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Strom der Sehnsucht

Titel: Strom der Sehnsucht Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Jennifer Blake
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durch, was zwar in der garde du corps eines Prinzen von Ruthenien nicht zu dulden ist, aber es war kein Verrat. Jetzt sieht die Sache anders aus. Ich bin einzig und allein für Euch verantwortlich - und genau das hat Rolf bezweckt, als er mich heute zurückließ. Er ist verflucht gerissen.«
    »Ihr sollt Euch bewähren?«
    »So ist es.«
    »Behandelt er seine Leute immer so?«
    Meyers lädierte Lippe verzog sich zu einem Lächeln, und seine merkwürdige Narbe grub sich ihm tiefer in die Wange. »Wir sind seine Freunde. Wir sind aber auch Mitglieder eines Kampfverbandes, einer kleinen, aber entschlossenen Armee, die jederzeit das Kernstück eines größeren Heeres werden kann, und das ist für jedes Land, das so etwas braucht, von außerordentlichem Nutzen. Es gab Zeiten - und die werden wiederkommen -, in denen unser Leben davon abhing, daß wir uns aufeinander verlassen konnten. Jeder, der eine Schwäche zeigt, bedeutet eine Gefahr für uns alle.«
    »Eine unbequeme Lebensweise«, murmelte sie.
    »Zugegeben. Und das ist der Grund dafür, daß Männer kommen und gehen, wenn sie Rolfs Ansprüchen an ihr Engagement und ihre Loyalität nicht erfüllen können. Keiner ist gebunden, außer möglicherweise durch die Spannung, das intensive Lebensgefühl und das Wissen, zu allem fähig zu sein, was von uns verlangt wird.«
    »Ihr bewundert ihn«, rief Angeline aus, als wäre es eine Offenbarung, »obwohl er Euch das gestern angetan hat.«
    »Es ist schwierig, ihn nicht zu bewundern«, erwiderte Meyer. Er trank die Tasse aus und hielt sie ihr zum Nachschenken hin. Der verschlossene Ausdruck auf seinem Gesicht lud nicht zu weiteren Bemerkungen ein.
    Einige Zeit später erwähnte sie ihr Zögern, dem mongolischen Kammerdiener Befehle zu erteilen, woraufhin Meyer ihr ein Bad bestellte. Angeline räkelte sich im heißen Wasser und glitt bis zum Kinn hinein, um die Verspannungen und merkwürdigen Muskelschmerzen durch die Ereignisse der vergangenen Nacht davonspülen zu lassen.
    Ihre Gedanken wanderten zu ihrer Tante. Was sie jetzt wohl dachte? Ob sie sich über die lange Abwesenheit ihrer Nichte sorgte? Sie war so sicher gewesen, daß keine Gefahr bestehen würde, wenn Rolf entdecken sollte, wer Angeline war; sie hatte sich getäuscht. Sie hätte es besser wissen müssen, wenn sie die Sache durchdacht hätte. Rolf hatte keine Schwierigkeiten gehabt, den springenden Punkt zu entdecken, daß Angeline bestimmt Claires Versteck kennen mußte. Konnte man ihm einen Vorwurf daraus machen, daß er diese Schlußfolgerung zu seinem Vorteil ausnutzte?
    Und Claire? Wußte ihre Kusine inzwischen, daß Angeline gefangen war? Was würde Claire unternehmen, falls sie überhaupt etwas unternahm? Es war unwahrscheinlich. Wohin soll das alles nur führen ? Wenn diese Episode endlich zu Ende geht, würde sie dann noch dieselbe sein, oder würde sie von Erinnerungen verfolgt werden?
    Es hatte keinen Sinn, darüber nachzugrübeln. Im Augenblick konnte sie nichts tun.
    Ein kleines Feuer war im Kamin entzündet worden, denn am Abend wurde es kühl. Die Wärme durchrieselte sie wohltuend.
    Angeline war so entspannt, daß ihr das Hufgetrappel der Pferde auf der Auffahrt nicht bewußt wurde. Sie bemerkte Rolfs Rückkehr erst, als er die Tür aufstieß und hereinkam. Sie richtete sich auf. Ihre Brüste tauchten feucht und glitzernd aus dem Wasser. Hastig ließ sie sich zurückgleiten.
    Er blieb stehen und knallte laut die Tür zu. Langsam trat er näher. Er sah ungepflegt aus, was ihr besonders auffiel, da sein Auftreten bisher immer so tadellos gewesen war. Auf dem Kinn sproß ein blonder Stoppelbart, die Uniform war zerknittert, und er trug die Jacke ohne Hemd darunter. Seine blonde Mähne war windzerzaust, und die Augen glühten blutunterlaufen und lagen in tiefen Schatten.
    »Das ist genau das, was ich jetzt brauche«, rief er mit strahlender Miene. »Ein Bad.«
    »Ihr werdet Euch selbst eines bestellen müssen.« Ihr Blick suchte das Handtuch, das sie in Reichweite auf einen Stuhl gelegt hatte.
    »Ich möchte aber lieber zu Euch hinein.« Er legte die Jacke ab.
    »Hier ist nicht genug Platz«, erwiderte sie und beobachtete seine Bewegungen mit steigender Beklommenheit.
    Er maß den Kupferzuber mit einem Blick und musterte dabei eingehend ihre Gestalt, die im Seifenwasser nur halb verborgen war. »Wie schade. Mir scheint, ich muß mich wohl darum kümmern, daß Ihr vorankommt. Soll ich Euch den Rücken schrubben?«
    »Danke, das kann ich selbst«,

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