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Strom der Sehnsucht

Titel: Strom der Sehnsucht Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Jennifer Blake
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einzuwenden? Ich habe noch nie... das heißt, ich will nicht...«
    »Ihr habt keine Erfahrung mit solchen Herrenabenden und zieht es vor, auch keine zu sammeln?«
    »Genau.« Sie schaute ihm herausfordernd ins Gesicht und erwartete fast einen Ausbruch von Zorn oder Heiterkeit.
    »Ich bezweifle«, sagte er bedächtig, »daß eine so freimütige, ungebrochene Unschuld, wie Ihr sie vorzuweisen habt - abgesehen von einer Kleinigkeit, die unter Adeligen und Vornehmen als Verführung bezeichnet wird -, besudelt würde.«
    »Aber ich könnte gewiß einen lähmenden Einfluß auf das Vergnügen haben.«
    Seine lebhaften blauen Augen betrachteten ihr stolz gerecktes Kinn und den ruhigen Blick ihrer graugrünen Augen. Noch immer stand auf ihren Wangen die Schamröte, die seine Anspielung auf seine gewaltsame Besitzergreifung hervorgetrieben hatte. Er erkannte, daß sie offene Verachtung für das geplante Abendprogramm hegte, nahm seine abgelegten Pantalons und nickte zustimmend. »Da habt Ihr recht. Bleibt also hier und schwebt über dem feuchten und geilen Treiben. Man wird Euch Euren Anteil am Festmahl bringen - die Ausschweifung muß ich Eurer Phantasie überlassen.«
    Verflucht gerissen hatte Meyer ihn genannt. Eine treffende Beschreibung. Weil sie Sarus nicht hereinlassen konnte, um ihr das Abendessen zu bringen, solange sie nur ein Tuch um sich geschlungen hatte, mußte sie das Nachthemd anlegen, das Rolf ihr aufgedrängt hatte. Weil sie nur ein Mensch, dazu noch eine Frau, und neugierig war, konnte sie die Spannung schließlich nicht mehr ertragen und mußte herausfinden, was da unten vor sich ging. Und weil Rolf sie alleingelassen hatte und hinuntergegangen war, hätte sie nur allzugern gewußt, ob er es wegen der anderen Frauen getan hatte.
    Im Lauf des Abends drang das Klirren von zerbrechendem Glas an ihre Ohren und übertönte die dröhnenden Männerstimmen und das kräftige Gefiedel, das mißtönend zu einer verstimmten Harmonika erklang. Eine Frau lachte gellend, bis sie mit einem unterdrückten Schrei abbrach. Der Geruch von Alkohol und billigem Parfüm wehte herauf und erregte bei Angeline Übelkeit.
    Ob sie schön waren, diese kichernden Huren? Waren ihr schamloses Angebändel und ihre unbegrenzte Verfügbarkeit mehr nach seinem Geschmack? Bitte, das konnte er haben. Und wenn er mit jeder von ihnen ins Bett ging, das war ihr doch gleichgültig. Völlig gleichgültig.
    Ob sie blond oder dunkel waren, diese Frauen, jung oder alt? Insgeheim hoffte sie, daß sie schon älter wären. Geschähe ihm ganz recht, und es würde seiner Geilheit einen Dämpfer aufsetzen.
    Sie hielt inne und lauschte. Das blöde Gegacker, das da von unten zu ihr drang und sich mit dröhnendem Baßgelächter mischte, hörte sich nicht nach älteren Frauen an. Es klang albern und hohl und nach kindischem Getue. Es war ihr unbegreiflich, wie sich ein Mann zu einer Frau hingezogen fühlen konnte, die solche Geräusche von sich gab.
    Was war denn da so komisch ? Angeline preßte die Lippen zusammen, als sie unten die Lachsalven hörte. Kurzentschlossen ging sie zur Tür und öffnete sie vorsichtig.
    Auf der Schwelle blieb sie stehen. Auf dem langen Korridor des oberen Stockwerks war keine Menschenseele zu sehen. Der große Saal jenseits des Geländers war in eine Lichterflut getaucht, die sie einlud, an die Treppe zu treten. Sie stützte sich auf die Balustrade und spähte hinunter, sah aber nicht sehr viel. Die Männer saßen offenbar um den Tisch herum. Angeline konnte nur ihre Beine erblicken. Die Füße der Frauen, die in der Nähe standen, waren nackt, so daß sich Angeline noch mehr veranlaßt fühlte, in die Hocke zu gehen. Immer noch überblickte sie nicht die ganze Szene, daher bückte sie sich noch tiefer und drückte den Kopf gegen die geschnitzten Säulen der Balustrade.
    Die Männer lümmelten sich in ihren Stühlen und spielten Karten. Jeder hatte ein Weinglas vor sich. Sie waren offensichtlich schon ziemlich betrunken, denn ihre Stimmen waren laut, die Gesichter gerötet, und sie hatten die Jacken abgelegt und saßen in Hemdsärmeln da. Meyers Augen waren halb zusammengekniffen, und er schnippte mit dem Daumennagel auf seine Karten. Oswald lehnte sich im Stuhl zurück und unterhielt sich mit Oskar, der irgendwie einer Eule ähnelte und halb über dem Tisch lag. Leopold war rot im Gesicht, die dunklen Haare fielen ihm in die Stirn und verliehen ihm ein verlebtes Aussehen. Gustavs schwarze Augenbinde saß ein wenig schief, und er

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