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Strom der Sehnsucht

Titel: Strom der Sehnsucht Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Jennifer Blake
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Garde wurden von den Pferden gezerrt und in den Korridor geschoben. Rolf richtete sich in eine sitzende Stellung auf und preßte dabei die Hand auf die Wunde. Er ignorierte Angelines Protest und wartete, bis sie ausgestiegen war, dann sprang er ohne Hilfe aus dem Wagen.
    Nach seiner Blässe zu urteilen, kostete ihn das große Mühe und war eher ein Willensakt als ein Zeichen von Kraft. Als er leicht schwankend stehenblieb, kam der Hauptmann auf ihn zu.
    »Ihr seht blaß aus, Hoheit. Tut mir leid, daß Ihr eins draufgekriegt habt, war ’n Irrtum, aber wenn Ihr Euch net so gewehrt hättet, wäret Ihr jetzt auch net in so ’ner Verfassung.«
    Die anderen Gesetzlosen, die die Pferde mit ihren toten Kumpanen zu einer mit rohen Holzkreuzen gekennzeichneten Begräbnisstätte führten, murrten, aber der breitschultrige Schotte achtete nicht auf sie.
    »Darf man annehmen«, fragte Rolf mit höflicher Ironie, »daß Ihr einen Namen besitzt?«
    »Allerdings. Ich bin McCullough, Häuptling von diesem gesetzlosen Haufen hier. Wollt Ihr net reinkommen und ’s Euch gemütlich machen?«
    Rolf neigte den Kopf, und in dem Versuch, diese anmutige Geste nachzuahmen, machte der Schotte eine unbeholfene Verbeugung. Daß er seine Anweisung in die Form einer Einladung kleidete, war ein Tribut an jene undefinierbare Aura der Macht, die den ruthenischen Prinzen sogar unter solchen Bedingungen umgab.
    »Eure Gastfreundschaft ist überwältigend«, murmelte Rolf. Mit Angeline an seiner Seite erklomm er langsam die Treppe und schlüpfte durch den silbernen Sturzbach des Regenwassers, der sich vom Dach ergoß. Feuchtkühler Zugwind blies durch den offenen Korridor und trug den Rauchgeruch und Fäulnisgestank von den frischen Tierhäuten mit sich, die über die mit Schlamm und Moos abgedichteten Wände gespannt waren und mit Hirschgeweihen, Bärenklauen und Kuhglocken - letztere dienten offenbar dazu, Warnsignale abgeben zu können - um eine dekorative Wirkung wetteiferten. Sogar bei diesem grauen Wetter schimmerten die Pelze von Bär, Wolf, Fuchs, Nerz, Waschbär, Opossum und Biber in ihrem schönsten Glanz.
    Rolf und Angeline blieben stehen, und McCullough komplimentierte sie zur rechten Seite des Gebäudes, wo sich bereits die Garde befand. In diesem Moment wurde die Tür zum linken Flügel aufgestoßen, und heraus trat eine Indianerin in einem schlichten Kattunkleid mit rabenschwarzen, seidigen Zöpfen. Hinter ihr wirbelten Röcke, wehte Parfüm, und im rohgezimmerten Türrahmen erschien eine Dame. Sie trug ein gelbes Seidenkleid mit schwarzem Spitzenbesatz und hatte um die Schultern einen Schal geschlungen, der in allen Farben des Regenbogens bestickt war. An Hals, Handgelenken und Fingern glitzerten wertvolle Steine, und unter dem Saum ihres Kleides schimmerten die Spangen von Satinpantoffeln hervor.
    »Claire!« rief Angeline.
    Ihre Kusine sah jedoch nicht zu ihr oder zu Rolf hinüber, sondern auf die Männer der Garde, die in den Raum gegenüber gestoßen wurden. Als Claire sich an Angeline wandte, war sie blaß, und es schien, als müsse sie sich gewaltsam beherrschen. »Meine liebe Angeline«, rief sie verblüfft aus, »ich hatte ja keine Ahnung, daß du hier auch dabei bist, obwohl Maman etwas erwähnte, daß Rolf dich in seiner Gewalt hat.«
    Angeline sah Claire einen Blick auf den Mann an ihrer Seite werfen und vor ihm einen Knicks machen, der eine Spur ironisch war. Sie holte tief Atem und antwortete: »Du hast uns diese Männer auf den Hals gehetzt, habe ich recht? Aber woher hast du gewußt...?«
    »Woher ich wußte, daß ihr mir dicht auf den Fersen seid? Ich habe es erraten, chere. Maman meinte, daß du dem Verhör, dem man dich unterziehen würde, nicht lange würdest standhalten können und wollen, und daß ich so bald wie möglich fliehen müsse. Da ich Rolf ein wenig kenne, war ich geneigt, ihr zuzustimmen. Aber es war mir nicht bewußt, daß er so dicht hinter mir ist.«
    »Und mir hat se weisgemacht, daß Ihr nur ’n paar Stunden hinter ihr seid«, grummelte McCullough.
    Claire zuckte die Achseln. »Ihr wurdet ein wenig... hitzig. Ich habe gedacht...«
    »Ihr habt gedacht, daß Ihr mich lang genug los seid, um Euch hier rauszuschleichen, und mich auch gleich dazu benutzen könnt, Euch die Königliche Hoheit da vom Hals zu schaffen - wenn ich recht versteh, was hier los is’. Hat wohl net richtig geklappt?«
    Aus Claires Augen sprühten Zornesfunken, als sie ihn anfuhr. »Ich konnte ja nicht ahnen, daß mich Eure wilde

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