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Strom der Sehnsucht

Titel: Strom der Sehnsucht Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Jennifer Blake
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starrte auf die blanken Wände; zwei davon waren mit Fenstern versehen, eines ging auf den Flur, das andere nach hinten hinaus, und vor beiden befanden sich stabile Holzläden. Ab und zu stand sie auf, lief auf und ab oder strich die Bettdecke glatt, die Rolf bei seinem ruhelosen Hin- und Herwälzen in Unordnung brachte; sie vergewisserte sich, daß kein Blut mehr durch seine Verbände sickerte, und legte ihm die Hand auf die Stirn, um zu prüfen, ob er Fieber bekam. Bei Einbruch der Dunkelheit wurde seine Haut immer heißer. Ein- oder zweimal sprach er im Schlaf, und seine Worte waren undeutlich und verschwommen. Er versuchte, die Decke, die über ihn gebreitet war, abzuschütteln, und wollte die Beine aus dem Bett schwingen und aufstehen. Angeline flüsterte auf ihn ein und schob ihn wieder auf die Maisstrohmatratze, aber es war eine mühselige Angelegenheit.
    Man brachte ihnen ein wenig Eichhörnchensuppe und Maisbrot und eine Talgkerze wegen der einbrechenden Dunkelheit. Angeline versuchte, Rolf zu wecken, um ihn zum Essen zu überreden, aber es gelang ihr nicht. Er war schon fast im Delirium und fuchtelte mit den Händen, so daß er ihr einmal den Löffel aus der Hand schlug. Sie aß ein bißchen von der Suppe und stellte dann das Tablett weg.
    Kurz darauf bemerkte sie, wie die Steppdecke über Rolfs Brust zitterte. Am ganzen Körper war er rot und glühend heiß, und dennoch überliefen ihn Kälteschauer. Da das Zimmer keine Feuerstelle besaß und die Tür zum Wohnraum geschlossen war, wurde es hier drinnen bei Einbruch der Nacht immer kälter. Auch Angeline spürte eine unbequeme Steifheit. Sie wärmte sich die Hände über dem Talglicht, doch die rußende Flamme versank immer mehr.
    Außerhalb des Zimmers wurde es still im Haus. Angeline tat der Rücken weh, und der undefinierbare Schmerz in ihrem Kopf wurde immer heftiger und erinnerte sie daran, daß sie sich vor nicht allzu langer Zeit im selben Zustand der Ohnmacht befunden hatte wie jetzt Rolf.
    Etwas mußte geschehen. Dieses hohe Fieber war gefährlich. Sie wußte auch, was man dagegen unternehmen konnte: Rolf mit kaltem Wasser abwaschen und in feuchte Laken hüllen. Doch Angeline zögerte noch. Solche drastischen Maßnahmen waren vielleicht noch nicht nötig, und er regte sich bestimmt auf, wenn sie derart mit ihm verfuhr. Die Verantwortung zu tragen war das Schlimmste für sie. Sie sehnte sich danach, jemanden um Rat zu fragen, der ihr bei dieser schwierigen Entscheidung helfen konnte.
    Plötzlich dachte sie an Rolfs bissige Bemerkung über Meyers Fähigkeiten als Knochenverrenker, die er hatte fallenlassen, als Oskar damals verletzt worden war. Sie starrte auf die rohen, ungehobelten Balken der Wände und überlegte sich, ob der große Mann wohl schlief und ob er etwas dagegen hätte, wenn sie ihn nach seiner Meinung fragte, ob seine Wunden es überhaupt gestatteten und ob es besser wäre, ihn sofort aufzusuchen, oder bis zum Morgen zu warten. Sie trat ans Bett und fuhr mit den Fingern über Rolfs blonde Bartstoppeln.
    Als habe diese leichte Berührung seinen Gefahreninstinkt alarmiert, zuckte er zusammen und schlug die Augen auf. Glühend vor Fieber sah er Angeline an, die sich im flackernden Kerzenlicht über ihn beugte. Langsam und allmählich hellte sich seine Miene auf, als er sie erkannte.
    »Angeline«, flüsterte er, »sorgt Euch nicht. Ihr könnt nichts tun.«
    »Ich kann Meyer rufen. Vielleicht könnte er...«
    »Wenn ich dieser Meinung wäre, hätte ich ihn längst um seine Dienste gebeten.«
    »Aber Euer Fieber...«
    »...wird vorübergehen, sobald ich gesund werde. Macht Euch keine Sorgen. Wenn Ihr das Bedürfnis verspürt, mehr gemartert als belästigt zu werden, dann teilt mein Lager.«
    »Ich würde Euch stören.«
    »Wie wahr, aber auch das ist nicht zu ändern. Kommt.«
    Er schlug die Steppdecke zurück. Das Verlangen, seiner Aufforderung Folge zu leisten, war fast unwiderstehlich. Sie hielt sich jedoch mühsam zurück. »Ihr braucht unbedingt einen Arzt.«
    »Ich habe Euch nicht mitgenommen, damit Ihr die Krankenschwester spielt.«
    »Ich habe keineswegs die Absicht«, erwiderte sie ein wenig gereizt, »aber jemand muß sich schließlich um Euch kümmern.«
    »Gestattet mir, selbst zu entscheiden, was ich benötige und was nicht. Im Moment brauche ich die Wärme Eures Körpers und nicht einen rettenden Engel der Kühle und Kümmernis.« <•
    Angeline widersprach nicht mehr. Im Unterhemd schlüpfte sie unter die Bettdecke. Rolf

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