drehte sich um, rappelte sich ein wenig auf. Entmutigt blieb sie sitzen und starrte Leopold wütend und verzweifelt an, der neben ihr kniete.
    Dann waren andere Schritte zu hören, leise und entschlossen.
    Über ihren Köpfen knurrte Rolfs Stimme: »Wie mir scheint, ist es Euer Schicksal, stürmisch umworben zu werden, meine liebe Angeline.«
    »Das ist nicht wahr«, verteidigte sich Leopold und blickte ihn finster an. »Derlei Scherze überlasse ich Euch.«
    »Es freut mich außerordentlich, das zu hören. Und wie kommt es, daß du dich mit meiner... Gefangenen im Gras herumwälzt?«
    »Eure Gefangene wäre fast entkommen, während Ihr mit Eurem Besucher beschäftigt wart. Ich habe sie lediglich aufgehalten.«
    »Wie freundlich von Mademoiselle Fortin, dir Gelegenheit zu geben, die Scharte von vorgestern nacht auszuwetzen, als du sie aus den Augen verloren hast. Statt von mir Dankbarkeit zu erwarten, solltest du diese lieber ihr gegenüber ausdrücken - oder dich zumindest erkundigen, ob sie verletzt ist.«
    Leopolds Miene - er hatte eben noch vor Zorn mit den Zähnen geknirscht - war wie umgewandelt. Er sah auf Angeline hinunter, und in seinen dunklen Augen stand Besorgnis. »Seid Ihr verletzt, Mademoiselle?«
    »Nicht im mindesten«, fauchte sie.
    »Dein Glück«, knurrte Rolf und sah immer noch Leopold an, während er die Hand ausstreckte, um Angeline auf die Beine zu helfen.
    Der andere errötete und richtete sich auf. »Wenn das eine Drohung sein soll...«
    »Wie kommst du denn darauf?« Rolf würdigte Leopold keines Blickes, sondern wischte Angeline aufmerksam und sorgfältig die Regentropfen und Grashalme vom Gesicht.
    »Es hat sich so angehört.«
    »Es besteht keinerlei Notwendigkeit, deine Phantasie zu strapazieren. Wenn ich es als Drohung gemeint hätte, wärest du darüber wohl kaum im Zweifel geblieben.«
    Die Hände zu Fäusten geballt, trat Leopold einen Schritt nach vorn. »Verdammt noch mal, Rolf, Ihr seid das undankbarste Geschöpf, dem ich je begegnet bin.«
    »Bist du deshalb unaufgefordert mitgekommen?«
    »Ich sprach von dem, was gerade geschehen ist.«
    »Ach? Ich nicht.«
    »Na gut«, grollte Leopold mit Bitterkeit. »Ihr wolltet nicht, daß ich mitkomme, und ich wußte es. Aber ich bin es langsam leid, wie Ihr mich ständig abkanzelt. Das hier ist schließlich genauso mein Recht wie Eures.«
    »Du hängst dich an meinen Troß an wie eine fahrende Hure, die einem Hauptfeldwebel auf den Feldzug folgt, und erwartest, daß ich applaudiere?«
    »Es liegt ebensosehr in meinem wie in Eurem Interesse, den Mörder von Max zu finden! Da er tot und Euer Vater schwer krank ist, heißt es schon, es müsse mir ganz gelegen kommen, wenn... wenn Euch etwas zustoßen sollte. Oder habt Ihr das nicht gewußt?«
    »Natürlich, mein Kleiner, und da du dieser Angelegenheit bereits so viel Denkarbeit gewidmet hast, ist dir vielleicht auch in den Sinn gekommen, was für einen wunderschönen Sündenbock du abgibst, solange du bei mir bist? Wenn du dagegen in Ruthenien weiltest und mir dann ein Leid geschähe, könnte man dich als letzten unseres Geschlechts zum König ausrufen, ohne daß du Skrupel haben müßtest.«
    »Ich will nicht an deiner Stelle König werden und werde das zu verhindern wissen.«
    Rolfs Lachen dröhnte spöttisch durch die klamme Luft. »Mein Schutzengel, ich bin gerührt.«
    »Macht Euch nur über mich lustig, mein Prinz, Cousin und künftiger König, aber ich werde Euch nicht verlassen. Ich kehre nicht allein nach Ruthenien zurück.«
    Daraufhin machte Leopold auf dem Absatz kehrt und marschierte im Paradeschritt durch das feuchte Gras. Stirnrunzelnd sah Rolf

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