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Strom der Sehnsucht

Titel: Strom der Sehnsucht Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Jennifer Blake
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nicht wollte, mußte sie die nächtliche Kühle aushalten.
    Angeline bewegte sich ein wenig und hoffte, daß Rolf sie losließ oder sie vielleicht zudeckte, wie er es zuvor manchmal getan hatte. Er rührte sich aber nicht. Seine Brust hob und senkte sich in stetigem Rhythmus, die Wimpern mit den blonden Spitzen lagen still und verdeckten die Augen. Er schlief tief und fest.
    Wenn sie bisher daran gezweifelt hatte, daß er zuviel getrunken hatte, war ihr das jetzt nicht mehr möglich. Sie konnte sich nicht vorstellen, weshalb er sonst so tief in den Schlaf hätte versinken sollen. Bisher hatte ihn immer schon die leiseste Bewegung aufgeweckt. Aber wenn er berauscht war, konnte man von dem, was er gesagt hatte, nichts für bare Münze nehmen, und auch ihre Reaktionen hatten nichts zu bedeuten. Seine Zärtlichkeiten, seine Versuche, ihr zu gefallen, die Andeutung von Zuneigung - all das waren nur die Phantasien eines Betrunkenen. Diese Entdeckung war unschön, aber noch mehr quälte sie ihre eigene Wut und Enttäuschung.
    Was für eine bodenlose Dummheit von mir, dachte sie. Ihr blieb nichts anderes übrig, als es sich einzugestehen. Unabhängig davon, was sie sich vorgenommen hatte, hatte es ihr im tiefsten Innern gutgetan, daß Rolf sie allen anderen vorgezogen hatte. Der Damenmangel hätte kein unüberwindliches Problem dargestellt, das wußte sie wohl. Man hätte ein Arrangement treffen können, um ihre Gunst gerecht zu verteilen. Statt dessen war Rolf mit ihr hinaufgegangen, und sie hatte sich dadurch in ihrem Urteil beirren lassen. Ihr Widerstand und jede ihrer erbärmlichen Trotzhandlungen waren so sinnlos! Sie hatte sich in ihrer Eitelkeit geschmeichelt gefühlt, daß der Mann, der sie entführt, aus Rache entehrt und mit diabolischer, entwürdigender Meisterschaft gefoltert hatte, sie in einer plötzlichen
    Kehrtwendung so zärtlich geliebt hatte. Sie hätte wissen müssen, daß etwas anderes hinter seinem Verhalten steckte, und hätte auf die Warnung ihres Instinkts hören sollen, daß er nicht nüchtern war.
    Eine furchtbare Wut erfüllte Angeline, weil ihr eigener Körper sie betrogen hatte. Die Glut, mit der sie ihm entgegengekommen war, war überwältigend und bestürzend gewesen. Aber auch das war noch nicht alles. Es hatte in dieser Umarmung einen Augenblick gegeben, in dem sie bei sich Gefühle für Rolf wahrgenommen hatte, die Zuneigung unbequem nahe kamen. Nicht, daß sie in ihn verliebt war, das natürlich bei weitem nicht. Aber es war unmöglich, einem Mann so nahe zu sein, ohne dabei irgend etwas zu fühlen.
    Unwillkürlich überlief sie ein Schauder. In jähem Widerwillen gegen alles, was in diesem Himmelbett geschehen war, wurde Angeline nur von dem verzweifelten Wunsch erfüllt, von Rolf fortzukommen und irgendwo allein zu sein, wo er sie nicht berühren konnte, nicht einmal durch Zufall. Sie schob sich von ihm weg und entschlüpfte seiner schlaffen Hand. Sie sah sich nach ihrem Nachthemd um. Es lag zerknüllt zwischen dem Bettzeug, und ein Ärmel steckte unter Rolfs Kopfkissen. Sie wollte ihn nicht wecken und zog es behutsam hervor. Rolf bewegte sich, und sie hielt ein, aber er rückte nur ein wenig näher an sie heran.
    Angeline wartete mit angehaltenem Atem, bis er wieder ruhig lag, dann stahl sie sich aus dem Bett, zog sich das Nachthemd über und trat mit nackten Füßen auf den eiskalten Boden.
    Die Stühle im Zimmer luden nicht zur Bequemlichkeit ein; sollte sie versuchen, auf einem davon Schlaf zu finden, stand ihr eine ungemütliche Nacht bevor. Sie hätte sich auf dem Teppich vor der Feuerstelle mit dem Rücken zur verlöschenden Glut zusammenrollen können, doch der Läufer war dünn und der Boden hart. Während sie stirnrunzelnd dastand und die Arme frierend um sich legte, erinnerte sie sich daran, im angrenzenden Ankleidezimmer eine Chaiselongue gesehen zu haben. Es würde kühl sein da drinnen, wo schon seit Tagen, ja vielleicht seit Monaten oder Jahren kein Feuer mehr entfacht worden war. Sie brauchte etwas zum Zudecken.
    Sie beäugte zweifelnd die zerwühlten Decken am Fuß der Bettstatt und überdachte die Möglichkeit, Rolf zu wecken. Daß dieser
    Mann aber auch alles komplizierter machen mußte, sogar wenn er schlief! Sie bedachte sich nicht lang, sondern zerrte eine der vorhandenen Steppdecken an sich.
    Sie machte sich mit ihrer Beute über dem Arm daran, den Raum zu verlassen, als ihr Blick auf seinen nackten Körper fiel und sie stehenblieb. In seinem Zustand konnte es

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