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Strom der Sehnsucht

Titel: Strom der Sehnsucht Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Jennifer Blake
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Stunden dauern, bis er munter genug war, um die Kälte zu spüren und sich zuzudecken. In dieser feuchten winterlichen Kühle der Subtropen konnte er sich eine Lungenentzündung holen.
    Mit zusammengepreßten Lippen legte sie die Decke weg und trat ans Bett. Sie breitete behutsam das Laken und eine Wolldecke bis zu den Schultern über Rolf und deckte auch seinen ausgestreckten Arm zu. Als das getan war, glitt ein belustigtes Lächeln über ihre Züge. Eigentümlich, aber es sah so aus, als habe er immer noch seine Bettgenossin bei sich. Einen pulsierenden Herzschlag lang starrte sie auf die bronzenen Züge, drehte sich dann abrupt um und bückte sich, um ihre Steppdecke aufzuheben. Sie blies die Kerzen neben dem Bett aus und ging auf die Tür zum Ankleidezimmer zu, die mit einem Wandteppich verhängt war.
    Der kleine Raum war klamm und eiskalt, genau wie sie es sich gedacht hatte. Zudem war es dunkel, denn die Nacht, die durch das einzige Fenster hereinsah, war mondlos und Angeline hatte keine Kerze. Die Luft war geschwängert von modrigem Ledergeruch und dem dicken Staub, den Angeline bei ihrem Eintritt aufgewirbelt hatte. Ganz still lag sie auf der Chaiselongue. Sie hatte sich in ihre Decke gewickelt wie in einen Kokon und lauschte den nächtlichen Geräuschen aus dem Innern des Hauses und von draußen. Der Wind heulte um die Ecken und peitschte durch die unbelaubten Äste der Bäume, die nahe am Fenster standen. Ab und zu ächzten Wände und Gebälk auf, eine natürliche Begleitmusik zu dem leisen Stöhnen, den erstickten Schreien und dem Knarren der Bettgurte, die aus den anderen Zimmern drangen. Diese Laute hatten nichts Gespenstisches. Die Männer der Leibgarde hatten die Frauen auf ihre Zimmer mitgenommen, und jedes Paar wand sich mit verschlungenen Gliedern ineinander und mühte sich ab. Angeline ging der Gedanke durch den Kopf, ob ähnlicher Lärm auch aus dem
    Zimmer gedrungen war, das sie mit Rolf teilte, und ob es dann wohl irgendwer bemerkt hatte. Es spielte zwar keine Rolle, aber die Vorstellung ließ sie im Dunkeln erröten. Sie wickelte sich fester in die Decke, verschloß die Augen und Ohren und bemühte sich, nichts mehr von alldem wahrzunehmen, was um sie herum vorging.
    In Angelines unruhigen Schlaf drang ein Knistern und verband sich mit ihrem Traum. Eine Feuersäule loderte zum Himmel auf, und sie mußte Schritt für Schritt darauf zugehen. Sie war voll Neugier und Angst, voll Sehnsucht und Verzweiflung zugleich. Sie konnte das Feuer brüllen hören und den Rauch riechen. Ihre Augen brannten und fingen an zu tränen. Glimmende Teilchen kamen ihr in den Hals und würgten sie.
    Sie erwachte hustend und mit beißendem Rauch in den Lungen. Ihre Augen schmerzten, und ganz in der Nähe war wirklich das unheilvolle, gefräßige Knacken von Feuer zu hören. Sie richtete sich auf und wandte sich dem Geräusch im Nebenzimmer zu. Durch einen Spalt unter der Tür erspähte sie einen Streifen züngelnden, orangeroten Lichts.
    Sie rappelte sich auf und hastete zur Tür. Sie öffnete sie mit einem Ruck und warf den Wandteppich beiseite. Das Bett, in dem sie noch vor kurzem gelegen hatte, war eine Insel von Feuer. Purpurne und goldene Zungen leckten an den Bettvorhängen hinauf, tanzten und loderten und schwärzten die Decke mit ihrem Rauch. Sie liefen über das geschnitzte Kopfteil und fielen auf die Laken, warfen in die schattigen Ecken des Zimmers ihr helles Licht und umstrahlten den Kopf des Mannes mit einem Heiligenschein, der unter den Decken lag, wie Angeline ihn verlassen hatte.
    »O Gott«, hauchte Angeline, stürzte vorwärts, packte Rolf am Arm und zerrte ihn fort von dem Zugriff des züngelnden, stürzenden Flammenregens. Er war schwer, ein regloses Gewicht, und sie konnte ihn unmöglich heben. Ein brennender Stoffetzen löste sich vom Baldachin und flatterte ihm auf die Schulter. Er zuckte nicht einmal zusammen.
    Angeline biß sich auf die Lippen, lief zur Waschkommode und nahm den halb gefüllten Krug, der dort bereitstand. Sie schüttete seinen Inhalt auf Rolf und das Bettzeug. Ein kleiner Teil des Feuers erlosch zischend, aber die gierigen Flammen, die die Bettvorhänge erfaßt hatten, brannten noch lichterloh. Hilfe tat Not. Jetzt gleich.
    Angeline schleuderte den Krug zu Boden, rannte zur Tür und riß sie auf. Mit wenigen hastigen Sätzen überquerte sie den Flur und hämmerte an Meyers Tür.
    »Es brennt!« schrie sie. »Es brennt!«
    Weiter den Korridor hinunter öffnete sich eine Tür, und

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